Investoren brauchen klare Vorgaben: Windrad-Montage im südbadischen Freiamt Foto: Foto: dpa

Große Energiekoalition im Landtag: Bund und Ländern ist es nach Ansicht von CDU, Grünen und SPD gelungen, die Energiewende bezahlbar zu machen, ohne sie abzuwürgen. Ganz zufrieden sind die Grünen damit allerdings nicht.

Stuttgart - Ministerpräsident Winfried Kretschmann hält den am 1. April in Berlin erzielten Energiekompromiss für akzeptabel – sofern der Bund seine Zusagen einhält. Die kurz danach vom Bundeskabinett beschlossene Reform des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) falle nämlich in wichtigen Teilen hinter die den Ländern gegebenen Zusagen zurück, sagte Kretschmann in einer Regierungsinformation im Landtag.

Der Grünen-Politiker nannte als Beispiel die vereinbarten Vorteile für jene Gewerbebetriebe, die den selbst produzierten Strom selbst verbrauchen. Der Gesetzentwurf sehe nun aber Sonderregelungen für Industriebetriebe vor, die zulasten von Handwerk und Privathaushalten gingen.

Baden-Württemberg behält sich auch vor, weitere Änderungen am EEG über den Bundesrat durchzusetzen. Kretschmann: „Einen Deckel von 45 Prozent im Jahr 2025 halten wir für zu niedrig gegriffen, wir trauen den Erneuerbaren mehr zu.“

Gänzlich unzufrieden ist er auch mit dem Stichtag 23. Januar 2014: Investoren, die noch von der alten, höheren EEG-Förderung profitieren wollen, müssen ihre Windräder bis zu diesem Datum genehmigt bekommen haben. Zu früh, meint Kretschmann, denn damit bestrafe man diejenigen, die auf fortbestehende Rahmenbedingungen vertraut hätten.

Dennoch zeigt er sich alles in allem mit dem Kompromiss einverstanden. Er gebe endlich einen Rahmen vor für die Zukunft der erneuerbaren Energie. Die Kostenentwicklung sei damit bis 2017 stabilisiert, und auch die Gefahr, dass von den vereinbarten Fördermitteln für den weniger windreichen Südwesten nichts mehr übrig bleibt, sei abgewendet. Vor allem aber werde der Ausbau der Ökostromerzeugung nun überhaupt fortgesetzt anstatt gebremst.

Grundsätzlich zufrieden mit dem Kompromiss zeigten sich auch die Fraktionen von CDU, SPD und Grünen. Allerdings müsse man noch stärker darauf achten, dass die Energiewende bezahlbar bleibe, mahnte Paul Nemeth (CDU). Jedes Unternehmen halte beim EEG die Hand auf, so dass der Strompreis durch die Decke gehe. Das Gesetz sei erst dann ein Erfolg, wenn es überflüssig sei und die erneuerbare Energie sich am Markt behaupte.

SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel hält die Berliner Einigung für wertvoll, denn sie biete der Wirtschaft Verlässlichkeit: „Die SPD findet sich in den großen Linien wieder.“ Grünen-Fraktionschefin Edith Sitzmann bekräftigte, das Land könne sein Ziel erreichen, bis 2020 zehn Prozent des Stroms aus Windkraft zu erzeugen.

Lediglich die FDP vertrat eine völlig andere Auffassung. „Die Energiewende in Deutschland steht vor dem Scheitern“, sagte Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke und führte hohe Strompreise und mangelnde Versorgungssicherheit ins Feld. Erst müsse es gelingen, das Netz zu erweitern und Speicherkapazität zu schaffen, dann könne man auch wieder Strom produzieren. So aber werde die Energiewende zur sozialen Frage.

Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) hielt mit dem Argument dagegen, der Strompreis sei zwischen 2002 und 2010 um 45 Prozent gestiegen – lange vor der Energiewende. Wind- und Sonnenkraft seien keine Kostentreiber. Um auch im Winter die Versorgung zu gewährleisten, seien aber Anreize für den Bau konventioneller Kraftwerke notwendig.

Unterdessen wandten sich die Grünen gegen Überlegungen der Bundesnetzagentur, zur Stromversorgung Süddeutschlands den französischen Atomreaktor Fessenheim einzukalkulieren. Mehrere Medien hatten aus einem Bericht der Behörde zitiert, wonach dank Fessenheim der bayrische Kernreaktor Grafenrheinfeld früher als geplant vom Netz gehen könne. Die Freiburger Grünen-Bundestagsabgeordnete Kerstin Andreae hingegen sagte, auch ohne Fessenheim drohe dem Land kein Blackout.