Das Stadtteilhaus wird von der Evangelischen Gesamtkirchengemeinde, der Leonhardsgemeinde und der Stadt gefördert. Foto: Cedric Rehman

Senioren einer im Stadtteilhaus Stuttgart-Mitte gegründeten Gruppe vernetzen sich mit Hilfe einer Telefon-App. Andere Angebote der Einrichtung sollen digital zur Verfügung stehen.

S-Mitte - Das Handy piept im Hintergrund, während Angelika Haigis von dem Projekt „Gemeinsam statt einsam älter werden“ erzählt. Das Projekt hat im Januar im Stadtteilhaus Mitte an der Christophstraße seinen Anfang genommen. Zunächst zwei, dann sechs Stuttgarter aus dem Bezirk Mitte haben sich mehrmals zum Brunch verabredet und Freizeitaktivitäten geplant.

Einige Wochen sind die Treffen bei Kaffee und Frühstück her. Aber die Welt ist seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie eine andere geworden. „Wir waren gerade noch dabei, Veranstaltungen zu planen und dann wurde alles dicht gemacht“, erzählt Haigis.

Mitglieder kommunizieren mit App

Die Gruppe lässt sich von dem Virus nicht entmutigen. Sie nutzt nun die Kommunikationsapp Signal, um miteinander in Kontakt zu bleiben. Signal funktioniert ähnlich wie die geläufigere Anwendung Whatsapp. Gerade jetzt sei die einfache Kommunikation mit dem Smartphone ein Segen, erklärt Haigis. Sie habe vor Kurzem eine Bronchitis auskuriert, erzählt die 68-Jährige. Sie befolge deshalb die Anweisungen, soziale Kontakte zu meiden, um sich tunlichst nicht mit der neuen Lungenerkrankung zu infizieren, meint Haigis. „Wegen der Bronchitis musste ich schon eine Weile zu Hause bleiben. Wenn mir jetzt die Decke auf den Kopf fällt, kann ich mit jemand sprechen“, sagt sie.

Haigis hat Familie in Stuttgart. Auch bei den anderen in der Gruppe handele es nicht um Senioren, die ohne Familie oder Freunde in der näheren Umgebung zu vereinsamen drohen, berichtet sie. „Meine Kinder und ihre Enkel haben aber ihren eigenen Rhythmus. Mir war es wichtig, Leute kennenzulernen, die wie ich etwas unternehmen wollen“, sagt sie. Außerdem schwebt der Gruppe ihr zufolge eine digitale Form der Nachbarschaftshilfe vor. „Wenn jemand ein Problem mit dem Handy hat, muss er dann nicht gleich die Jüngeren in der Familie fragen“, sagt Haigis.

Gruppe ist offen für neue Mitglieder

Das Virus verändert nun den Zweck des Netzwerks. Wer in der erzwungenen Isolation Lust auf Austausch hat, schreibt eine Nachricht in der Signalgruppe. Dann piept bei Angelika Haigis und den anderen Mitstreitern das Handy. Noch gehe es nicht um Hilfe in Notlagen, betont sie. Denn alle Mitglieder der Gruppe kämen mit den derzeitigen Einschränkungen des öffentlichen Lebens zurecht, schildert Haigis. „Wir sind alle fit und können uns selbst versorgen“, sagt sie.

Sollte die Situation sich aber verschärfen, könnte das Netzwerk zumindest Unterstützung vermitteln. „Wir wollten ohnehin mehr Menschen gewinnen und wir sind ausdrücklich offen für Menschen, die jetzt Hilfe brauchen“, sagt Haigis. Sollte die Krise ausgestanden sein, werde die Planung für gemeinsame Freizeitaktivitäten fortgesetzt, erklärt sie. „Aber das ist ja im Moment nicht absehbar“, sagt Haigis.

Angebote sollen digital werden

Auch das Büro im Stadtteilhaus Mitte ist noch besetzt, auch wenn Veranstaltungen abgesagt sind. Angelika Hantke vom Lehn erzählt, dass ihr Team derzeit versuche, einige Angebote mit Hilfe des Internets fortzusetzen. Sie nennt den Klavier- und Musikunterricht als Beispiel. Dieser werde in digitaler Form mit der für Videoübertragungen nutzbaren Kommunikationsanwendung Skype fortgesetzt, berichtet sie. Auch für die Hausaufgabenhilfe werde eine solche Lösung überlegt, meint Hantke vom Lehn. „Wir sind dabei, Lösungen zu finden“, sagt sie.

Das von der Leonhardsgemeinde Stuttgart, der Evangelische Gesamtkirchengemeinde Stuttgart und der Stadt geförderte Stadtteilhaus wurde vor 20 Jahren eröffnet. Feiern zu planen, sei derzeitig schwierig, meint Hantke vom Lehn. Eine Matinee am Sonntag, 29. März, wurde abgesagt und auf die Vorweihnachtszeit verschoben. Ob es zwei weitere geplante Veranstaltungen im Sommer und Herbst geben wird, ist unklar. Das gilt auch für das Bewegungsprojekt für Kinder „Kids in Motion“. Es sollte Ende April beginnen.. Die gute Nachricht ist für sie, dass die Nachbarschaftshilfe dank digitaler Kommunikation neue Formen annehmen kann.