Die kleine Lara steht im Zentrum einer Familientragödie – und jetzt auch eines medialen Gewitters. Foto: Thomas Karzelek


Polen gegen Deutsche, Deutsche gegen Polen, Mütter gegen Väter und umgekehrt: Im Internet wird gezielt Stimmung gemacht, aber kaum einer fragt, was das beste für Lara wäre. Das müssen jetzt – endlich – die Gerichte übernehmen.

Ditzingen - Der Fall Lara polarisiert. Seit den ersten Gerichtsverhandlungen wird öffentlich diskutiert, wer hier der Böse ist. Der Vater? Die Mutter? Beide, weil sie ihr eigenes Wohl über das Wohl eines Kindes stellen und diesem die Kindheit rauben? Vielleicht sogar ein ganzes Leben rauben, weil sich kaum voraussagen lässt, welche Traumata das Mädchen erlitten hat? Es drängt sich jedoch der Eindruck auf, dass viele, die jetzt im Internet und anderswo ihre Meinung verbreiten, persönliche Motive verfolgen. Da gibt es eine Ex-Freundin mit eigenen Interessen. Da gibt es Väter, die offenbar schlechte Erfahrungen mit Müttern gemacht haben. Da gibt es Mütter, die alle Väter anklagen und zu stumpfsinnigen Einsichten gelangen wie jener, dass Kinder einfach immer zur Mutter gehören. Da wettern Polen gegen Deutsche und Deutsche gegen Polen. Und kaum jemand fragt: Was wäre das Beste für Lara?

Es geht nicht um den Vater oder die Mutter, es geht um das Kind

Die Frage ist schwer zu beantworten, aber es ist die einzige Frage, die jetzt noch Gewicht haben sollte. Es geht nicht um den Vater, die Mutter, es geht um das Kind. Unsere Zeitung hat immer gewürdigt, dass Thomas Karzelek, der Vater, das Sorgerecht für Lara hat – deswegen wurde die Mutter rechtlich gesehen zur Täterin und Karzelek zum Opfer. Es ist nicht unsere Aufgabe zu beurteilen, ob er diese Position mit seiner Rückholaktion verspielt hat. Die Gerichte, ob in Polen oder in Deutschland, haben in diesem Fall nie eine gute Figur abgegeben. Die Deutschen wirkten untätig, die Polen parteiisch. Trotzdem bleibt es allein Aufgabe der Justiz zu entscheiden, ob Karzelek noch immer Opfer oder nun auch Täter ist.

Unserer Zeitung wird von manchen vorgeworfen, nicht neutral zu sein, sondern auf der Seite des Vaters zu stehen. Tatsächlich räumen wir den Aussagen von Karzelek viel Platz ein, aber wir würden der Mutter oder den polnischen Behörden ebenso viel Platz einräumen, wenn sie denn mit uns sprechen würden. Es geht nicht darum, auf einer Seite zu stehen. Im Rechtsstaat gilt das Recht, und auch rein rechtlich zählt jetzt nur noch eins: das Wohl des Kindes.