Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) sieht keinen Weg zurück in die Normalität der Globalisierung. Foto: dpa/Stephanie Pilick

Der CSU-Entwicklungshilfeminister Gerd Müller macht einen überraschenden Vorschlag: Deutschland soll mit drei Milliarden Euro armen Ländern helfen, die wegen des Coronavirus eine Katastrophe erwarten.

Berlin - Entwicklungshilfeminister Gerd Müller (CSU) fordert im Zuge eines Nachtragshaushalts zusätzliche Mittel für sein Ministerium in Höhe von drei Milliarden Euro. Dies erfordere die internationale Krisenlage, heißt es in einem Konzept, das unserer Zeitung vorliegt und das Müller am Mittwoch dem zuständigen Fachausschuss des Bundestages erläuterte. In dem Papier stellt das Ministerium (BMZ) ein „Corona-Sofortprogramm“ in Höhe von einer Milliarde Euro für 2020 vor, das aus Umstrukturierungen im Haushalt finanziert wird.

Es sieht unter anderem ein verstärktes Engagement bei der Pandemiebekämpfung in Entwicklungs- und Schwellenländer, die Stabilisierung von Flüchtlings- und Krisenregionen, die Absicherung von Unternehmen in Schlüsselsektoren wie Textil und Tourismus sowie die Sicherstellung der Liquidität von Staaten vor. Die zusätzlichen drei Milliarden Euro sollen unter anderem für Investitionen in die Gesundheitssysteme von Entwicklungsländern ausgegeben werden. Oder auch für die Verteilung von Lebensmitteln für Kinder als Ersatz für ausfallende Schulkantinen – und die Aufrechterhaltung der lokalen Nahrungsmittelproduktion.

Keine Rückkehr zur Normalität

In vielen Bereichen der Globalisierung könne man „nicht einfach nur zur Normalität zurückkehren“, heißt es in dem Konzept des BMZ. Müller fordert als nächsten Schritt, „einen Schuldenerlass für die 47 ärmsten Staaten vorzubereiten“. Er sprach sich auch für ein Verbot von Wildtiermärkten und des weltweiten Handels mit exotischen Tieren aus.

EU braucht Sonderbeauftragten

Die EU soll einen Sonderbeauftragten zur Pandemiebekämpfung einsetzen. „Zudem müssen wir den EU-Schutzschirm und die Hilfsprogramme auch auf die Nachbarregionen in Afrika und im Krisenbogen um Syrien ausweiten“, heißt es in dem Konzept des Ministeriums. Europa müsse das Signal aussenden, dass es nicht nur sich selbst, sondern auch den ärmsten Ländern helfe.

Im Ganzen zeichnet Müllers Konzeption ein bedrückendes Bild von den Folgen des Virus vor allem für Afrika. Der Minister verwies auf UN-Schätzungen, wonach die Hälfte aller Arbeitsplätze in Afrika verlören gehen könnten. Es gebe kaum Labore, Notfallbetten oder Beatmungsgeräte. So existierten zum Beispiel in ganz Mali nur vier Beatmungsgeräte für 18 Millionen Menschen.

Kritik von der FDP

Heftige Kritik an dem Konzept kam am Mittwoch von der FDP. Deren entwicklungspolitischer Sprecher Christoph Hoffmann sagte unserer Zeitung, Minister Müller setze „falsche Prioritäten“. Er akzeptiere, „die Wirtschaft stillzulegen, weitere Schulden zu schaffen und Entwicklungsländer in weitere finanzielle Abhängigkeit und Armut zu treiben“. Es sei offensichtlich, dass er damit der Globalisierung eine Abfuhr erteile: „Einem System, das Ländern des globalen Südens mehr Wohlstand und eine höhere Lebenserwartung als je zuvor gebracht hat.“