Die Energiekrise erreicht die Region Stuttgart. Krisenstäbe arbeiten zurzeit daran, die Städte winterfest zu machen – die Folgen werden überall spürbar sein. Auch die Weihnachtsmärkte sind betroffen.
Es droht ein harter Winter – und das liegt nicht am Klima. In dieser Woche hat die Stadt Stuttgart verkündet, wie sie auf den drohenden Gas-Engpass reagieren will. So soll in öffentlichen Gebäuden und den Büros der mehr als 16 000 städtischen Beschäftigten weniger geheizt werden. Auch die Beleuchtung von Gebäuden wird reduziert. OB Frank Nopper denkt zudem darüber nach, die Mitarbeitenden über Weihnachten bis zum 8. Januar 2023 in Betriebsferien zu schicken. Auch wird die Umstellung von großen Verbrauchern wie dem Klinikum Stuttgart von Gas auf Heizöl erwogen. Nicht nur in Stuttgart, überall in der Region beschäftigen sich zurzeit Experten und Krisenstäbe mit den potenziellen Energieproblemen – und suchen nach Möglichkeiten, den Verbrauch einzuschränken. Wir haben in den fünf Kreisstädten der Region nachgefragt, auf was die Bevölkerung sich einstellen muss.
Weniger Licht auf dem Ludwigsburger Weihnachtsmarkt
Wie alle anderen Städte hat auch Ludwigsburg schon vor Wochen die Temperaturen in den Außenbecken der Schwimmbäder reduziert – was aber momentan keine Auswirkungen mehr hat, weil die Becken wegen des extrem warmen Sommers zurzeit überhaupt nicht geheizt werden müssen. Fest steht bereits: Die Saunalandschaft im Ludwigsburger Stadionbad wird nach der Sommerpause nicht wieder geöffnet. Weiter wird die Stadt die Beleuchtung von Straßen und Gebäuden reduzieren. Auch der Ludwigsburger Weihnachtsmarkt wird wegen der Energiekrise weniger glanzvoll als sonst. Lediglich die marktprägenden Engel als Botschafter des Marktes sollen leuchten.
In den kommenden Tagen erhalten die Mitarbeiter der Stadt ein Schreiben von Oberbürgermeister Matthias Knecht mit Hinweisen, wie konkret am Arbeitsplatz Strom und Wärme eingespart werden sollen: etwa durch den Verzicht auf Warmwasser, Klimaanlagen oder Lüftungen, sofern es möglich ist. Heizungen sollen weniger stark aufgedreht, Lampen möglichst abgeschaltet werden. Über weitergehende Maßnahmen, um die angestrebten 20 Prozent Energieeinsparung zu erreichen, soll Anfang September entschieden werden. „Wichtig ist zum Beispiel, dass wir die Fernwärmeerzeugung von Gas auf Öl umstellen, wo es möglich ist“, betont der Rathaussprecher Clemens Flach: „So konnten schon fünf Heizkraftwerke umgeschaltet werden.“
Kühlere Sporthallen in Esslingen
Ganz konkrete Maßnahmen kann Nicole Amolsch, die Sprecherin der Stadt Esslingen, noch nicht verkünden. Man plane aber ein umfangreiches Paket – mit dem Ziel, 15 Prozent der Energiekosten einzusparen. Die einzelnen Punkte müssten allerdings noch intern mit dem Personalrat abgestimmt werden. Sie sollen im September verkündet werden. Das Paket werde sich, soviel verrät Amolsch, aber auf Verwaltungsgebäude, Schulen, Kitas, Kultureinrichtungen, Sporthallen, Sportstätten und Bäder beziehen. Klar ist schon jetzt, dass die Grundtemperatur in Esslingens Sporthallen auf 17 Grad reduziert wird. Überall dort, wo diese verfügbar ist, haben die Stadtwerke bereits von Gas auf Fernwärme umgestellt.
Böblingen setzt auf die AG Energiesparen
Schon früh hat die Stadt Böblingen die AG Energiesparen ins Leben gerufen. Dort werden Ideen gesammelt, deren Wirksamkeit bewertet und dann Handlungsstrategien beschlossen. Darüber hinaus hat die Stadtverwaltung eine Kampagne gestartet, um die Mitarbeitenden für das Thema zu sensibilisieren. Teil der Kampagne ist ein Ideenwettbewerb. „Mit Hilfe der AG Energiesparen wollen wir erreichen, dass unser Energieverbrauch im kommenden Winter um mindestens 20 Prozent gesenkt werden kann“, sagt Böblingens Oberbürgermeister Stefan Belz. Ansonsten halte sich die Stadt an die allgemeinen Appelle von Bund und Land. Keine Gefahr droht indes dem Böblinger Hallenbad: Es hängt am Fernwärmenetz und ist somit weitgehend unabhängig von Gas.
Kürzere Heizperiode in Göppingen
Die Stadt Göppingen hat schon im Juni einen Krisenstab Energie ins Leben gerufen und nun vor kurzem mit ihren Eigenbetrieben und Tochterunternehmen einen konkreten Katalog abgestimmt, mit dessen Hilfe 20 Prozent Energie eingespart werden soll. Neben dem Appell, alle Heizungen – auch im privaten Bereich – möglichst schnell optimal einstellen zu lassen, gibt es zahlreiche städtische Aktivitäten. So wird unter anderem das Warmwasser in städtischen Immobilien abgeschaltet. Davon ausgenommen sind Küchen und Mensen, Sanitärbereiche von Kitas, der Betriebshof, Friedhof, Feuerwehren und Dienstwohnungen. Die Raumtemperatur wird tagsüber auf 20 und nachts auf 18 Grad abgesenkt, in Turnhallen, Fluren, WC-Bereichen, Fahrzeughallen und Werkstätten tagsüber auf 15 Grad und nachts auf 12 Grad. Zudem wird die Heizperiode von Oktober bis März verkürzt. Allerdings soll bei Extremwetter nachgesteuert werden.
Auch die repräsentativen Außenbeleuchtungen am Rathaus, Technischen Rathaus, an der Stadthalle oder der Kunsthalle werden ausgeschaltet. Die Badefreunde müssen sich auf deutlich kühlere Becken und die zeitweise Schließung von Wasserattraktionen einstellen. Auch die Saunazeiten werden reduziert. Die Barbarossa-Therme wird erst wieder am 11. September eröffnet. Die Stadt Göppingen prüft aktuell zudem, welche Hallen als sogenannte Wärmehallen für die Bürgerschaft in Frage kommen könnten. Dabei geht es nicht nur um Übernachtungskapazitäten für Menschen in Not, sondern auch um die Verpflegung der Menschen und die Frage, wie sie mit Hilfe von Shuttlebussen in die Hallen kommen könnten.
Waiblingen hält sich an Vorgaben
Noch nicht so weit fortgeschritten sind die Überlegungen in Waiblingen. Aus dem Rathaus heißt es: „Für die städtischen Gebäude wird das Einhalten der Raumtemperaturen gemäß DIN umgesetzt.“ Das gelte auch für Schulen und Sporthallen. In der Verwaltung könne in Bereichen, in denen es vom Aufgabengebiet her möglich sei, wieder ein verstärktes Homeoffice-Programm zum Tragen kommen. Im Schwimmbadbereich haben die Stadtwerke bereits etliche Sparmaßnahmen umgesetzt. Allerdings könne man aktuell noch nicht sagen, ob weitere Einschnitte notwendig seien. Bevor Bäder ganz geschlossen werden, sollen zunächst alle anderen Einsparmöglichkeiten ausgeschöpft werden.