Doch die Gala für Egon Madsens 75. Geburtstag brachte das Duo auf die Idee, Christian Spucks Revue noch einmal zu wagen. Foto: Regina Brocke

Zwei Tanzveteranen wollen’s noch einmal wissen: Eric Gauthier und Egon Madsen holen im Theaterhaus Christian Spucks „Don Q.“ zurück auf die Bühne. Bis zum 2. März blicken sie in zehn Vorstellungen in einen abgründigen Kosmos der Illusionen.

Stuttgart - Wie fühlt sich das an, wenn man im Alter mit den unerfüllten Träumen, den Illusionen seiner Jugend konfrontiert wird? Soll man da lachen oder weinen, gelangweilt schauen oder weglaufen? In ein solches Wechselbad der Gefühle stürzen Eric Gauthier und Egon Madsen sich und das Publikum seit Donnerstag wieder im Theaterhaus. Elf Jahre nach der Uraufführung haben die beiden Tanz-Veteranen Christian Spucks „Don Q.“ erneut hervorgeholt, „The Return of Don Q.“ heißt das Unternehmen.

Und auf ganz eigentümliche Weise gelingt es dem Duo, diese „nicht immer getanzte Revue über den Verlust der Wirklichkeit“ zu einer echten Zeitreise zu machen. Denn die Lust, mit der sich der Junge wie der Alte auf den Stoff stürzen, erzählt auch von dem Aufbruch, den dieses Stück markierte, und von der unglaublichen Erfolgsgeschichte, die dann kam. 2007 tanzte Eric Gauthier „Don Q.“ als frisch vom Stuttgarter Ballett geschiedener Solist, aber vor allem als frischgebackener Kompanie-Chef, der an seiner neuen Wirkungsstätte den Vertrauensvorschuss, den er vom Stuttgarter Theaterhaus erhalten hatte, unbedingt einlösen wollte.

Springt er höher als damals?

2018 scheint alle Anspannung von Eric Gauthier gefallen. Springt er sogar höher als damals? Viel präziser jedenfalls sind die Gesten, wenn er mit Egon Madsen im Sitzen Arme und Hände tanzen lässt, wenn ihm James Browns „I feel good“ in die Glieder zuckt, wenn er zu Iggy Pops „Passenger“ den Ausbruch übt, und dann an einer unsichtbaren Wand scheitert.

Unerfüllte Träume? Von wegen! Auf der Bühne mögen der Junge, der noch an Windmühlen glaubt, und der Alte, der sie kleinhauen will, im Dauerclinch liegen, nur ihre Illusionen bewahren sie vorm Abgrund. Im echten Leben hat der Junge erkannt, dass es für einen Abschied vom Tanzen, wie ihn Eric Gauthier im Sommer mit dem Solo „The Gift“ eigentlich plante, noch viel zu früh ist. Und der Alte, der seinen Bühnenpartner selbst mit 75 Jahren noch beherzt am Kragen packt oder ihn mit Fuß und Stuhl festnagelt, um seine Energie zu bremsen, ist sein bester Ratgeber. Auch für den Beginn dieser Freundschaft zwischen Eric Gauthier und seinem Coach Egon Madsen steht „Don Q.“.

Gerahmter Erinnerungsraum

Wie Christian Spuck in 22 Szenen einen gerahmten Erinnerungsraum musikalisch und choreografisch in lebendige Gefühlswelten verwandelt, wie seine Ausstatterin Emmy Ryott mit Trödel die Welt von Don Quijote und seinem Knappen Sancho Panza andeutet, ist nach wie vor höchst sehenswert. Wie schon „Lulu“ in diesem Frühjahr beim Stuttgarter Ballett profitiert auch „Don Q.“ vom erneuten Zugriff des Choreografen, der Konturen schärfer feilte.

„Achtung Probe. Bitte nicht stören“ steht auf dem Pappschild, das in „Don Q.“ wie vieles andere hin- und hergeräumt wird. Ein Leben im Probemodus? Nicht mit Eric Gauthier, der mit Gauthier Dance lieber wagt als zagt. Denn unerfüllte Träume sind nur in einer „Revue vom Verlust der Wirklichkeit“ richtig schön.