Ein Bild, aufgenommen am Rande eines VfB-Heimspiels in der Mercedes-Benz-Arena Foto: dpa

Um die Polizei zu entlasten, prüfen die Innenminister von Bund und Ländern eine Reduzierung des Gästekarten- Kontingents bei risikoarmen Spielen in der Fußball-Bundesliga. Und was halten Fans und die Polizei selbst davon?

Koblenz/Stuttgart - Die Belastung für die Polizei rund um Fußballspiele in Deutschland ist seit Jahren hoch. Aus diesem Grund will Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) die Gästekarten-Kontingente auch bei jenen Partien der Fußball-Bundesliga reduzieren, die keine Hochrisikospiele sind. Ein Sprecher des nordrhein-westfälischen Innenministeriums sagte zwar, Jäger gehe es lediglich um Spiele an zwei bestimmten Feiertagen – am 1. Mai und 3. Oktober.

Zuvor hatte es allerdings anderslautende Medienberichte gegeben. Demnach beinhalte Jägers Vorschlag, dass die Zahl der verfügbaren Gästetickets von der nächsten Saison an generell gesenkt werden soll, sofern nicht genügend Einsatzkräfte zur Verfügung stünden.

Jäger präsentiert seinen Vorschlag bei der Innenministerkonferenz

Was nun genau das Ergebnis der Arbeitsgruppe unter der Führung von Jäger ist, wird die Innenministerkonferenz erfahren. Im Anschluss beraten die Teilnehmersoll darüber. Das Treffen der Innenminister von Bund und Ländern findet an diesem Donnerstag und Freitag in Koblenz statt.

Bisher stehen den Fans des Gastvereins zehn Prozent aller Eintrittskarten zu. Vor dieser Saison hatte die Innenministerkonferenz aber bereits vereinbart, dass bei Hochrisikospielen aus Sicherheitsgründen weniger Karten an Gästefans verkauft werden dürfen – zuletzt war dies beim Revierderby zwischen Borussia Dortmund und dem FC Schalke 04 der Fall. Von Jägers neuen Plänen wären allerdings auch Partien betroffen, die in der Vergangenheit friedlich verliefen und daher als risikoarm gelten.

Gall will eine Reduzierung der Kontingente allenfalls bei Risikospielen

Der baden-württembergische Innenminister Reinhold Gall (SPD) steht der Idee seines Kollegen aus Nordrhein-Westfalen deshalb skeptisch gegenüber. „Die Kontingentierung von Gästekarten halte ich bei ausgewählten Risikospielen lageorientiert für eine geeignete Maßnahme, um mehr Sicherheit bei Fußballspielen zu erreichen“, sagte Gall unserer Zeitung. Er befürworte aber, die Kontingentierung „nicht schematisch“ anzuwenden.

Lediglich wenn an den beiden Feiertagen besondere Risikospiele stattfinden und womöglich wegen anderer besonderer Lagen nur eine begrenzte Zahl an Einsatzkräfte bereitstehen würden, könne eine Kontingentierung sinnvoll sein. „Das sollte aber stets im Einzelfall entschieden werden“, sagte Gall.

Gewerkschaft der Polizei ist gegen den Vorstoß – und fordert mehr Personal

Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) lehnt eine allgemeine Kontingentierung von Gästekarten bei Bundesligaspielen ab. „Das wäre eine Bankrotterklärung der Sicherheitspolitik“, sagte der stellvertretende GdP-Bundesvorsitzende Arnold Plickert: „Es kann nicht sein, dass Fußballanhänger pauschal für die Personaleinsparungen bei der Polizei bestraft werden. So kann man der wenigen Gewalttäter nicht Herr werden.“ Das Vorhaben beweise, wie berechtigt die Forderungen der Gewerkschaft nach mehr Personal bei der Polizei seien.

Johannes Mäling, Herausgeber des Online-Magazins „Faszination Fankurve“, fürchtet durch den Vorstoß des NRW-Innenministers, dass die Stimmung in den Arenen leiden könnte. Er hat deshalb eine Petition zum Erhalt der Zehn-Prozent-Regelung gestartet. Ihr Titel lautet: „Hände weg vom Gästekontingent!“ In der Begründung heißt es: „Die reisefreudigen Gästefans haben einen erheblichen Anteil an der guten Atmosphäre, die in den deutschen Stadien herrscht.“ Genau dafür werde Deutschland in vielen Ländern beneidet.

Wenn die Innenministerkonferenz den Plänen der Arbeitsgruppe um Jäger zustimmen würde, müssten danach Gespräche mit Vertretern des Deutschen Fußball-Bunds (DFB) und der Deutschen Fußball-Liga (DFL) geführt werden.

In der Bundesliga ging die Zahl der Einsatzstunden zuletzt zurück

Die Belastung der Polizei durch Einsätze rund um Fußballspiele in den ersten fünf Ligen ist seit Jahren auf einem hohen Niveau. In der Bundesliga ging die Zahl der Einsatzstunden zuletzt aber zurück.

Wie aus dem Jahresbericht der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) in Duisburg hervorgeht, absolvierten die Beamten bundesweit rund um die Partien der ersten Liga 573 930 Einsatzstunden. In der Saison 2013/14 waren es noch 654 457 Einsatzstunden gewesen.