Die Stadtbibliothek wird wie andere städtische Gebäude nachts nicht mehr beleuchtet, um Strom zu sparen. Auch LEDs helfen – doch die kommen selten zum Einsatz. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Klimaschutz und Energiesparen gelten als wichtiger denn je. Doch in der Praxis sind selbst einfache Maßnahmen eine große Aufgabe. In Stuttgart ist erst knapp ein Fünftel der städtischen Liegenschaften mit LEDs ausgestattet.

Das Stuttgarter Planetarium ist bald auf dem neusten Stand. Nicht ohne Stolz hat die Stadt mitgeteilt, dass neun Projektoren jetzt mit LED-Lichtquellen ausgestattet werden. Die Projektion bei den Vorstellungen soll damit farbintensiver, heller und leiser werden – und zusätzlich spart die Umrüstung 40 Prozent Energie. Seither seien zudem viel Aufwand und gar Schäden entstanden, wenn eine der Lampen im Projektor geplatzt sei, heißt es. Mit der neuen Technik sei das künftig ausgeschlossen. Für die Umrüstung bleibt das Planetarium noch bis zum 22. August geschlossen.

 

Alles prima also – oder doch nicht? So mancher Beobachter fragt sich, warum eine Umrüstung auf die schon lange zur Verfügung stehende LED-Technik nicht längst erfolgt ist. Schließlich hat sich Stuttgart die Klimaneutralität bis 2035 auf die Fahne geschrieben. „Und Lockdowns hätte es für die Arbeiten ja auch mehr als genug gegeben“, sagt ein verhinderter Besucher, der jetzt in den Ferien ins Planetarium gehen wollte.

Kein Tausch in Münster

Auch im Stadtbezirk Münster wundert man sich. Dort errichtet die Stadt derzeit einen neuen Mast für die Straßenbeleuchtung. Bisher war sie an Gebäuden verankert. Das geht nun nicht mehr, weil ein Hausbesitzer eine Photovoltaikanlage auf sein Dach gesetzt hat. Im Zuge der Arbeiten werden allerdings keine Leuchten getauscht, ist den Anwohnern aufgefallen. „Die alte Technologie der Natriumdampflampen mit orangefarbenem Licht wird beibehalten. Die verbrauchen viel Strom“, kritisiert ein Nachbar.

„Die vorhandene Leuchte und deren Stromversorgung wurden nicht demontiert oder verändert. Deswegen wurde die Leuchte nicht getauscht“, heißt es bei der Stadt dazu. Wenn man nur eine einzelne Leuchte auf LED umstelle und die anderen nicht, könnten die unterschiedlichen Farben zudem Verkehrsteilnehmer irritieren.

Die beiden Beispiele zeigen, dass die Umstellung auf klimaschonende und energiesparende LED-Technik bei der Stadt offenbar nicht so weit ist, wie man vermuten könnte – und wie es angesichts der Energiekrise auch von Vorteil wäre. Tatsächlich räumt man in der Stadtverwaltung ein, dass man noch ziemlich am Anfang stehe. „Bei der Straßenbeleuchtung haben wir einen Anteil von 32 Prozent oder rund 21 500 LED-Leuchten. Bei den restlichen städtischen Liegenschaften liegen wir zwischen 15 und 20 Prozent“, sagt die Sprecherin Jana Steinbeck.

Die Stadt geht Schritt für Schritt vor. Bei Neubauten und Sanierungen wird ausschließlich LED-Beleuchtung verbaut. „Dabei werden durch die bedarfsgerechte Lichtauslegung und den Einsatz intelligenter Regelung zusätzliche Energieeinsparungen realisiert“, so die Sprecherin. Die Umrüstung auf LED-Beleuchtung sei „für alle Liegenschaften vorgesehen und wird sukzessive umgesetzt“.

Umstellung an den Straßen bis 2030

Von welchen Zeiträumen man dabei ausgehen muss, sieht man gut am Beispiel der Straßenbeleuchtung. Dort wurden bereits im Jahr 2009 erste LEDs eingesetzt. „Ein flächendeckender Einsatz erfolgt seit 2011 und seit Frühjahr 2017 kommen bei Leuchtentausch-Projekten nur noch LED-Leuchten zum Einsatz“, sagt Jana Steinbeck. Dadurch sei der Stromverbrauch seit 2009 trotz steigender Anzahl der Leuchten um über ein Viertel reduziert worden. Und doch liegt der LED-Anteil derzeit nur bei einem Drittel. Erst 2030 sollen alle konventionellen Leuchten auf LED umgestellt sein. Dabei ist die Umstellung äußerst lohnend: Durch den Austausch und eine reduzierte Helligkeit in den späten Nachtstunden will man bis dahin den Energieverbrauch der Straßenbeleuchtung auf die Hälfte des derzeitigen Wertes senken.

Beliebig beschleunigen lasse sich all das nicht, heißt es beim Amt für Umweltschutz. Bei den Straßen habe man die Schlagzahl bereits erhöht, habe aber nur ein bestimmtes Budget zur Verfügung. „Für eine Umrüstung müssen auch finanzielle und personelle Kapazitäten im Handwerk und bei der Stadt da sein“, so die Sprecherin. Wegen der höheren Anforderungen beim Klimaschutz und der stark gestiegenen Strompreise sei aber klar, dass die Umrüstungen beschleunigt werden müssten.

Die alten Lampen gibt’s nicht mehr

Und warum hat man beim Planetarium so lange gewartet? Das ist eine vielsagende Episode. „Bislang standen keine Mittel für eine Umrüstung zur Verfügung“, heißt es bei der Stadt. Die Umstellung, die einen sechsstelligen Betrag kostet, war dem Gemeinderat zu teuer, sodass der Antrag im Doppelhaushalt für 2020/21 abgelehnt wurde. Erst zwei Jahre später kam er durch – aber nicht aus Klima- oder Energiegründen, sondern weil die bisher verwendeten Metalldampflampen nicht mehr hergestellt werden. Der Effekt des Energiesparens sei „erst nach den neuesten Entwicklungen infolge der steigenden Strompreise“ in den Fokus gerückt, heißt es beim zuständigen Amt. So ist der Beschluss des Gemeinderats zur Umrüstung wenigstens in diesem Fall gerade noch rechtzeitig gekommen.