Mit Kind und Buggy ins Rathaus: So voll waren die Besucherränge im Saal wohl noch nie wie bei der Debatte über die Erhöhung der Kita-Gebühren. Foto: Patricia Sigerist

Oberbürgermeisterin Zull spricht von einem „Musterfall eines politischen Kompromisses“. Derart rappelvoll war der große Ratssaal in seiner 34-jährigen Geschichte wohl noch nie – zumindest nicht bei einer Sitzung des Fellbacher Gemeinderats.

Fellbach - Derart rappelvoll war der große Ratssaal in seiner 34-jährigen Geschichte wohl noch nie – zumindest nicht bei einer Sitzung des Fellbacher Gemeinderats. Rund 150 Mütter (und einige Väter) samt wenigen quiekenden, quengelnden Kindern drängten sich in den Raum, füllten sämtliche Sitzplatzreihen, quetschten sich stehend hinter die Lokalpolitiker und rückten gar der Verwaltungsspitze ein wenig auf die Pelle.

OB Gabriele Zull zeigte sich in ihrer Einleitungsrede beeindruckt

Der Appell des Fellbacher Gesamtelternbeirats hatte also Früchte getragen: Im Widerstand gegen die „geplante drastische Steigerung“ der Kinderbetreuungsgebühren müsse „der ganze Saal, am besten das ganze Rathaus voll sein“. Denn so könne man noch vor der Abstimmung zeigen, „dass dieses Thema jeder Mutter und jedem Vater am Herzen liegt“.

OB Gabriele Zull zeigte sich in ihrer Einleitungsrede beeindruckt vom erfreulichen Engagement und der „starken Präsenz der Elternvertreter“ und betonte, dass man diese bei der Diskussion „mit ins Boot genommen“ habe. Sie wies auf den verbesserten Personalschlüssel und die gute Qualität in Fellbach hin. Doch das koste eben – wobei man bemüht sei, die Beiträge regelmäßig anzupassen, um im Gegensatz zu anderen Kommunen „allzu starke Sprünge zu vermeiden“.

Die absoluten Beiträge seien für sich genommen

Beim Kostendeckungsgrad durch die Eltern für die Betreuung liege Fellbach mit 15 Prozent deutlich unter der landesweiten Vorgabe von 20 Prozent. Und im Vergleich der Großen Kreisstädte an Rems und Murr liege Fellbach „auch künftig eher im unteren Bereich“. Die absoluten Beiträge seien für sich genommen, gerade im Hinblick auf den qualitativen Ausbau, der in den nächsten zwei Jahren in voller Ausprägung wirksam werde, „leistbar“, so Zulls Einschätzung. Sie verwies zudem auf die „Geschwisterermäßigung“ bei Mehrkindfamilien und auf die „Sozialstaffelung“ – ab einem von 4250 auf jetzt 5000 Euro angehoben Haushaltseinkommen greift die Entlastung. Es werde so „wirksam verhindert, dass in Fellbach Härtefälle entstehen – kein Kind werde somit auch künftig aus finanziellen Grünen von einer qualifizierten Hilfe ausgeschlossen“. Gabriele Zulls Fazit: „Die Gebührenanpassung sei „der Musterfall eines politischen Kompromisses.“

Man müsse die Familien entlasten, damit diese weiter in Fellbach leben könnten

So sahen es auch CDU-Fraktionschefin Simone Lebherz, die den „vernünftigen, moderaten Vorschlag“ der Verwaltung lobte, und Ulrich Lenk. Der FW/FD-Fraktionschef betonte, Fellbach sei zugegebenermaßen ein „teures Pflaster“. Aber der Blick auf die Stadtfinanzen lasse den Verzicht auf die erhöhten Gebühren nicht zu. „Wir können auch nicht erkennen, in welchen Bereichen der Stadt wir Mittel zugunsten dieses Bereichs umschichten könnten.“

Die Gegenposition vertrat SPD-Fraktionschefin Sybille Mack. Man müsse die Familien entlasten, damit diese weiter in Fellbach leben könnten. Man müsse in die Bildung der Kinder investieren. Durch die Erhöhung steige der Zusatz für die Stadtkasse um lediglich 83 000 Euro beziehungsweise im übernächsten Jahr um 100 000 Euro. Zugleich gehe es um Millionenkosten etwa bei der Maicklerschule, das passe nicht zusammen. Auch Stephan Illing (Grüne) argumentierte gegen die Erhöhung – beide wurden am Ende ihrer Ausführungen mit lautstarkem Beifall aus dem Publikum bedacht.

Letztlich blieb der geballte Protest jedoch fruchtlos: In der Abstimmung gab es ein 19 zu 13 für die Erhöhung. Was die Eltern mit einem überraschend stillen Auszug aus dem Sitzungssaal quittierten.