Wer ein Testament macht, will seinen Nachlass zu Lebzeiten regeln. Doch dabei gibt es einiges zu beachten. Foto: reinhard sester - stock.adobe.com/reinhard sester

Die erbrechtlichen Regeln sind sehr komplex: Wer kein Testament macht, hinterlässt sein Vermögen womöglich den Falschen. Antworten auf häufige Fragen rund um den Nachlass.

Stuttgart - In Deutschland wird jedes Jahr viel Geld vererbt. Wer Vermögen an die Nachkommen weitergeben will, muss mit Stolperfallen rechnen. Wir erklären, worauf man beim Vererben achten sollte und welche Tücken auf potenzielle Erben warten.

 

Müssen bei der Testamentseröffnung alle Erben persönlich anwesend sein?

Alle Erben sitzen gespannt in einem vertäfelten Saal, wenn das Testament verlesen wird: Diese Szenen gibt es fast nur noch im Film. Meist wird ein Testament heute aus zeitlichen Gründen in Abwesenheit der Betroffenen eröffnet. Und die Eröffnung ist auch kein spektakulärer Vorgang: Das zuständige Amtsgericht kopiert das Testament, versieht es mit einem sogenannten Eröffnungsprotokoll und verschickt es an alle gesetzlichen und im Testament genannten Erben, erklärt Stephanie Herzog vom Deutschen Anwaltverein. Haben die Erblasser das Testament beim Nachlassgericht hinterlegt, wird es automatisch eröffnet, sobald das Nachlassgericht über den Tod informiert wurde. Befindet sich das Testament in den Unterlagen des Verstorbenen, sind die Angehörigen dazu verpflichtet, es dem Nachlassgericht vorzulegen, andernfalls machen sie sich strafbar. Gibt es kein Testament, tritt die gesetzliche Erbfolge in Kraft.

Braucht man einen Erbschein, um erben zu können?

Ein Erbschein ist eine Art Ausweispapier dafür, dass man Erbe geworden ist. Damit kann man also beispielsweise Zugriff auf ein Bankkonto erhalten. „Manchmal kann aber auch eine Vorsorgevollmacht ausreichen, um den Nachlass zu verwalten“, sagt Stephanie Herzog, Fachanwältin für Erbrecht. Ist man Erbe aufgrund eines notariellen Testaments, ersetzt dies den Erbschein. Man kann sich dann mit diesem sogenannten öffentlichen Testament samt Eröffnungsprotokoll als Erbe legitimieren.

Erbt man als langjähriger Lebenspartner automatisch?

Gegenseitige gesetzliche Rechte und Pflichten haben unverheiratete Paare nur dann, wenn sie ihre Lebenspartnerschaft ins Lebenspartnerschaftsregister eintragen lassen. Dann erbt man in der gesetzlichen Erbfolge wie ein Ehepartner, ist also direkt erbberechtigt zusammen mit den Kindern oder Enkeln. Nicht eingetragene Lebenspartner dagegen gehören nicht zum Kreis der sogenannten gesetzlichen Erben. „Gibt es kein Testament, in welchem sie erwähnt werden, erben sie also nichts“, sagt Andreas Falk, Fachanwalt für Erbrecht im Verbund der Erbmanufaktur. Wenn man als nicht eingetragener Lebenspartner etwas erbt, muss man mit hohen Steuersätzen rechnen, weil das Steuerrecht einen eher als Fremden denn als Partner behandelt.

Was ist mit bis dahin unbekannten unehelichen Kindern. Haben sie auch ohne Berücksichtigung im Testament Ansprüche?

Wenn die Erben nach dem Tod des Erblassers von einem solchen Kind erfahren, hat der Vater die Vaterschaft vermutlich anerkannt, sonst könnten die Erben nicht darüber informiert werden. Die gesetzliche Erbfolge behandelt eheliche Kinder und uneheliche Kinder gleich. Demnach kann man die eigenen Kinder nicht enterben. Tauchen sie im Testament nicht auf, steht ihnen ein Recht auf den Pflichtteil zu. Dieser entspricht der Hälfte des gesetzlichen Erbteils.

Kann man erfahren, ob es Schulden gibt, bevor man ein Testament annimmt?

Das ist gar nicht so einfach. Zwar kann man Unterlagen wie Kontoauszüge oder offene Rechnungen durchsehen und mal bei www.insolvenzbekanntmachungen.de reinschauen. Wer jedoch Dritte – beispielsweise Banken – um Auskunft bittet, braucht in der Regel einen Erbschein. „Wer sich den besorgt, nimmt das Erbe aber an und verliert die Ausschlagungsmöglichkeit“, sagt Stephanie Herzog vom Deutschen Anwaltverein. Dann gibt es aber immer noch die Möglichkeit, die Annahme des Erbes anzufechten, wenn es überschuldet war. „Außerdem gibt es auch ohne Ausschlagung einen Weg, die Haftung auf den Nachlass zu beschränken“, sagt Stephanie Herzog. Wichtig zu wissen: Wer ein Erbe ausschlagen möchte, dem bleiben lediglich sechs Wochen Zeit ab dem Moment, wo der Erbfall bekannt wurde. Als Datum hierfür gilt meist der Todestag. „Wenn vermutet wird, dass der Nachlass überschuldet ist, sollte man sich deshalb zügig an einen fachkundigen Anwalt wenden, damit der Erbe nicht mit seinem Privatvermögen für die Schulden haftet“, sagt Arnim-M. Nicklas, Fachanwalt für Familienrecht im Verbund der Erbmanufaktur.

Muss man die Bestattung bezahlen, wenn man ein Erbe ausschlägt?

Grundsätzlich ist der Erbe für die Bestattung zuständig. Schlägt man die Erbschaft aus, ist man zivilrechtlich nicht mehr dafür verantwortlich. Bestattet werden muss der Tote aber trotzdem. „Notfalls veranlassen die Behörden die Bestattung. Die Kosten dafür stellen sie den Angehörigen nach familiärem Näheverhältnis in Rechnung“, sagt Andreas Falk, Fachanwalt für Erbrecht.

Wie spart man Steuern, indem man Vermögen vor dem Tod verschenkt?

Ehegatten und Lebenspartner können bis zu 500 000 Euro steuerfrei erben, jedes Kind bis zu 400 000 Euro. Nur wenn man ein Vermögen hat, welches diese Höhe überschreitet, kann es sinnvoll sein, über eine Schenkung zu Lebzeiten nachzudenken. So kann man an Ehegatten alle zehn Jahre 500 000 Euro steuerfrei übertragen und an jedes Kind etwa 400 000 Euro. „Geht es jedoch um Immobilien, die häufig mit Nießbrauchvorbehalt übertragen werden, also meist mit lebenslangem Wohnrecht, können die Berechnungen aber auch kompliziert werden. Hier ist eine Beratung sinnvoll“, sagt Stephanie Herzog, Fachanwältin für Erbrecht. Und selbst wenn Schenkungen steuerlich Sinn ergeben, sollte sich der Schenker Rechtsanwalt Andreas Falk zufolge immer folgende Frage stellen: „Will ich wirklich Vermögen aus der Hand geben?“