Altes Thema – neuer Streit: Die CSU will bei der Vererbung von Betrieben mittelstandsfreundlichere Regekn durchsetzen. Foto: dpa-Zentralbild

Alles wieder auf Anfang: Obwohl der Gesetzentwurf das Bundeskabinett schon passiert hat, will die bayerische CSU weiter verhandeln – manche in der CDU freut das. Aber längst nicht alle.

Berlin - Die Koalition in Berlin kommt nicht zur Ruhe, und erneut ist es die Unionsfraktion, wo die Wellen wieder hochschlagen, kurz nachdem sich die Aufregung über das Thema Griechenland gerade etwas gelegt hat. Diesmal heißt der Zankapfel „Erbschaftstseuer“.

Bei dem Thema schien vieles geklärt, nachdem das Kabinett den Gesetzentwurf von Wolfgang Schäuble durchgewunken hatte. Dieser sieht vor, dass bei einer Firmenübergabe ab einer bestimmten Firmengröße auch das Privatvermögen der Erben herangezogen werden kann. Von der Erbschaftsteuer ganz verschont sollen künftig nur noch Unternehmen mit bis zu drei Mitarbeitern bleiben. Für Unternehmen oberhalb von 15 Mitarbeitern gilt eine Freigrenze, bei deren Unterschreiten die Erben nicht steuerlich belangt werden. Der unterste Grenzwert liegt bei 26 Millionen Euro.

Das war alles nach langen Verhandlungen im Grundsatz klar. Aber nun hat die CSU, besonders ihr Vorsitzender Horst Seehofer alles wieder in Frage gestellt. Ohne mittelstandsfreundliche Änderungen werde die CSU-Landesgruppe gegen das Gesetz stimmen, hat er angekündigt. Bei vielen CDU-Parlamentariern hat das nach Recherchen unserer Zeitung Empörung ausgelöst. „das Rein und Raus aus den Kartoffeln des Herrn Seehofer schadet seinem berechtigtem Anliegen“, sagt Joachim Pfeiffer, der wirtschaftspolitische Sprecher der Unionsfraktion. Er fürchtet, dass sich nun auch die SPD nicht mehr an die getroffene Linie halten werde und neue Maximalforderung auf stellt.

Tatsächlich scheint die Debatte wieder an ihren Ausgangspunkt zurück zu kehren, denn Seehofers Volte hat ein bereits geschlossenes Fass neu aufgemacht. Und prompt beginnen die alten Debatten von Neuem. Vom Wirtschaftsflügel der Union erhält Seehofer volle Rückendeckung. „Die CSU kommt einer Kernforderung des Wirtschaftsrates nach, wenn sie jetzt substanzielle Nachbesserungen bei der Reparatur des Erbschaftssteuerrechts fordert“, sagt zum beispiel Wolfgang Steiger, Generalsekretär des Wirtschaftsrates, unserer Zeitung. Die CSU „habe Recht, wenn sie sich in den parlamentarischen beratungen für eine Korrektur falscher Weichenstellungen einsetzt.“ Die Kleinstunternehmer-Regelung sei zu eng gefasst und „nicht akzeptabel“ sei die Einbeziehung von Privatvermögens, das vor der Übertragung von Betriebsvermögen bereits vorhanden war.

Nachbesserungen verlangt auch Carsten Linnenmann, der Bundesvorsitzende der CDU-Mittelstandsvereinigung. Die sei nötig, „wenn wir die Erbschaftsteuer mittelstandsfreundlich und arbeitsplatzerhaltend ausgestalten wollen“, sagte er unserer Zeitung. Er verlangte, die Drei-MitarbeiterGrenze auf zehn Beschäftigte heraufzusetzen.

Schwer zu sehen, wie das mit der SPD machbar sein soll. SPD-Chef Gabriel legte sich schon fest, dass es mit seiner Partei keine substanziellen Veränderungen geben werde. Allenfalls beim Bewertungsgesetz, das zu unrealistisch hohen Firmenwerten führen könne, gebe es noch Bereitschaft zum Gespräch.

Die grundsätzliche Haltung der SPD fasste deren Vize-Vorsitzender Ralf Stegner gegenüber unserer Zeitung so zusammen: „Erbschaften sind leistungslose Einkommen, die in Deutschland noch immer sehr gering besteuert werden.“ Die Anhebung sei eine „Frage der Gerechtigkeit“. Die Länder benötigten die Einnahmen, „um notwendige Investitionen in Bildung und Infrastruktur zu finanzieren“, sagte Stegner.

Den Sozialdemokraten kommt der Streit mit der CSU gerade recht. Sie zelebrieren ihn genüsslich. Die CSU entwickele sich „zunehmend zum Störenfried in der großen Koalition“, sagte Stegner. Sie drohe mit der Verweigerung der Zustimmung zur Erbschaftsteuerreform, „nachdem sie mit dem Betreuungsgeld und der Ausländermaut gescheitert ist“. Dieser Zusammenhang mit den zwei schweren poltischen Schlappen wird allerdings auch in weiten Teilen der CDU gesehen – mit Sorge.