In der Siemensstraße im Böblinger Norden werden gegenwärtig zwei Bohrlöcher saniert Foto: factum/Weise

Die Erdhebungen, die nach Geothermiebohrungen entstanden sind, lassen immer mehr Böblinger Bürger nicht mehr ruhig schlafen. Nun stellte sich heraus, dass zwei Löcher 130 Meter tief gebohrt wurden, obwohl nur 80 Meter erlaubt waren.

Böblingen - Die Erdhebungen, die nach Geothermiebohrungen entstanden sind, lassen immer mehr Böblinger Bürger nicht mehr ruhig schlafen. Der Hausbesitzer Fritz Ott etwa am Rand des südlichen Hebungsgebiets, der selbst noch keine Risse an seinem Eigenheim festgestellt hat, dafür aber dessen in der Nähe wohnende Lebensgefährtin, kann nicht nachvollziehen, weshalb das Landratsamt dort lediglich von 15 schadhaften Bohrungen ausgeht: „Weil doch in Böblingen 200 mal gebohrt worden ist,“ unterstreicht er.

Wie jetzt bekannt wurde, hat ein anderer Hauseigentümer, Rudolf Springholz, wegen der Häuserschäden bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart eine Anzeige gegen Unbekannt erstattet und jüngst einen ablehnenden Bescheid erhalten. Und nun gab das Landratsamt kürzlich auch noch bekannt, dass zwei der zur Sanierung anstehenden Löcher im Süden Böblingens statt wie bisher angenommen 80 Meter tatsächlich 130 Meter in die Tiefe reichen.

Die beiden Bohrungen seien im Jahr 2007 durchgeführt worden, sagt der Pressesprecher im Landratsamt, Dusan Minic. Diese wie auch alle anderen der insgesamt 17 Bohrungen in den beiden Hebungsgebieten – davon liegen zwei im Norden der Stadt – seien dem Wasserwirtschaftsamt gemeldet worden. Vor der Genehmigung habe die Behörde Auflagen erteilt. „Dazu gehörte die Einhaltung der Bohrungstiefe, das fachgerechte Verpressen der Bohrsonden mit wasserabweisendem Zement und das Führen von Bohrprotokollen“, erläutert Minic.

Die Protokolle habe die Bohrfirma dem Wasserwirtschaftsamt vorlegen müssen. „Wir haben bei den beiden nun tieferen Bohrungen laut Protokoll keine Abweichungen festgestellt“, so der Behördensprecher. Erst bei der Untersuchung sämtlicher 15 Sonden im südlichen Hebungsgebiet seien die Experten auf die nicht erlaubten tiefen Sonden gestoßen. „Für uns ist das unerheblich, wie tief die Löcher sind“, sagt der Geschäftsführer der Interessengemeinschaft Erdhebungen Böblingen (IGE-BB), Werner Schubert. Gegenüber der Versicherung könnten wohl keine Ansprüche geltend gemacht werden. So schätze der Rechtsanwalt der IGE-BB die Sachlage jedenfalls ein.

Ähnlich sieht es das Landratsamt, das aber rechtliche Schritte prüfen möchte. Die IGE-BB wie auch die Kreisbehörde vermuten jedoch, „dass die Sache verjährt ist“. Es seien zudem noch keine Schadensersatzforderungen gestellt worden, „weil der kausale Zusammenhang zwischen den Geothermiebohrungen und den Erdhebungen zwar auf der Hand liegt, letztlich aber noch nicht bewiesen ist“, sagt Schubert.

Dies ist auch der Grund. weshalb die Staatsanwaltschaft die Strafanzeige von Springholz wegen vorsätzlicher Sachbeschädigung durch Unbekannt in einem Schreiben an ihn vor knapp zwei Wochen abschlägig beurteilte. Ein Ermittlungsverfahren könne allein schon wegen der fünfjährigen Verjährungsfrist nicht mehr eingeleitet werden, teilt ihm der Oberstaatsanwalt mit. „So etwas macht uns nur Stress“, zeigt sich Schubert wenig erfreut, „wenn jemand mit einem Strafverfahren droht. Uns kommt es doch auf ein kooperatives Miteinander an.“ Zu den Expertenrunden im Landratsamt werde die IGE-BB ständig eingeladen und durch die Newsletter des Landratsamts seien die Bürger ausreichend darüber informiert, was derzeit gegen die Erdhebungen unternommen werde, so der IGE-Geschäftsführer.

Einige Bürger wie Ott und Springholz äußern dennoch Kritik. Die Erdhebungsgebiete seien bisher nur von zehn Zentimetern Höhendifferenz an ausgewiesen worden, monieren sie. Das soll sich ändern: „Wir sind dabei, durch weitere Messungen auch die Flächen mit Hebungen von einem bis zu zehn Zentimetern zu ermitteln“, versichert Minic..