Die meisten Thermalbäder haben immer noch nicht die Besucherzahlen von der Zeit vor Corona. Und nun ist wieder alles unsicher. Foto:  

Die Energiekrise trifft gas- und stromintensive Einrichtungen hart. Einige Thermen haben Saunen abgestellt, das Heilbad in Ludwigsburg schließt über den Winter. In den Eishallen in Stuttgart und Wernau kann nur begrenzt geplant werden.

Nach zwei Coronawintern sehnt man sich in diesem Jahr nach schönen und unbeschwerten Aktivitäten an den kälteren Tagen: Planschen im Thermalbad, Entspannen in der Sauna, Rundendrehen auf dem Eis. Doch womöglich könnten diese Träume bald platzen. Aufgrund der Energiekrise herrscht in den gas- und stromintensiven Freizeiteinrichtungen der Region Stuttgart Unsicherheit. „Die Nervosität ist groß“, sagt beispielsweise Peter Flämig, der im Marketing für die Vinzenz-Therme in Bad Ditzenbach (Kreis Göppingen) arbeitet.

 

Heilbad Hoheneck bleibt geschlossen

In Ludwigsburg wurden bereits Entscheidungen getroffen: Das Heilbad Hoheneck bleibt von Oktober bis März geschlossen. „Wir haben uns diese Entscheidung nicht leicht gemacht“, hatte der Ludwigsburger Oberbürgermeister Matthias Knecht (parteilos) dazu gesagt. Doch im Heilbad gebe es ein großes Energie-Einsparpotenzial.

Auch die Kunsteisbahn in Ludwigsburg ist betroffen. Im Winter wird dafür kein Eis produziert, stattdessen bleiben die Kunststoffplatten, die im Sommer ausgelegt worden sind. Auf diesen kann man auch Schlittschuh fahren, deshalb spart man die Energie.

Eiswelt in Stuttgart öffnet beide Hallen

Eislaufen könnte diesen Winter generell schwierig werden. In Stuttgart wurde lange diskutiert, ob man die zwei Eishallen auf der Waldau öffnet. Seit Donnerstag ist klar, dass die Eiswelt am 7. Oktober für die Öffentlichkeit in Betrieb geht, die eine Halle zwei Wochen später. Der Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) meinte dazu, dass der Stadt der hohe Energieverbrauch bewusst sei. „Im Interesse der Eissportvereine und aller Eissportbegeisterten“ sei man aber zu der Überzeugung gekommen, auch die zweite Halle zu beeisen. Dies könne allerdings jederzeit widerrufen werden: „Sollte sich die Energiekrise zuspitzen und die Versorgungssicherheit der Bevölkerung in Gefahr geraten, müssten wir die Eiswelt schließen.“

Im Eisstadion in Wernau (Kreis Esslingen) ist nur die Zeit bis Ende 2022 gesichert. Bis dahin gilt der Stromvertrag. „Unser Stromanbieter hat uns informiert, dass wir danach Strom privat an der Börse kaufen müssen“, sagt Heike Mack, die Geschäftsführerin des Eisstadions. Ob sie dies bezahlen könne, weiß sie nicht. „Wir müssen gucken, ob sich ein Betrieb dann noch lohnt.“ Weil das Wernauer Eisstadion privat geführt wird, springt dort nicht die Stadt oder eine andere Behörde ein, wenn es finanziell knapp wird.

Duschen im Eisstadion nicht mehr möglich

Deshalb hat Heike Mack bereits im Sommer entschieden, dass die Duschen im Eisstadion diese Saison dichtbleiben. Auch will sie versuchen, die Temperatur des Wassers, mit dem das Eis aufbereitet wird, noch weiter runterzudrehen. Bis vor Kurzem lag dies bei 60 Grad, weil sich dann das Eis am besten verbinde, sagt sie. Inzwischen ist man bei 22 Grad, und es soll noch niedriger werden. „Alles, was man tun kann, probiert man.“ Man überlege auch, die Gaststätte zu schließen und nur draußen Speisen und Getränke zu verkaufen, um Heizkosten zu sparen.

Wärmestube statt Thermalbad?

Viel Einsparpotenzial haben Freizeiteinrichtungen aber nicht, sagt Peter Flämig von der Vinzenz-Therme. Entweder man reduziere die Öffnungszeiten. Oder man mache Angebote nur eingeschränkt. In der Vinzenz-Therme konnte coronabedingt bis vor Kurzem erst ab nachmittags sauniert werden. Dies könne bald wieder eingeführt werden.

„Und es klingt verrückt, aber wir denken auch darüber nach, ob aus der Therme im Winter eine Wärmestube werden könnte.“ Wegen des 46 Grad warmen Thermalwassers, das in den Becken mit etwa 35 Grad ankomme, sei es in der Therme auch bei einer ausgeschalteten Heizung nie kälter als 25 Grad.

So oder so planen Flämig und seine Kollegen zurzeit nichts. „Weil die Aussichten so unkalkulierbar sind, machen wir Dienst nach Vorschrift.“ Das ist bitter, weil besondere Aktionen eigentlich dringend nötig wären. Die Vinzenz-Therme hat wegen Corona noch immer nicht die Besucherzahlen von 2019.

Belüftung ausgeschaltet, Türen geöffnet

Auch Jürgen Schwarz, der Geschäftsführer der Vital-Therme und des Palais Thermal in Bad Wildbad (Kreis Calw), klingt am Telefon verunsichert. Dort hatte man ebenfalls hoffnungsvoll auf den Winter geblickt. Jetzt hofft er, dass im Fall der Fälle zumindest eine der beiden Thermen geöffnet bleiben darf.

In den vergangenen Monaten blieb eine der zwei Saunen in der Vital-Therme bereits geschlossen, die Beckentemperaturen wurden um ein bis zwei Grad abgesenkt, die Belüftung runtergefahren, stattdessen Türen und Fenster geöffnet, „aber im Winter ist das kritisch, wir sind eine Wohlfühltherme“.

Gäste fragen, ob sie in der Therme duschen dürfen

In der Böblinger Mineraltherme gilt seit Juli Stufe I zur Energieeinsparung, was bedeutet: Absenkung der Becken- und Raumlufttemperaturen um bis zu drei Grad sowie Einsparung bei Bürotemperaturen, Beleuchtungen und Co. Für die Stufe II, die im Herbst und Winter gelten soll, würden noch „verschiedene Szenarien“ erarbeitet, heißt es.

Die Energiekrise nimmt mitunter bizarre Züge an. So berichtet Peter Flämig, dass Gäste fragten, ob sie im Winter in der Vinzenz-Therme duschen könnten, falls sie zu Hause kein warmes Wasser mehr bekämen. Sicher zusagen kann er ihnen nicht. Wer weiß, ob die Thermen dann noch geöffnet sind.