Simon Licht und Winfried Wagner (rechts) sind die tragenden Figuren in „Laible und Frisch“. Foto: StN

Winfried Wagner (66) ist als Schriftsteller, Humorist und Bäcker Laible aus der TV-Serie „Laible und Frisch“ bekannt. Derzeit ist er in der Bühnenadaption in der Komödie im Marquardt zu sehen.

Stuttgart. - Herr Wagner, in „Laible und Frisch“ spielen Sie den urschwäbischen Bäcker Walter Laible, nun auch auf der Bühne. Wäre der Beruf im richtigen Leben was für Sie gewesen?
Ja, sicher. Bäcker ist ein schöner Beruf. Und ich backe und koche sehr gern, das sieht man doch … Die Rolle liegt mir somit, ich muss mich nicht verstellen. Mit dem Schlingen von Brezeln tu ich mich allerdings schwer, obwohl ich einen Schnellkurs gemacht habe. Bei meinen Brezeln muss man immer nachbessern.
Bragel sind vielleicht einfacher zu fertigen …
Vermutlich. An diesem neuartigen Backwerk – einer Kreuzung aus Brezel und Bagel – entzündet sich in unserem Stück „Gut geklaut ist halb gebacken“ zwischen mir und meinem Erzrivalen, dem aus dem Norden zugereisten Billig-Großbäcker Manfred Frisch, ein heftiger Streit. Beide behaupten, den Bragel erfunden zu haben …
… doch dann haben ihn beide im Sortiment – und beschuldigen sich gegenseitig, sich das Geheimrezept gestohlen zu haben.
Noch schlimmer: Beide denken, jemand aus der eigenen Familie habe das Rezept verraten. Was ein großer Vertrauensbruch wäre. Schließlich schlage ich ein Duell vor, das Wortgefecht tragen wir live in einer Fernsehshow aus.
Letzte Spielzeit lief „Bühnenreif“, das erste „Laible und Frisch“-Theaterstück, erfolgreich im Marquardt, nun ist „Gut geklaut ist halb gebacken“ seit Wochen jeden Abend ausverkauft. Eigentlich wurde „Laible und Frisch“ fürs Fernsehen entwickelt. Warum funktionieren die Geschichten auch auf der Bühne?
Ob Fernsehen oder Theater: Unsere Geschichten sind sehr humorvoll, sie spielen mit Klischees – und brechen diese mitunter. Aber wir machen keinen Klamauk. „Laible und Frisch“ hat einen ernsthaften Hintergrund. In Deutschland gibt es nur noch um die 2000 selbstständige Bäckereien. Zum einen werden sie durch Großbäcker und Supermärkte verdrängt, zum anderen gibt es immer weniger Nachwuchs. Wer will schon mitten in der Nacht aufstehen und zur Arbeit gehen? Dass wir diese Thematik aufgreifen und somit Substanz haben, kommt an beim Publikum und macht meiner Meinung nach den Erfolg aus.
Theaterstücke, Bücher, DVDs, dazu werden die beiden TV-Staffeln häufig wiederholt – „Laible und Frisch“ ist quasi zur Marke geworden …
… und wird auch auf der großen Leinwand funktionieren. Die Schöpfer der Serie und Theaterstücke, Produzent Frieder Scheiffele und Autor Sebastian Feld, haben bereits ein Drehbuch entwickelt. Titel: „Do goht dr Doig“.
Wann kommt der Film ins Kino?
Voraussichtlich im Sommer 2017. Eine erste Szene ist bereits im Kasten, ein Massenauflauf mit fast 4000 Menschen, gedreht beim Schäferlauf in Bad Urach. Einen Verleih haben wir schon gefunden, jetzt muss noch die Finanzierung geklärt werden. Der SWR prüft gerade, ob er sich beteiligt.
Findet da ein Umdenken statt? Der Sender hat die Serie eingestellt. Begründung: Die Geschichte sei „auserzählt“.
Das habe ich nie verstanden. Das Publikumsinteresse war riesengroß – und ist ungebrochen. Das merke ich schon daran, dass ich auf der Straße erkannt und angesprochen werde. Selbst im Urlaub in Jordanien. Da kam einer und rief: „Ha, des isch doch dr Laible.“ Die Schwaben sind halt überall.
Und wie sieht es mit Ideen aus?
Es gab und gibt Dutzende weiterer Geschichten in der Schublade. Wenn es nun mit dem Film klappt, freuen wir uns natürlich alle narrisch. Das wäre ein Traum! Und wer weiß, was danach noch alles möglich ist.
Der Dreh eines Kinofilms ist Neuland für Sie …
… unterscheidet sich aber vom Drehen fürs Fernsehen nicht sonderlich. Geht etwas schief, dreht man die Szene eben noch mal. Auf der Bühne zu stehen, in einem Ensemble, das ist die viel größere Herausforderung für mich. Das ist live.
Sie treten doch seit 38 Jahren live auf.
Schon, aber mit meinen Solo-Programmen, wo ich übrigens auch stets Lampenfieber habe. Im Ensemble jedoch spiele ich zum ersten Mal. Bei „Bühnenreif“ konnte ich ja wegen einer OP nicht dabei sein. Da wird nur mit mir telefoniert.
Was macht den Unterschied aus?
Im Theaterensemble ist man auf die Kollegen angewiesen und von ihnen abhängig.
Etwa bei einem Hänger?
Unter anderem. Es gibt in der Komödie im Marquardt keinen Souffleur. Merkt man, dass der andere nicht richtig weiter weiß, muss man improvisieren und ihn unterstützen.
Wie frei sind Sie während der Aufführung?
Bei den Proben haben wir im Team einiges geändert und weiterentwickelt. Nun müssen wir uns an den Text halten. Spontan Gags einzubauen, ist nicht erwünscht. Das akzeptiere ich, auch wenn es die Kreativität einschränkt. Wer in der Abschlussvorstellung einen Spaß macht, so wie es an manchen Bühnen üblich ist, der muss sogar Strafe zahlen.
Bei einem eventuellen dritten Theaterstück wären Sie aber erneut dabei?
Ich würde es mir überlegen. Jeden Abend auf der Bühne zu stehen, wochenlang am Stück, ist anstrengend. Genauso wie die Kritik, die allabendlich ansteht. Direkt nach der Vorstellung, wenn man unter Strom steht, die Leistung zu besprechen, ist eine völlig neue Erfahrung für mich.
Werden Sie das Theaterspielen vermissen?
Auf jeden Fall. Ich freue mich zwar auf meine Solo-Auftritte. Aber der Abschied wird schwer. Wir sind ein wunderbares Team, in der Garderobe fällt nie ein böses Wort. Ich werde die Kollegen sehr vermissen.
Auch Ihren fiesen Gegenspieler Frisch, gespielt von Simon Licht?
Auf Simon lass ich nichts kommen. Er ist so ein Liebenswerter, ein Sensibler – und ein Profi, der mich immer unterstützt und aufgefangen hat. Für die Rolle ist er genial besetzt, das perfekte Gegenteil von mir, schon optisch. Ich sehe ihn ja immer in der Garderobe, Mann, hat der ein Sixpack.
Was werden Sie nicht vermissen?
Jeden Tag nach und durch Stuttgart zu fahren. Das ist Stress. Ich wohne in Dettingen und bin somit Heimschläfer, wie einst bei den Dreharbeiten. Das ist nicht immer nett: Während die anderen im Hotel zusammensitzen, schwätzen, noch einen trinken, liege ich daheim im Bett.
Würden Sie wie Ihr Kollege Licht gern mal den Bösewicht spielen?
Nein, das liegt mir überhaupt nicht. Den würde mir keiner abnehmen. Ich mag auch keine Gewalt und keine Fäkalsprache.
In schwäbischen Komödien wird aber viel geflucht.
Man sollte es nicht übertreiben. Das kommt auch beim Publikum nicht gut an. Zudem bin ich gläubig, weshalb ich zum Beispiel gotteslästernde Flüche ablehne. So etwas käme mir nie über die Lippen.
Eigentlich sind Sie ja gelernter Bankkaufmann.
Ach, ja. Das war ein Behelf. Ich habe schon immer gern Geschichten erzählt, als Kind etwa jeden Abend meinem Bruder. Ich habe auch immer gern gezeichnet. Aber wer sagt schon mit 15: „Ich will Maler werden. Oder Autor und Humorist.“ Irgendwann habe ich dann doch noch die Kurve gekriegt.

„Laible und Frisch – Gut geklaut ist halb gebacken“ steht noch bis zum 17. Januar auf dem Spielplan der Komödie im Marquardt. Danach ist Winfried Wagner wieder solo auf Tour. So gastiert er am Mittwoch, 18. Mai, von 20 Uhr an in Stuttgart im Renitenztheater. Weitere Infos: http://winfriedwagner.de