Der Schweizer Historiker und Friedensforscher Dr. Daniele Ganser tritt am 16. Oktober in der Halle auf der Schray auf.
Erdmannhausen - Seine Vorträge sind häufig ausverkauft, seine Publikationen lösen immer wieder Diskussionen aus und bringen ihm Diffamierungen als „Verschwörungstheoretiker“ ein. Daniele Ganser bezeichnet sich selbst als „Historiker, Energie- und Friedensforscher“, die USA als „Imperium“ und die NATO als eine „Gefahr für den Weltfrieden“. Am Montag, 16. Oktober, um 19.30 Uhr hält er unter dem Titel „Illegale Kriege – Warum wir uns wieder an der UNO-Charta und dem Gewaltverbot orientieren sollten“ einen Vortrag in der Halle auf der Schray in Erdmannhausen.
Ihr Vortrag trägt den Titel „Illegale Kriege“, wie auch Ihr jüngstes Buch, das im Oktober 2016 erschienen ist. Wird der Vortrag eine Art Kurzfassung des Buches? Oder gehen Sie auch auf aktuelle Entwicklungen seit Erscheinen des Buches ein, zum Beispiel bezüglich Nordkorea?
Nein, auf Nordkorea gehe ich nicht ein, weil dort ja derzeit kein Krieg herrscht. Ich werde aber verschiedene Beispiele aus der neueren Geschichte behandeln, wo es wirklich zu Krieg gekommen ist ohne UNO-Mandat, also illegale Kriege.
Sie äußern in Ihrem Buch deutliche Kritik an der NATO, insbesondere an den von Ihnen als „Imperium“ bezeichneten USA. Was entgegnen Sie denjenigen, die kritisieren, dass Ihre Kritik zu einseitig sei?
Dass die USA das mächtigste Land derzeit sind, ist unbestritten, daher bezeichne ich die USA als Imperium. Einige mögen das nicht. Aber wer die Flugzeugträger zählt, sieht sofort: die USA haben zehn, mehr als jedes andere Land. Wer die Militärausgaben anschaut, sieht: die USA liegen bei 600 Milliarden Dollar pro Jahr, mehr als jedes andere Land. Zudem haben die USA in mehr als 40 fremden Ländern Militärstützpunkte, darunter Ramstein in Deutschland und Guantanamo in Kuba. Des Weiteren haben die USA seit 1945 mehr Länder bombardiert als sonst jemand. Die Fakten sprechen also eine klare Sprache.
Der 11. September 2001 ist in Ihren Vorträgen und Publikationen immer wieder ein zentrales Thema. Was macht dieses Ereignis aus Ihrer Sicht so bedeutsam?
Seit 9/11, also seit 16 Jahren, leben wir im so genannten „Krieg gegen den Terror“, das ist ein neues Zeitalter, nach dem „Kalten Krieg“, der 1991 endete. Natürlich müssen Historiker wie ich den Beginn einer neuen Epoche genau untersuchen. Wir schreiben ja die Geschichtsbücher, welche unsere Kinder und Enkel mal lesen werden. Bei 9/11 gibt es einen großen Streit um den Einsturz des dritten Turms WTC7, der von keinem Flugzeug getroffen wurde. Zwei Thesen stehen im Raum: Feuer oder Sprengung. Ich lege mich nicht fest, was die richtige Antwort ist, die Forschung dazu läuft noch in den USA, wobei vor allem die Arbeiten von Dr. Leroy Hulsey von der Universität Alaska interessant sind. Ich fordere eine neue Untersuchung von 9/11.
Wegen Ihrer Kritik an der Ihrer Meinung nach mangelhaften wissenschaftlichen Aufarbeitung von 9/11 werden Sie immer wieder als „Verschwörungstheoretiker“ bezeichnet. Ärgert Sie das? Wie gehen Sie damit um?
Ich bin Historiker und mache nur meinen Job gründlich. Der Begriff „Verschwörungstheorie“ ist ein Kampfbegriff. Er will verhindern, das man 9/11 neu untersucht. Der Begriff klärt aber den Einsturz von WTC7 nicht. Man darf sich nicht durch solche Begriffe von der Forschungsarbeit und konkreten Sachfragen abhalten lassen.
Sie sprechen häufig von einem „Informationskrieg“, in dem wir uns befänden. Woran machen Sie das fest?
Ja, der Irakkrieg 2003 zum Beispiel wurde mit der ABC-Lüge dem Publikum verkauft, das stimmte nicht, das wissen wir heute. Zudem wurde behauptet, Saddam Hussein habe etwas mit 9/11 zu tun gehabt, auch das stimmte nicht. Wir stecken tatsächlich im Informationskrieg. Die CIA hat im Rahmen der Operation Timber Sycamore eine Milliarde Dollar in den geheimen Krieg gegen Assad in Syrien investiert, wie die New York Times berichtete. Dabei wurde behauptet, man habe nur die „moderaten Rebellen“ finanziert und mit Waffen und Training unterstützt, aber auch das stimmte nicht, wie wir heute wissen. Kurzum, es wird in der internationalen Politik viel gelogen, gerade im Kontext von Kriegen.