Reinhard Rademacher hat die Ausstellung in einer Montur eröffnet, die den keltischen Gebräuchen nachempfunden ist. Foto: Horst Rudel

Beim Blick aus dem Flugzeug ist mehr erkennbar. Deshalb gehen die Göppinger Archäologen auf der Suche nach Keltensiedlungen regelmäßig in die Luft.

Kreis Göppingen - Die Zeiten, in denen Grabräuber einen schwungvollen Handel mit „Alterthümern der heidnischen Vorzeit“ betrieben, wie seinerzeit der Göppinger Polizeidiener Christoph Aberle, sind wohl längst vorbei. Spätestens seit dem 20. Jahrhundert haben Archäologen im Kreis Göppingen ein wachsames Auge auf die bekannten Fundstätten, an denen vor allem immer wieder keltische Schätze geborgen werden. Einen Überblick darüber bietet jetzt die Ausstellung „Überraschend keltisch“ im Foyer des Göppinger Landratsamtes. Aufgebaut wurde die Schau aus Anlass des 80-jährigen Kreisjubiläums, das in diesem Jahr gefeiert wird.

Handelsbeziehungen unterhielt man quer durch Europa

Meistens werden Archäologen gerufen, wenn bei Bauarbeiten Tonscherben, Münzen oder Ähnliches auftauchen. Das war in den beiden vergangenen Jahren bei Aushubarbeiten für die neue B-10-Trasse bei Kuchen der Fall.

Hier bargen die Archäologen aus dem Grab einer reichen Dame Fragmente eines seltenen blauen Glasarmrings, der mit weißen Wellenfäden verziert ist, sowie eine typisch keltische Potinmünze aus dem heutigen Lothringen, die ein Herrscherporträt auf der Vorderseite und ein Eber auf der Rückseite ziert. Und zusammen mit den Keramikscherben, die dank des aus Bayern damals importierten Graphits bis heute silbrig glänzen, belegen sie die regen Handelsbeziehungen, die man schon zu Zeiten der Kelten vom Filstal aus quer durch Europa pflegte.

Beim Blick aus dem Flugzeug ist mehr erkennbar

Manchmal setzen sich die Archäologen auch ins Flugzeug, um beim Blick von oben fündig zu werden. Solche gezielten Überfliegungen haben auch im Kreis Göppingen immer wieder zu Entdeckungen geführt. Vom Boden aus sind manche Befestigungen kaum noch erkennbar, weil deren Überreste von den Landwirten über Jahrhunderte immer weiter untergepflügt und abgetragen wurden, erklärt der Leiter der Kreisarchäologie, Reinhard Rademacher. Schöne Beispiele präsentiert die Ausstellung beispielsweise mit dem winterlichen Luftbild einer Viereckschanze bei Hohenstadt, die eine quadratische Wallanlage auf einer Waldlichtung zeigt.

Der Ausstellungstext erklärt, dass diese auch Viereckschanzen genannten Anlagen in spätkeltischer Zeit von etwa 800 vor Christus bis zur Geburt Jesu der damaligen Führungselite als regionale Herrschaftssitze dienten. Diese Herrenhöfe, wie sie auch im Mündungsgebiet von Fils und Lauter zwischen Süßen und Gingen entdeckt worden sind, waren durch Gräben und palisadenbewehrte Wälle samt Toren geschützt. Im Inneren befanden sich Wohn- und Wirtschaftsgebäude, ein Brunnen und der heilige Bezirk. Zusammen mit Einzelhöfen und ganzen Hofgruppen formierten sich diese Herrenhöfe zu regionalen Zentralorten. Allein im Gingener Gewann Ösch sind elf solcher Ansiedlungen bekannt, berichtet Rademacher.

Die Ausstellung ist bis April zu sehen