Mit Tablet und Lupe gehen Kinder in Bad Urach auf Entdeckertouren Foto: Kurverwaltung Bad Urach

In Bad Urach auf der Schwäbischen Alb können Kinder auf spannenden Entdeckertouren die Geschichte der Stadt erkunden.

Bad Urach - Wir schreiben das Jahr 1481. Konrad, ein kleiner Junge aus ärmlichen Verhältnissen, lebt mit seiner Mutter und seinem Vater in einem kleinen Dorf bei Urach auf der Schwäbischen Alb. Eines Tages fehlt im Dorf eine Fuhre Holz, Konrads Vater Veit wird als Täter verdächtigt und ins Gefängnis geworfen. Weil der Junge aber fest an die Unschuld seines Vaters glaubt, macht er sich heimlich und ganz alleine auf den Weg ins beschauliche Städtchen Urach, um dort Beweise für die Unschuld zu sammeln. „Sei wachsam wie ein streunender Hund!“, ermahnt der Erzähler.

So beginnt die Stadttour Nr. 1 „Rette Konrads Vater vor dem Galgen!“ in der Entdeckerwelt Bad Urach. Mit handlichen Mini-Computern und einer kleinen Karte ausgerüstet, auf der die einzelnen Stationen eingezeichnet sind, können Kinder zwischen etwa sieben und 13 Jahren mit ihren Eltern oder Großeltern eine ungefähr einstündige Tour durch Bad Urach unternehmen. Dabei lernen sie an insgesamt neun Stationen allerhand Interessantes über die Stadt und das Leben in der damaligen Zeit kennen. An jedem einzelnen Punkt wie etwa dem Schlosshof, der Linde im Mönchshof, dem Beginenhaus oder einem winzigen, schiefen Altstadthaus aus der Mitte des 18. Jahrhunderts mit einer Höhe von gerade einmal 1,55 Metern ist ein kleines Schild mit einem QR-Code angebracht. Dieser wird mit Hilfe des Tablets gescannt, und schon geht die Geschichte um Konrad in Form eines Hörspiels weiter, das ebenfalls übers Tablet abgespielt wird. Der Erzähler macht die Kinder auch auf kleine Details wie etwa ein Wappen oder einen Torbogen aufmerksam, bevor es dann zur nächsten Station weitergeht.

Lebendig und anschaulich wird erzählt, wie der kleine Konrad auf einem Fuhrwagen versteckt nach Urach gelangt und wie ihn die kleine Luise gerade noch rechtzeitig vor seiner Entdeckung rettet. Luise ist es auch, die Konrad einiges über den Grafen Eberhard im Bart erzählt, der damals in Urach lebte und häufig launige Feste auf dem Schloss feierte. Es ist die Zeit, in der auch die stattliche Kirche St. Amandus nur wenige Gehminuten vom Rathaus entfernt gebaut wurde. Schreiner, Dachdecker und Steinmetzen hämmerten, sägten und meißelten damals in der mittelalterlichen Stadt.

Der Gestank ist fast zu riechen

Die Kinder – aber auch die Erwachsenen – lernen während der Tour, wie die Beginen lebten und den Menschen halfen und wie schnell ein Mensch aus armen Verhältnissen schon damals durch pure Vermutungen einer Straftat beschuldigt werden konnte. Während der Tour scheint man aber auch förmlich den Gestank zu riechen, der in jener Zeit durch die dunklen und schmutzigen Gassen zog, den Lärm aus den Schänken und Wirtshäusern zu hören, der die abendliche Luft erfüllte. Auch als ein Gaukler in die Stadt kommt und sein Kompagnon Werbung für ihn macht, fühlt man sich sofort in die Zeit des kleinen Konrad zurückversetzt.

Außer der Stadttour um Konrad gibt es noch eine Tour durch die Bad Uracher Innenstadt, die mit der Geschichte um Emilies rätselhaftes Verschwinden verknüpft ist. Diese spielt im 17. Jahrhundert. Eine dritte, etwas längere Tour führt durch den Wald und beschäftigt sich mit dem Thema Wasser.

Nach den Touren kehrt man zum Ausgangspunkt, dem kleinen Museum Entdeckerwelt zurück und findet dort direkt die nächste Aufgabe. Hier gilt es ein Rätsel zu lösen, das mit der jeweiligen Tour zu tun hat und dessen Start und Handhabung ebenfalls mit Hilfe des Mini-Computers zu machen ist. Zur Rätsellösung sind spannende Themen angesagt: Flora und Fauna, Mensch und Umwelt, Wasser und Gesundheit, Rohstoffe und Bauen, Handel und Bildung.

Nach der Tour geht es in die Entdeckerwelt

Ob man das Rätsel vor oder nach der Tour angeht, bleibt jedem selbst überlassen. Einerseits bekommt man im Museum wichtige Tipps durch die Bildertafeln und kann hinterher das Rätsel schneller lösen. Andererseits ist gerade bei schönem Wetter der Drang, nach draußen zu gehen, größer.

Mit der im Sommer 2015 eröffneten Entdeckerwelt hat sich Bad Urach einen neuen Anziehungspunkt für Kinder ausgedacht. In der Ausstellung selbst wird anschaulich das Leben in der damaligen Zeit erklärt: Wie krank der Müll in Form von Kadavern oder Essensresten die Menschen machte, unter welch harten Bedingungen die Gerber arbeiten mussten, wie das Schulsystem aufgebaut war und wer unfreiwillig ins Kloster gesteckt wurde. „Wir wollten in Bad Urach etwas für Kinder anbieten, das sie spielerisch und gleichzeitig spannend mit der Geschichte vertraut macht“, sagt Larissa Mack vom Museum. Mit der Entdeckerwelt ist das eindeutig gelungen, denn auch wenn das Ganze mit Hilfe eines Tablets vor sich geht und gerade weniger technikaffine Eltern möglicherweise skeptisch sein könnten: Das Ganze funktioniert auch deshalb so gut, weil der kleine Computer die tollen und spannenden Geschichten sehr lebhaft und real erzählt und viel Leben darin steckt – und die Kinder trotz allem aktiv sein müssen.

Infos

Entdeckerwelt Bad Urach

Adresse: Bismarckstraße 21, 72574 Bad Urach, Telefon 0 71 25 / 94 32 - 30, www.badurach-entdeckerwelt.de

Öffnungszeiten: Sommer (1. April bis 31. Oktober): Mo–Fr 10.30 bis 16 Uhr, Sa, So und Feiertag 9 bis 17 Uhr. Winter (1. November bis 31. März): Mi–So 10.30 bis 16 Uhr, Mo/Di Ruhetag. Während der Schulferien ist die Entdeckerwelt Mo–So von 9 bis 17 Uhr geöffnet.

Eintritt: Der Eintritt in die Entdeckerwelt in Bad Urach mit einer oder mehreren Touren wird pro ausgeliehenem Tablet berechnet. Ein Tablet-Ausleihtag kostet sechs Euro (mit Gästekarte fünf Euro), für Gruppen ab sechs Tablets gilt der ermäßigte Preis. Der Besuch der Ausstellung ist kostenlos. (cb)