Prof. Dr. Angela Borgstedt von der Universität Mannheim während ihres Vortrags beim „Treff im Grund“. Foto: Eibner-Pressefoto/Roger Buerke

Beim „Treff im Grund“ wurde dem Widerstand der „Weißen Rose“ gegen die Nazis gedacht – und der Bogen zur Gegenwart gespannt.

80 Jahre ist es her, dass die Geschwister Sophie und Hans Scholl von den Henkern des Naziregimes hingerichtet wurden. Aus diesem Anlass fand im „Treff im Grund“ in der Goerdelerstraße ein Vortrag zum Thema „Geschwister Scholl – Vorbilder für das Widerstehen“ statt.

 

Referentin war Prof. Dr. Angela Borgstedt von der Universität Mannheim. Sie leitet die dortige Forschungsstelle Widerstand gegen den Nationalsozialismus im deutschen Südwesten. Trotz der überschaubaren Teilnehmerzahl löste ihr Vortrag eine lebhafte Gesprächsrunde aus. So erinnerte sie an die Scholl-Gedenkrede von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der darauf hinwies, dass Widerstand eine persönliche Abwehrmaßnahme gegen eine gewalttätige Diktatur sei – und nicht zu verwechseln ist mit einem Protest gegen eine demokratisch gewählte Regierung.

Die Referentin war erst vor kurzem in den Landtag eingeladen worden, um dort zum Thema Widerstand zu referieren. Die Veranstaltung beim „Treff im Grund“ fand in Kooperation mit dem AWO Sozial- und Nachbarschaftszentrum Grund sowie der Fachstelle für Bürgerschaftliches Engagement statt. Gefördert wurde sie von der Partnerschaft für Demokratie Böblingen im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ des Bundesfamilienministeriums.

„Querdenkerin“ vergleicht sich mit Sophie Scholl

Kritisch erinnert wurde unter anderem an eine „Querdenkerin“, die sich öffentlich mit Sophie Scholl verglichen hatte, da sie „seit Monaten aktiv im Widerstand“ sei. Mit dieser Aussage hat diese Frau einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Wofür haben Sophie Scholl und die „Weiße Rose“ gekämpft? Erfreulicherweise waren auch einige Jugendliche und junge Erwachsene im Publikum, die sich lebhaft an der Diskussion beteiligten. Eine ehemalige Pädagogin sprach sich dafür aus, dass in den Schulen und Kindergärten mehr Kompetenz für den Umgang mit den Sozialen Medien und deren Fallstricken gelehrt werden sollte.

Den Widerstand mit dem Leben bezahlt

Der Widerstand der Geschwister Scholl und ihrer Gruppe war eben auch ein Protest, den sie mit ihrem Leben bezahlten und dieses Risiko wissentlich eingegangen sind. Insofern seien leichtfertig benutzte Formulierungen wie „Merkelregime“ oder „Lügenpresse“ absolut fehl am Platz, da jeder sagen könne, was er denke. Ein Wortbeitrag beschäftigte sich auch mit dem Trump-Phänomen. Ein junger Zuhörer hatte sich damit auseinandergesetzt und meinte, dass ein Teil der Amerikaner, die sich am Sturm auf das Kapitol beteiligten, keine rechtsradikalen Antidemokraten gewesen seien, sondern eher Menschen, die in ihrer Gedankenblase einem hohen Grad an Verwirrung und Missinterpretation erlegen waren.

Interessant war der wenig bekannte historische Hinweis auf den Aufstand der kommunistischen Arbeiterschaft in Mössingen, die 1933 gegen die Machtergreifung demonstriert hatte – dann allerdings durch körperliche Gewalt zum Aufgeben gezwungen wurde. Prof. Dr. Borgstedt verglich insbesondere die heutige Situation im Iran mit der Nazizeit, wo Leute, die Widerstand leisten würden, auch damit rechnen müssen, schnell drastisch bestraft zu werden.

Kritische Auseinandersetzung mit der „Letzten Generation“

Kritisch beleuchtet wurde auch die Rolle der sogenannten „Letzten Generation“, die oft durch Straßenblockaden und Verunreinigung von bekannten Kunstwerken auf sich aufmerksam macht. Natürlich wurde auch noch auf die „68er-Revolution“ Bezug genommen - eine Zeit, in der äußerst lebhaft gestritten wurde. Es gab viele Blockaden von Hörsälen oder Raketenstützpunkten, die sich aber im Prinzip nicht gegen unseren demokratischen Staat gerichtet hatten. So ging eine verdienstvolle, lebhafte Veranstaltung friedlich zu Ende.