Lynn Hazlewood von „The English Tearoom“ hat in ihrem Showroom eine Teeverkostung veranstaltet. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Beim Cream Tea-Workshop in Lynn Hazlewoods English Tearoom sind nicht nur Scones, sondern auch der Brexit ein Thema gewesen.

Stuttgart - Weiß auf schwarz prangt es neben der Eingangstür: „Forget brexit! Let’s bake scones“ hat Lynn Hazlewood auf eine Tafel geschrieben. Gibt sie doch heute in der Teestube des English Tearooms, den sie mit im Heusteigviertel führt, einen Workshop. Zehn Besucherinnen und ein Besucher lassen sich in dem Showroom in das britische Ritual einweihen, das auch als Devonshire Tea, Devon Cream Tea oder Cornish Cream Tea bekannt ist.

Und Scones, die Lynn vor allen backt, gehören dazu wie Jam, genauer rote Beerenmarmelade, beste Clotted Cream, also Streichrahm aus gebackener Sahne, sowie erstklassiger Schwarztee. „Ganz einfach“, schmunzelt Lynn, und erklärt kurzweilig, wie die Portugiesen Tee von Asien nach Europa brachten, dieser im 17. Jahrhundert mit Charles II nach England kam – und zum letzten Schrei wurde. Als solchen feierten manche zur kontinentaleuropäischen Mitternacht beziehungsweise 23 Uhr britischer Zeit den Brexit auf dem Londoner Parliament Square.

Müde von dem Hin und Her

Lynn Hazlewood ärgert das. „Heute sprechen sie im britischen Radio von Befreiungstag. Für mich ist es ein trauriger Tag.“ Das war auch der 24. Juni 2016: Auf dieses Datum fiel der „National Cream Tea Day“, der jährlich in Großbritannien begangen wird. Ihr Mann Christian und sie hatten den neuen Showroom fertig, wollten ihn fröhlich einweihen. Aber das Brexit-Referendum warf einen Schatten darüber. Nun, über dreieinhalb Jahre danach, verlassen die Briten die Europäische Union. Darum geht es auch am Tisch, während Lynn verschiedene Teesorten zum Tasting vorbereitet – allesamt eigene Blends, also Mischungen der Hazlewoods, serviert in traditionellem, handgemachten Burleigh Teegeschirr.

Der Brexit wird bedauert, aber begrüßt, dass nun immerhin was passiere. „Ich bin etwas zwiegespalten“, heißt es da. „Jetzt ist die Frage, wie die Beziehung zu Europa weitergehen.“ Keiner, der weg wolle, könne eben gehalten werden. „Man war schon etwas müde angesichts des Hin und Her, nun kommt es auf die weiteren Gespräche an.“ Der junge Mann betont, dass man nicht die Vorteile der EU haben könne, ohne auch Verantwortung zu tragen. „Es kann keinen Zugang zum größten Binnenmarkt geben, wie ihn Mitgliedstaaten haben; halb drin, halb draußen geht nicht.“

Wie geht es mit britischen Waren weiter?

Irgendwie hätten sich die Briten nie richtig der EU, damit dem Kontinent zugehörig gefühlt, wird angemerkt. Alle stimmen zu, dass Großbritannien ein wunderbares Land sei, wenn auch kostspielig. „Werden nun Städtetrips womöglich teurer“, fragt sich jemand. Und: „Kann man jetzt nur noch mit Reisepass nach England!“ Auch über die Gefahr, dass sich die Standards, die die EU in Sachen Umwelt oder Arbeitsrecht gesetzt habe, auf der Insel nun ändern könnten, wird gesprochen. Und das womöglich andere Länder folgen könnten. „Die Probleme können wir nur gemeinsam lösen, aber ich glaube, das ist nun allen klar“, so eine junge Frau. „Bis Ende des Jahres bleibt erst mal alles beim Alten.“

Auch Lynn Hazlewood überlegt, wie es etwa mit dem Import, damit dem Zoll auf britische Waren weitergeht. Darunter könnten vor allem kleinere, traditionelle Unternehmen, die auf Handarbeit und Nachhaltigkeit setzen, leiden. Wie eben Geschirrhersteller Burleigh oder Rodda’s in Cornwall mit seinen regionalen Farmern. Von letzterem bezieht sie die Clotted Cream, die sie nun bevorratet hat. Alle lassen sie sich auf Himbeermarmelade und den Scones, dessen Teigherstellung sie zuvor miterlebten, schmecken. Das Leben geht schließlich weiter. Wie lautet noch das Motto des Workshops? „Keep calm and eat cream teas.“