Der Aufgang im Großen Ägyptischen Museum, das in der Nähe der Pyramiden entsteht und in diesem Jahr eröffnet wird. Die Ausstellung gestaltet das Atelier Stuttgart. Foto: Atelier Brückner

Im BDA-Wechselraum blickt das Stuttgarter Atelier Brückner auf „Zwanzig Jahre Architekturen, Ausstellungen, Szenografien“ zurück.

Stuttgart - Es müssen nicht immer die dicksten Fische namens Daimler oder Bosch sein, die rund um den Erdball gut im Geschäft sind. Auch einem kleinen Aquarium kann ein gefragter Global Player entspringen. Solch ein „Wanderer zwischen den Welten“ ist das Stuttgarter Atelier Brückner, das jetzt mit einer Ausstellung im BDA-Wechselraum sein zwanzigjähriges Bestehen feiert. Als Firmenlogo haben sich die auf dem Wizemann-Areal in Bad Cannstatt beheimateten Szenografen, Bühnenbildner, Designer und Ausstellungsgestalter den Lachs erkoren, einen Fisch, „der sowohl in Salz- als auch Süßwasser daheim ist und Hunderte von Kilometern gegen den Strom schwimmen kann“. Ein hübsches Maskottchen. Es passt nur nicht mehr ganz, denn von den Außenseiteranfängen im Zwei-Mann-Garagenbüro, das es anders macht als alle anderen, hat sich das Atelier Brückner im Lauf der Zeit zu einem kapitalen Karpfen im Erfolgsteich entwickelt, einem der international führenden Unternehmen der Branche mit gegenwärtig 108 Mitarbeitern.

Einen Eindruck von der Vielzahl und Vielfalt der Brückner-Projekte vermitteln die Modelle im Wechselraum, von der Dauerausstellung im Haus der Geschichte Baden-Württemberg mit der ersten begehbaren interaktiven Landkarte im Foyer des Museums über die Ausstellung im Bach-Haus in Eisenach, wo der Besucher über eine 210-Grad-Projektion orgelspielender Hände in Bachs Musik förmlich eintaucht, bis zum Parlamentarium in Brüssel, in dem die Geschichte der EU dargestellt wird, und der Sammlungspräsentation des Schifffahrtsmuseums in Amsterdam.

In Stuttgart baut das Büro die Wagenhallen um

In Sichtweite der Pyramiden von Gizeh gestalten die Brückners die Räume im Großen Ägyptischen Museum mit der weltweit umfangreichsten Ausstellung altägyptischer Kunst und Kultur, das in diesem Jahr teileröffnet werden soll. Auf lokaler Ebene ist der Umbau der Stuttgarter Wagenhallen ihr zur Zeit prominentestes Projekt – geplante Fertigstellung ebenfalls 2018. Einen weiteren großen Bereich im Schaffen des Büros nehmen die vielen Expo-Teilnahmen ein. So waren die Brückners sowohl 2000 in Hannover dabei als auch im Jahr darauf in Biel in der Schweiz, für die Expo 2008 in Saragossa gestalteten sie den afrikanischen Pavillon und für die Expo 2010 in Schanghai den State Grid Pavilion im Auftrag eines chinesischen Energieversorgers.

Sämtliche Modelle sind unter Plexiglas gegen Staub und Bruch geschützt – und das nicht nur für die Dauer der Ausstellung im Wechselraum. Den Szenografen in der Cannstatter Kreativschmiede dienen sie bei der täglichen Arbeit als Entwurfsgrundlage und -korrektiv, Ideenmagazin und Inspirationsquelle. Darauf deuten auch die Rollen hin, auf die jedes Modell montiert ist, um es jederzeit und überall im Büro schnell zur Verfügung zu haben.

Die Handzeichnungen vom Chef sind heilig

Einen aufschlussreichen Einblick in die Entstehungsprozesse geben daneben die zu Tausenden angefertigten Handzeichnungen des Bürogründers Uwe Brückner. Schnell und sicher im Strich, oft versehen mit schriftlichen Notaten, sind sie das Medium, in dem er denkt und zugleich entwirft. In der Summe ergeben sie ein eigenes Archiv des Brückner-Universums, eine Art arbeitsbiografischen Längsschnitt durch ein Szenografenhirn. „Mit meinen Zeichnungen bin ich eigen“, betonte Uwe Brückner darum gleich mehrmals im launigen Eröffnungsgespräch mit dem Stuttgarter Architekten Fritz Auer. Die Blätter dürfen weder geknickt noch gar weggeworfen werden, sondern gehören wie die Modelle zum Fundus, aus dem das Büro schöpft.

Bleibt noch anzumerken, dass die Brückner-Schau wieder einmal deutlich macht, wie sehr ein geeigneter Ort für solche Präsentationen in der Stadt fehlt. Bei der Eröffnung mussten die Modelle zusammengeschoben und an die Wände gerückt werden, um Platz für die Besucher zu machen, wobei im kleinen Wechselraum ohnehin nur ein Bruchteil des Werks gezeigt werden kann. Fragt sich also, auch das zum x-ten Mal, wie lange sich die Politik noch weigern will, mit diesem Pfund herausragender Architektur und Szenografie, wegweisenden Engineerings und Designs made in Stuttgart zu wuchern. Wenn die Verantwortlichen mitspielen: Im Kunstgebäude wäre Platz.