Im Böblinger Schliffkopfweg wird seit August wieder an der Sanierung der schadhaften Geothermielöcher gearbeitet Foto: factum/Bach

Eine der letzten vier Sonden, die noch repariert werden müsssen, ist mit Zement ausgefüllt worden, an einer weiteren wird zurzeit gearbeitet. Ein Ende ist jedoch nicht absehbar. Die Erde hebt sich in diesem Gebiet weiterhin um 13 Millimeter im Jahr.

Böblingen - Mit einem Fauchen fährt die Seilwinde einen Schlauch in 57 Meter Tiefe. „Wir blasen dort unten mittels Druck den Geothermieschlauch auf“, erläutert Philipp Maier, der Mitarbeiter der Sanierungsfirma Keller in Renchen (Ortenaukreis). Erst wenn ein neuer Hohlraum entstanden ist, kann die schadhafte Bohrung mit Zement ausgefüllt werden.

Ein unfachgemäß ausgeführtes Bohrloch ist im Süden Böblingens bereits repariert. Drei Erdwärmesonden müssen noch saniert werden. „Wir können jetzt durchstarten“, sagte der Landrat Roland Bernhard bei einer Informationsveranstaltung des Landratsamts. Ein von der Firma Keller entwickeltes Spezialverfahren lasse hoffen, dass auch die drei restlichen Sonden von insgesamt 17 in Böblingen erfolgreich abgedichtet werden könnten. „Damit können wir die Erdhebungen minimieren“, sagte Bernhard.

Spezialwerkzeuge für die Sanierung

Im Auftrag des Landratsamts entwickelte Keller Schneide- und Schlitzwerkzeuge, um die Sondenschläuche zu öffnen und dem von Sulfat zersetzten Zement beizukommen. Teils ist es eine breiige Masse, die sich gebildet hat, teils ist es Thaumasit in kristalliner Form. Beides muss nach oben gepumpt und durch einen beständigeren Zement ersetzt werden.

Auf das Thaumasit waren die Bohrlochsanierer im Februar 2016 gestoßen, danach mussten die Reparaturarbeiten eingestellt werden. Mit den entwickelten Spezialwerkzeugen geht es nun seit August im Schliffkopfweg wieder voran. „Die Experimentierphase ist beendet“, sagte Bernhard. Für das neue Verfahren gibt es zwar keine Blaupause. Doch ist es laut Peter Branscheid vom Ingenieurbüro Vees & Partner in einem Bergwerk im Südschwarzwald erfolgreich ausprobiert worden. Wann die Arbeiten an den restlichen drei Bohrungen abgeschlossen sein werden, dazu wagte Branscheid keine Prognose. Es sei auf jeden Fall sehr aufwendig.

„Vollbremsung“ im nördlichen Hebungsgebiet

Nach den Angaben von Eva de Haas, der Leiterin des Wasserwirtschaftsamts in der Kreisbehörde, betragen die durchschnittlichen Erdhebungen im südlich gelegenen Schliffkopfweg und Herdweg noch immer 13 Millimeter pro Jahr. Im Heinrich-Heine-Weg, ebenfalls im Süden Böblingens, sind alle Löcher bereits gestopft. Dort sind die jährlichen Hebungen von 35 Millimeter auf vier Millimeter zurückgegangen.

Zwei schadhafte Geothermielöcher hatte die Renninger Bohrfirma Gungl im Norden Böblingens ins Erdreich getrieben. In diesem Hebungsgebiet sei nach der Reparatur eine „Vollbremsung“ eingetreten. So jedenfalls bezeichneten Geologen den Rückgang der Erdhebungen von 55 Millimeter auf sieben Millimeter pro Jahr. „Dort können die Hausbesitzer nun daran denken, mit der Sanierung ihrer Heime zu beginnen“, sagte de Haas. Denn eine Erdhebung oder Erdsenkung von fünf Millimetern im Jahr sei ziemlich normal. „Es kommt immer darauf an, wie trocken oder feucht der Untergrund ist“, erklärte die Amtsleiterin. Ein Gebäude würde das normalerweise aushalten.

Dem Kreis sind bisher 5,7 Millionen Euro Kosten entstanden

Bisher sind dem Kreis Sanierungskosten in Höhe von 5,7 Millionen Euro entstanden. Laut dem Böblinger Oberbürgermeister Wolfgang Lützner kommt der Eigenbetrieb Abwasser auf Grund der nötigen Reparaturen auf 370 000 Euro, die Stadtwerke bezifferten die Kosten für die Sanierung schadhafter Leitungen auf rund 600 000 Euro. Der Landrat sagte, man müsse nun den Druck auf die Allianz-Versicherung erhöhen, damit sie auf die versprochene Schadenssumme von zwölf Millionen Euro noch sechs Millionen Euro drauf lege. Lützner wiederum stellte in Aussicht, den Gemeinderat einzuschalten, „wenn die Mittel nicht reichen“.

Falscher Zement als Ursache

Bohrlochsanierung:
  17 Bohrungen der insolventen Renninger Firma Gungl haben Erdhebungen und Schäden an 200 Häusern verursacht. 13 Bohrlöcher haben die Sanierer mit haltbarem Zement abgedichtet. Die Arbeiten an den letzten vier Löchern im Böblinger Süden stoppte Thaumasit, ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der Sulfate. Es ist ein Abbauprodukt des von Gungl verwendeten Zements. Dieser Zement war von Sulfat zerfressen worden, obwohl die Verwendung von sulfatbeständigem Zement vorgeschrieben war.

Hausreparatur:
Die Sanierung der Gebäude im Norden kann beginnen, weil die Erdhebungen fast zum Stillstand gekommen sind. Die Allianz will ihre Haftung auf zwölf Millionen Euro beschränken. Der Versicherer fasst bisher zwei Bohrungen im Norden genauso zu einem einzigen Schaden zusammen wie 15 im Süden.