Die Welthandelskonferenz auf Bali hat sich auf ein historisches Abkommen zum Abbau von Handelsschranken geeinigt. Als letztes Land gab Kuba am Samstag seinen Widerstand während der Beratungen in Indonesien auf.
Die Welthandelskonferenz auf Bali hat sich auf ein historisches Abkommen zum Abbau von Handelsschranken geeinigt. Als letztes Land gab Kuba am Samstag seinen Widerstand während der Beratungen in Indonesien auf.
Nusa Dua - Das erste große Abkommen zur Liberalisierung des globalen Handels seit fast zwei Jahrzehnten ist am Samstag auf Bali von fast 160 Staaten angenommen worden. Das sogenannte Bali-Paket über Handelserleichterungen, den Abbau von Agrarsubventionen sowie Hilfen für Entwicklungsländer wurde zum Abschluss der 9. Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation (WTO) im Konsens bestätigt. „Zum ersten Mal in ihrer Geschichte hat die WTO geliefert“, erklärte deren neuer Generaldirektor Roberto Azevêdo.
„Dies ist eine historische Errungenschaft in einer Zeit schwächelnden Wachstums und hoher Arbeitslosigkeit“, sagte der Konferenz-Vorsitzende, Indonesiens Handelsminister Gita Wirjawan, bei der Abschlusssitzung. „Zugleich wurde damit die WTO wieder zurückgebracht auf die zentrale Bühne der internationalen Handelsabmachungen.“
Das Vertragswerk werde Millionen von arbeitenden Menschen auf der ganzen Welt zugutekommen und viele neue Jobs schaffen, prophezeite Azevêdo. Zugleich seien die umfangreichen Vorhaben des Bali-Pakets ein klares Bekenntnis zur Verwirklichung der 2001 beschlossenen Doha-Entwicklungsagenda. „Das Bali-Paket ist nicht das Ende, es ist der Anfang“, sagte der Brasilianer, der nach nächtelangen, schwierigen Verhandlungen zu Tränen gerührt war.
Zollabwicklungen weltweit vereinfacht
Mit dem Paket von insgesamt zehn Einzelvereinbarungen wird unter anderem die weltweite Vereinfachung von Zollabwicklungen im grenzüberschreitenden Warenverkehr angestrebt. Die ärmsten Entwicklungsländer sollen bessere Zugänge zu den Märkten der Industrie- und Schwellenländer erhalten. Die Entwicklungshilfe im Bereich des Handels soll verstärkt werden. Zudem ist der Abbau von Agrarsubventionen vorgesehen.
Der Durchbruch war am Freitag erreicht worden, indem Indien Ausnahmeregeln für die Subventionierung der Nahrungsmittelversorgung von 820 Millionen armen Menschen zugestanden wurden. Das Volumen des indischen Ernährungsprogramms überschreitet wahrscheinlich WTO-Grenzen für erlaubte Agrarsubventionen. Neu Delhi hatte gedroht, das Bali-Paket zu blockieren, sollten dadurch Probleme für die Nahrungsmittelsicherheit seiner Bevölkerung entstehen.
Auch Kuba sperrte sich kurzzeitig gegen das Paket, um damit auf das seit Jahren andauernde Handelsembargo aufmerksam zu machen, das die USA gegen den kommunistischen Inselstaat aufrechterhalten.
Mehrere Nichtregierungsorganisationen kritisierten die Bali-Vereinbarung jedoch als Beeinträchtigung der Interessen von Entwicklungsländern. So sei „schwer nachvollziehbar, warum in Zukunft kein weiteres Land umfassende staatliche Maßnahmen zur Stützung von Kleinbauern und zur Bekämpfung von Hunger ergreifen darf“, erklärte die kirchliche Hilfsorganisation Brot für die Welt. „Der Beschluss von Bali zeigt, dass die WTO der falsche Rahmen ist, um globale Regelungen zur Ernährungssicherheit zu vereinbaren.“
Die von der Wirtschaft unterhaltene Internationale Handelskammer (ICC) gegrüßte das „historische Abkommen“ hingegen. Allein durch die nun beschlossenen Maßnahmen zur Vereinfachung der Zollabwicklung könnten Unternehmen weltweit zen bis 15 Prozent ihrer Kosten für den grenzüberschreitenden Warenverkehr einsparen. Insgesamt seien durch das Bali-Paket Wachstumsimpulse im Umfang von bis einer Billion Dollar möglich. Dadurch könnten 21 Millionen neue Arbeitsplätze entstehen, die meisten in Entwicklungsländern.
„Heute feiern wir eine neue WTO - nicht nur, weil wir ein Abkommen erreicht haben, sondern auch für die Art und Weise, wie wir es erreicht haben“, erklärte der US-Handelsbeauftragte Michael Froman. „Während des gesamten Verhandlungsprozesses hat sich gezeigt, dass wir inzwischen eine wirklich multilaterale Organisation sind.“ Die USA hätten bereitwillig mit den am wenigsten entwickelten Länder Welt (LDC) kooperiert.
Roberto Azevêdo hatte das Amt an der WTO-Spitze erst im September übernommen. Dabei hatte er versprochen, alles in seinen Kräften stehende für einen Neustart der 1995 gegründeten Organisation zu tun. Vor den WTO-Mitgliedstaaten stehe nun die Aufgabe, die Vorhaben des Bali-Paktes umzusetzen und dabei zugleich ein konkretes Arbeitsprogramm zur Fortsetzung der Doha-Agenda in den nächsten Jahren zu erarbeiten. In der Hauptstadt des Emirats Katar hatten sich die WTO-Mitglieder im Jahr 2001 auf Verhandlungen zur Liberalisierung des globalen Handels verständigt.