Der GDL-Chef Claus Weselsky wird im Frankfurter Arbeitsgericht von Journalisten umringt. (Foto: dpa) Foto: Stuttgarter Zeitung online

Das Arbeitsgericht Frankfurt lässt die Lokführer vorläufig weiter streiken. Das Gericht lehnte am Donnerstag einen Antrag der Deutschen Bahn ab, die den Streik der Gewerkschaft GDL als unverhältnismäßig verbieten lassen wollte.

Frankfurt/Main - Das Arbeitsgericht Frankfurt lässt die Lokführer vorläufig weiter streiken. Das Gericht lehnte am späten Donnerstagabend einen Antrag der Deutschen Bahn ab, die den Streik der Gewerkschaft GDL per Einstweiliger Verfügung als unverhältnismäßig verbieten lassen wollte.

Die Bahn kündigte gegen die Entscheidung Berufung an. Diese wird voraussichtlich am Freitagvormittag vor dem Landesarbeitsgericht verhandelt. Reisende müssen also vorerst mit weiteren massiven Behinderungen rechnen.

Dem Urteil vorausgegangen waren zähe, stundenlange Verhandlungen über einen Vergleichsvorschlag der Arbeitsrichterin Ursula Schmidt. Der Vergleich scheiterte letztlich daran, dass die GDL bereits in den Schlichtungsplan hineinschreiben wollte, dass es bei der Bahn verschiedene konkurrierende Tarifverträge geben könnte. Das lehnte Bahn-Anwalt Thomas Ubber ab. „Wir können keine Ergebnisse der Tarifverhandlungen hier vor Gericht vorwegnehmen“, sagte er.
 
Der Lokführerstreik hatte den Zugverkehr am Donnerstag bundesweit hart getroffen. Der Deutschen Bahn gelang es aber immerhin, rund ein Drittel der Züge fahren zu lassen. Für den Notverkehr galten Ersatzfahrpläne. Viele Fahrgäste stiegen aber auf andere Verkehrsmittel um. Deshalb war die Situation auf den großen Bahnhöfen entspannt.
 
Der viertägige Rekordstreik hatte am Mittwoch im Güterverkehr begonnen. Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) dehnte ihn am Donnerstag um 2.00 Uhr morgens auf den Personenverkehr aus. Fahrgäste müssten sich zwar auf Ausfälle und Verspätungen einstellen, hieß es am Nachmittag bei der Bahn. Sie könnten aber trotzdem relativ verlässlich planen.
 
Die GDL will im Tarifkonflikt mit der Bahn den Druck erhöhen. Sie fordert für die Beschäftigten mehr Geld sowie eine kürzere Arbeitszeit und will neben den Lokführern vor allem auch das übrige Zugpersonal in Verhandlungen vertreten, für das bislang die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) zuständig ist. Die Bahn will konkurrierende Tarifverträge einzelner Berufsgruppen verhindern.
 
Die Bahn hatte am Mittwoch noch versucht, den Streik mit dem Angebot einer Schlichtung abzuwenden. Dieses Angebot habe die GDL „offenbar ohne ernsthafte Prüfung abgelehnt“, kritisierte die Bahn am Donnerstag. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte die Bahn aufgefordert, gegen den Streik vor Gericht zu ziehen.
 
Laut Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt verstößt der Arbeitskampf nicht gegen die Friedenspflicht und ist auch verhältnismäßig. Die Forderungen seien nicht widerrechtlich. Auch die Festlichkeiten zum 9. November seien durch den Streik nicht gefährdet.
 
„Nach der Entscheidung des Gerichts sieht sich die DB in der Pflicht, Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil einzulegen“, teilte der Konzern daraufhin mit. Zudem bedaure man, dass die GDL den Vergleichsvorschlag des Arbeitsgerichts abgelehnt hat, der eine Streikpause bis 17. November vorgesehen habe. In dieser Zeit hätten GDL, EVG und Deutsche Bahn Gelegenheit gehabt, inhaltliche Verhandlungen vorzubereiten.
 
Aus Sicht ihrer Konkurrenten trägt die Deutsche Bahn AG eine Mitschuld an der verfahrenen Lage. Bei Wettbewerbern seien parallele Tarifverträge eher die Regel denn die Ausnahme, sagte Engelbert Recker, Hauptgeschäftsführer des Nahverkehrs-Branchenverbands Mofair, der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. „Das ist nur eine Frage der betrieblichen Organisation.“