Maddies Eltern suchen seit 13 Jahren nach ihrer verschwundenen Tochter. Foto: dpa/John Stillwell

Die Geschichte der bei einem Urlaub in Portugal verschwundenen Maddie ist unzertrennlich mit der britischen Boulevardpresse verknüpft. Ob die mediale Aufmerksamkeit dazu beitrug, den Fall zu lösen oder es schwerer machte, ist so ungewiss wie das Schicksal des Mädchens.

London - Als die drei Jahre alte Britin Maddie McCann am 3. Mai 2007 aus ihrem Bett in einer Ferienwohnung im portugiesischen Praia da Luz verschwand, dauerte es nicht lange, bis der kleine Ort von Journalisten überrannt wurde. Es war Vater Gerry, ein Mediziner aus Schottland, der die professionelle PR-Maschinerie in Gang gesetzt hatte, damit seine Tochter nicht aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwindet. Noch heute geben die McCanns die Hoffnung nicht auf, ihre Tochter lebend zu finden: „Aber was immer das Ergebnis sein wird: Wir müssen es wissen, denn wir müssen Frieden finden.“

Britisches Überlegenheitsgefühl in der Berichterstattung

Bei der portugiesischen Polizei soll der Medienrummel von Anfang an für Befremden und Misstrauen gesorgt haben. Verstärkt wurde das umso mehr, als die britischen Zeitungen mit angelsächsischem Überlegenheitsgefühl über die angeblich dilettantischen Ermittler aus dem südeuropäischen Land berichteten. Mutter Kate und Vater Gerry McCann standen plötzlich selbst unter Verdacht. Wieso haben sie Maddie und ihre beiden jüngeren Geschwister allein im Appartement gelassen, als sie in einem nahe gelegenen Restaurant mit Freunden zu Abend aßen? Die Ermittler gingen davon aus, dass ein Unfall passierte und die Eltern die Leiche von Maddie verschwinden ließen.

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Die Story über die vermisste Madeleine - so ihr richtiger Name - fiel in eine Zeit, als die britischen Medien zügelloser waren denn je. Britische Journalisten hörten Telefone ab, um an Informationen über Prominente und Verbrechensopfer zu kommen. Die inzwischen eingestellte „News of the World“ veröffentlichte Tagebucheinträge von Kate McCann aus der Zeit der Entführung ohne deren Zustimmung - und musste sich öffentlich dafür entschuldigen. Auch die „Sunday Times“ wurde von dem Ehepaar verklagt, weil sie berichtete, die beiden hätten Informationen über das Verschwinden Maddies zurückgehalten.

Die McCanns waren eine Gelddruckmaschine für die Boulevardpresse

Für die britische Boulevardpresse waren die McCanns eine Gelddruckmaschine, auch weil die Familie vorzeigbar ist - beide Elternteile Ärzte, erfolgreich, katholisch, attraktiv. „Wenn Kate dick, pickelig und alt wäre, würden sie nicht all diese Zeitungen verkaufen“, zitierte das Magazin „Vanity Fair“ eine Schwägerin.

Mehr als eine Million Pfund an Schmerzensgeld und Entschädigungszahlungen an die McCanns und ihre Freunde flossen in die Stiftung, die das Paar gegründet hatte. Mit der Stiftung wollten sie die Suche nach ihrer Tochter finanzieren. Nichts ließen sie unversucht: Privatdetektive, Besuch beim Papst, ein Gespräch mit US-Talkmeisterin Oprah Winfrey - alle Hebel wurden in Bewegung gesetzt, um auf das Schicksal ihrer Tochter aufmerksam zu machen.

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Es war rückblickend wie eine Achterbahnfahrt der Gefühle: Erst die Unterstützung für die Familie, dann die schweren Anschuldigungen gegen sie und inzwischen ein respektvollerer Umgang der britischen Medien mit ihnen. Mutter Kate gab ihren Job als Medizinerin auf, um sich mehr um ihre Familie und um die Suche nach Maddie zu kümmern.

Wichtigste Spur aus Deutschland

Die Eltern betrachten die jüngsten Hinweise aus Deutschland als die wohl wichtigste Spur in den vergangenen 13 Jahren. Eine Schlammschlacht in den britischen Medien gibt es nicht mehr. Im Fokus der Berichterstattung steht nun der verdächtige 43-Jährige aus Deutschland, der in der britischen Presse mit vollem Namen genannt wird. Etwa 400 Hinweise sind in den vergangenen Tagen bei den britischen Ermittlern eingegangen. Sie gehen weiter von einem Vermisstenfall aus. Die Beamten in Deutschland halten Maddie für tot.

Zum 10. Jahrestag von Maddies Verschwindens gaben die Eltern dem Sender BBC ein Interview. Noch immer kaufe sie Geschenke für ihre Tochter zum Geburtstag und zu Weihnachten, sagte Kate McCann. „Ich denke natürlich darüber nach, wie alt sie ist und dass es angemessen ist für sie, wann immer wir sie finden. Also darüber wird viel nachgedacht.“ Die Jahrestage und der Geburtstag seien „bei Weitem am schwersten“ zu ertragen, sagte Gerry McCann. Beide Daten liegen im Mai. Maddie wäre jetzt 17 Jahre alt - falls sie noch leben sollte.