Ist der Klimawandel wirklich schlimm? Klicken Sie sich durch die Argumente der Mahner und Skeptiker. Foto: NASA/dpa

Was ist wirklich dran am Klimawandel? Wir haben Mahner und Skeptiker befragt.

Potsdam - Seit Jahrzehnten tobt eine heftige Debatte um die Folgen der globalen Erwärmung. Hat sie natürliche oder menschengemachte Ursachen? Was ist wirklich dran am Klimawandel? Wir fragten Mahner und Skeptiker.

 Potsdam - Die jüngste Panne beim UN-Weltklimarat IPCC hat das Vertrauen in die Zuverlässigkeit globaler Klimavorhersagen schwer erschüttert. Im Weltklimabericht 2007 wird das fast vollständige Abschmelzen der Himalaja-Gletscher bis 2035 prognostiziert. Ein peinlicher Fehler: Die Angaben wurden ungeprüft aus einem Wissenschaftsmagazin übernommen, die ein indischer Gletscherforscher 1999 als reine Schätzung genannt hatte. Zuvor hatte bereits ein Experte das große Abtauen vorhergesagt – bis 2350.

Internationaler Konsens über Erderwärmung infrage gestellt

Der Leiter des Instituts für Küstenforschung am GKSS-Forschungszentrum in Geesthacht, Hans von Storch, rechnet damit, dass weitere Fehler in dem 3000 Seiten dicken Bericht auftauchen werden. Storch und der Direktor des Hamburger Max-Planck-Instituts für Meteorologie, Hartmut Graßl,fordern den Rücktritt von IPCC-Chef Rajendra Pachauri. Dieser sei eine Belastung, da er „Schlampereien“ bei den Kontrollen des Klimaberichts zugelassen habe.


Auch Mojib Latif, Klimaforscher an der Universität Kiel, kritisiert die "schwere Panne". Fehler würde es bei solch "dicken Berichten" aber immer geben. Der IPCC müsse offensiv damit umgehen, sonst leide die Glaubwürdigkeit. "Gerade in einem so sensiblen Bereich wie der Klimaforschung braucht man absolute Transparenz." Der oberste UN-Klimamanager Ivo de Boer will von Krisengerede nichts wissen. Er sieht den internationalen Konsens über die globale Erwärmung durch die Irrtümer, Personalien und Pannen beim Weltklimarat nicht infrage gestellt. Da ist man in einigen Ländern ganz anderer Meinung. Indien etwa will einen eigenen Klimarat einrichten, weil "wir uns nicht nur auf den IPCC verlassen können", sagte Umweltminister Jairam Ramesh. Der IPCC muss nun befürchten, dass viele Staaten Abschied nehmen könnten von einer Klimapolitik, die Unmögliches verlangt und kaum bezahlbar ist.


Der Klimawandel hat begonnen. Daran besteht für Forscher wie den Meteorologen Friedrich-Wilhelm Gerstengarbe vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung (PIK) kein Zweifel. Die Auswirkungen der CO2-Emissionen  seien besorgniserregend. "Die Tundren tauen extrem schnell auf, die Wüstengebiete dehnen sich aus, die Gletscher gehen zurück. Das sind deutliche Anzeichen für eine Klimaveränderung." Der einzige Hebel, an dem der Mensch drehen könne, sei der Zuwachs an Treibhausgasen.

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Auch für den Ozeanografen und PIK-Forscher Stefan Rahmstorf steht fest: Der menschliche Einfluss auf das Klima ist stärker als die natürlichen Antriebsfaktoren des Wandels. "Die ungewöhnliche Erderwärmung des 20. Jahrhunderts wurde überwiegend vom Menschen verursacht.“ Dass die Sonnenstrahlung eine zentrale Rolle spielt, wie die Zweifler argumentieren, hält Meteorologe Latif für unwahrscheinlich. "Es gibt keinen Anhaltspunkt in unseren Berechnungen, dass Sonnenstrahlung den Treibhauseffekt überproportional beeinflusst."


Die Zweifler - zu denen auch Zukunftsforscher Matthias Horx und die Journalisten Dirk Maxeiner und Michael Miersch gehören – sind in der Minderheit. Das bedeutet aber nicht, dass ihre Argumente in der Öffentlichkeit keine Rolle spielten. Nach dem Kopenhagener Gipfel spottete der emeritierte Geologie-Professor Friedrich-Karl Ewert, das „Phantom Klimawandel“ habe sich zur "Pseudoreligion" entwickelt. "Zu glauben, wir Menschen könnten das Klima schützen oder gar die Erde retten, ist eingedenk der extrem unterschiedlichen Dimensionen von Erde und Mensch obszön.“

Klimaskeptiker sehen sich als Teil der Öko-Bewegung

Ein Hort der Klimaskeptiker ist das 2007 in Jena gegründete Europäische Institut für Klima und Energie (Eike). Die 60 Mitglieder – darunter Ewert – halten die „Behauptung eines menschengemachten Klimawandels“ für naturwissenschaftlich nicht begründbar und sehen darin einen „Schwindel gegenüber der Bevölkerung“. Die Bedeutung der CO2-Emissionen werde "überdramatisiert". "Die ganze Klimadiskussion ist völlig hirnrissig", meint Eike-Präsident Holger Thuss.

"Total richtig" sei es dagegen, auf regenerative Energien zu setzen und Energie zu sparen, betont Klaus-Eckart Puls, Meteorologe und Eike-Mitglied. Die Energiedebatte mit der Klimakatastrophe zu begründen, halte er jedoch für "Schwachsinn". "Ich brauche keine irrationale Klimadebatte, um eine rationale Energiedebatte zu führen." Die Klimaskeptiker sehen sich als Teil der weltweiten Öko-Bewegung. Anstatt Milliarden Euro in unsichere Klimaschutzmaßnahmen zu pumpen, wollen sie sich auf lösbare Aufgaben im Umweltschutz konzentrieren – etwa mehr Deiche bauen oder Regenwälder schützen. Eine gute Idee: Schließlich soll nicht noch mehr CO2 in die Atmosphäre gelangen und die Erde erwärmen.


Wie aber sollen die Verfechter des Klimawandels reagieren? Ignorieren sie die Thesen der Skeptiker, sieht es so aus, als hätten sie keine Gegenargumente. Lassen sie sich auf eine Diskussion ein, driftet diese schnell auf eine Ebene ab, die von der Öffentlichkeit nicht nachvollzogen werden kann. "Sie stellen Behauptungen auf, ohne den wissenschaftlichen Beweis anzutreten", kritisiert Gerstengarbe. Den Klimarettern läuft die Zeit davon: "Die Folgen des Klimawandels betreffen Milliarden Menschen." Man müsse schnell handeln und sich auf die veränderten Bedingungen einstellen. "Wenn früher eine Eiszeit kam, sind die Menschen in wärmere Gebiete ausgewichen. Bei 6,5 Milliarden Menschen geht das nicht mehr.