Die Heizölpreise ziehen wieder an. Viele Verbraucher fragen sich, wann der beste Zeitpunkt ist, den Öltank komplett zu füllen. Experten verweisen auf lange Lieferzeiten.
Nicht nur Gasverbraucher, auch Heizölkunden müssen tiefer in die Tasche greifen. Dass der Preisanstieg beim Heizöl nicht ganz so extrem wie beim Gas ausfällt, dürfte für Heizölkäufer nur ein schwacher Trost sein. Nach Berechnungen des Vergleichsportals Verivox hat sich Heizöl innerhalb eines Jahres um rund 114 Prozent verteuert, bei Gas waren es 235 Prozent. Kostete leichtes Heizöl zum Start der Heizsaison im September 2022 rund 158 Euro pro 100 Liter, waren es vor einem Jahr im Mittel etwa 74 Euro pro 100 Liter. Für einen Durchschnittshaushalt – eine Familie mit einem Verbrauch von 2000 Litern Heizöl im Jahr – ist das eine deutliche Mehrbelastung: Die gleiche Menge Heizöl kostet damit 3180 Euro statt 1480 Euro.
Und die Heizölpreise ziehen weiter an. Am Donnerstag kosteten 100 Liter Heizöl in Deutschland durchschnittlich mehr als 163 Euro für eine Standardlieferung (bei 3000 Liter). Nach Erhebungen des Öl- und Heizöldienstleisters Easyoil sind das fast zehn Euro mehr als zu Wochenbeginn. In Baden-Württemberg lag der Preis sogar höher.
Der russische Angriff auf die Ukraine hat laut Experten die weltweiten Energiemärkte nachhaltig verändert. Vor dem russischen Angriff lag der Heizölpreis bei rund 100 Euro je 100 Liter, nach dem Angriff dann kurzfristig sogar bei 200 Euro, sank dann aber wieder. Man habe es mit einer Sondersituation zu tun, sagt der Geschäftsführer des Vergleichsportals Heizoel24, Oliver Klapschus. Die fehlenden Gaslieferungen aus Russland wirkten sich auch auf die Ölpreise aus. Viele Betriebe stellten von Gas auf Öl oder Gasöl um, was die Nachfrage nach Öl und damit die Preise treibe. Auch die Währungsentwicklung habe Einfluss: Weil Öl in Dollar gehandelt wird, ist das aufgrund der Euro-Talfahrt besonders teuer.
„Baden-Württemberg ist ein Heizölland“
Weitere Unwägbarkeiten kommen hinzu. „Der Heizölpreis hängt auch von anderen Faktoren wie der Verfügbarkeit von Raffinerien und den Gewinnmargen der Raffinerien ab. Gerade in Ostdeutschland ist die Situation aufgrund der bisherigen Abhängigkeit von russischem Erdöl in den Raffinerien in Schwedt und Leuna unsicherer“, sagt Franziska Holz, Energieexpertin am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Dass die Heizölpreise so hoch seien, liege auch daran, dass der Rohölpreis weiter hoch sei. Die jüngsten Förderkürzungen der Ölallianz Opec+ sind Holz’ Meinung nach schon eingepreist.
Regional sind die Preise sehr unterschiedlich, vor allem im Süden Deutschlands liegen sie in der Regel höher, was auch an der höheren Nachfrage liegt. „Baden-Württemberg ist ein Heizölland“, sagt Matthias Bauer von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Im Südwesten werden jede dritte Wohnung und mehr als 40 Prozent der Wohnhäuser mit Heizöl beheizt.
Kurzfristiges Comeback der Ölheizung
Und wegen der Preisturbulenzen an den Energiemärkten sind Ölheizungen bundesweit sogar wieder stärker gefragt. „Von Anfang Januar bis Ende Juli wurden zwölf Prozent mehr Ölheizungen im Vergleich zum Vorjahr von den Herstellern ausgeliefert“, sagte ein Sprecher des Bundesverbandes der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Demnach wurden zwischen Januar und Juli rund 29 000 Anlagen in Deutschland in den Verkehr gebracht. Im gesamten Vorjahr waren es etwa 45 500 Ölheizungen.
Für viele Kunden stellt sich die Frage, wann der richtige Zeitpunkt ist, den Heizöltank zu füllen. Kaufempfehlungen fallen Fachleuten aber schwer. Wer jetzt nicht dringend darauf angewiesen sei, der könne eher bis November warten, rät Experte Klapschus. „Wir sind mitten in der Hochsaison der Herbstbevorratung, was tendenziell zu höheren Preisen führt“, sagt er. Zumaln habe die Heizsaison begonnen.
„Heizölkunden müssen den Markt noch intensiver beobachten und an guten Tagen dann zuschlagen“, sagt Verbraucherschützer Bauer. Das heißt also Preise im Internet zu vergleichen oder verschiedene Heizölhändler anzurufen. Er empfiehlt, den Verbrauch genau zu überprüfen, nicht dass der Tank plötzlich leer sei und man ohne Brennstoff dastehe. „Die Heizöllieferanten haben unheimlich lange Wartezeiten, teils mehr als vier Wochen“, sagt er. Mehr Geld müssen in der Regel Kunden auch dann zahlen, wenn das Heizöl kurzfristig und in eher kleiner Menge geliefert wird. Bauer empfiehlt Verbrauchern, sich zusammenzutun und gemeinsam Heizöl zu bestellen. So ließen sich einige Cent je Liter sparen.
Niedrigwasser vom Rhein wirkt nach
Derzeit seien von Tag zu Tag relativ große Preissprünge zu beobachten, sagt Hans-Jürgen Funke vom Verband für Energiehandel Südwest-Mitte. Das führe dazu, dass Preise, die an einem Tag erhoben werden, am nächsten Tag schon überholt seien. So erklärt er sich auch die teils massiven Abweichungen der Südwestdeutschen Warenbörsen bei den Heizölnotierungen für den Großraum Stuttgart und Karlsruhe zu den tatsächlichen Marktpreisen und denen der Vergleichsportale im Internet. Weil nicht immer ausreichende Preismeldungen vorlagen, mussten die Notierungen schon ausgesetzt werden – auch diese Woche. Auch die durch das Niedrigwasser auf dem Rhein ausgelösten Preisturbulenzen sorgten nach wie vor für Verzerrungen auf den Produktenmärkten, sagt er.