Voraussichtlich wird auch im Merkel’schen Bad in Esslingen die Wassertemperatur herabgesetzt. Das Becken ist der Haupt-Trainingsort des SSVE. Foto: Ines Rudel

Auch im Kreis Esslingen werden Sparmaßnahmen für Hallenbäder beschlossen. Schließungen könnten derweil schwere Folgen haben, etwa für den Trainingsbetrieb der Vereine und den Schwimmunterricht für Kinder.

Die Energiekrise zwingt das gesamte Land dazu, massiv Strom und Gas zu sparen. Das betrifft vor allem Kommunen und führte so weit, dass das Bundeskabinett kürzlich eine umfangreiche Energiesparverordnung erlassen hat. Darin steht beispielsweise, dass öffentliche Gebäude nur noch auf maximal 19 Grad beheizt werden dürfen. Auch welche Gebäude wann und wie lange beleuchtet werden dürfen, ist darin geregelt. Viele Städte und Gemeinden im Südwesten sehen aber noch in einem anderen Bereich ein hohes Einsparpotenzial: In den Schwimm- und Hallenbädern. Diese sind meist Zuschussbetriebe und verschlingen viel Energie und damit auch viel Geld.

 

Erste Kommunen in der Region haben deshalb beschlossen, nicht nur die Hallen- und Wassertemperatur herunterzusetzen, sondern die Betriebe vorübergehend ganz einzustellen. So öffnen beispielsweise die Hallenbäder in Albstadt nach den Sommerferien nicht mehr. Neben Freizeitsportlern und Wellness-Fans leiden darunter vor allem Sportvereine sowie Kinder und Jugendliche. Ihnen werden Möglichkeiten genommen, schwimmen zu lernen und dies zu üben. Ein Blick in den Landkreis Esslingen zeigt, dass auch dort Sparmaßnahmen getroffen werden. Schließungen sind bei den befragten Betreibern bislang noch nicht geplant – können aber nicht ausgeschlossen werden.

Nachdem bekannt wurde, dass im Ostalbkreis Hallenbäder den Betrieb einstellen werden, um Energie zu sparen, veröffentlichte der Württembergische Landessportbund (WLSB) einen Appell an die Städte und Gemeinden im Land: „Die Hallenbäder müssen offen bleiben“, heißt es darin. „Die Ankündigung einiger Kommunen im Land, ihre Hallenbäder nach den Sommerferien erst gar nicht zu öffnen, dürfen nicht Schule machen“, erklärte der WLSB-Präsident Andreas Felchle in jener Pressemitteilung. Dadurch säßen nämlich die Schwimmkurse der Sportvereine ebenso wie der Schwimmunterricht wieder auf dem Trockenen.

Kinder haben beim Schwimmen Defizite

Sollte es tatsächlich auch im Landkreis Esslingen zu Bäderschließungen kommen, könnte das aus Sicht von Carola Orszulik schwerwiegende Folgen haben. Sie ist die Geschäftsführende Vorständin des SSV Esslingen. Der größte Sportverein der Stadt braucht nicht nur für seine Leistungssportler Wasserflächen, sondern vor allem auch, um Kindern und Jugendlichen Schwimmunterricht zu bieten. „Ich halte das für gesellschaftlich unverantwortlich und zu kurz gedacht“, sagt Carola Orszulik über mögliche bevorstehende Bäderschließungen.

Diese könnten nämlich ein Problem, mit dem der SSVE und viele weitere Vereine im Südwesten schon seit Langem zu kämpfen haben, zusätzlich verschärfen: Ihnen fehlen generell Trainingsmöglichkeiten. So hat die Stadt Esslingen beispielsweise ohnehin verhältnismäßig wenige Wasserflächen zu bieten. Dem Gegenüber steht die Problematik, dass in der Coronapandemie über einen langen Zeitraum weder Schwimmunterricht noch -kurse möglich waren und viele Kinder Nachholbedarf haben, erklärt Orszulik.

„Wassertemperatur sollte erträglich bleiben“

Derzeit herrsche eine extrem hohe Nachfrage nach Kursen. „Der Stau löst sich einfach nicht auf“, sagt die SSVE-Funktionärin. Wenn der Verein ein neues Kursangebot ins Internet stelle, sei dieses innerhalb kürzester Zeit ausgebucht. Die Traineranzahl und das Know-how seien nicht das Problem, der Verein könnte dahingehend noch mehr auffahren. Doch es fehle an Wasserflächen. Würden zusätzliche Flächen wegfallen, habe das große Auswirkungen.

Eine gute Nachricht: Die angefragten Bäderbetriebe in Esslingen, Altbach und Wernau planen nicht, im Herbst und Winter den Betrieb einzustellen. Zunächst wollen sie versuchen, andere Mittel zu nutzen. So wird im Altbacher Hallenbad, das mit Fernwärme versorgt wird, die Wassertemperatur auf 27 Grad herabgesetzt. Weil es als Sport- und Gesundheitsbad genutzt wird, „sollte die Wassertemperatur für die Badegäste noch erträglich bleiben“, erklärt Karolin Stollsteimer, die im Rathaus für den Betrieb zuständig ist. Außerdem soll die Steuerungstechnik optimiert werden. Ähnliches gilt für Wernau, wo sowohl das Hallenbad als auch die Wellness-Landschaft im Quadrium ab dem 12. September öffnen sollen. Das Wasser wird dort ebenfalls nicht so stark beheizt wie zuvor, statt 28 soll es nur 26 Grad haben. Zudem sind die Ticketpreise gestiegen.

Auch in den Hallenbädern der Stadtwerke Esslingen, dem Merkel’schen Bad und dem in Berkheim, müsse möglicherweise die Becken- und Raumtemperatur angepasst werden, heißt es in einer Mitteilung. Konkrete Energiesparmaßnahmen würden derzeit noch geprüft, erklärt SWE-Sprecherin Charlotte Hänsele. Eine Schließung kann aber offenbar nicht ausgeschlossen werden. „Letztendlich ist dies ebenfalls abhängig von der weiterhin sehr dynamischen Entwicklung der Energiekrise“, sagt sie.

Altbacher Hallenbad in Zahlen

Kosten
 Viele kommunale Hallenbäder sind Zuschussbetriebe, die Städte und Gemeinden müssen also draufzahlen. Exemplarisch zeigen die Zahlen des Altbacher Bades, welche Dimensionen das annehmen kann. So muss die Kommune für den Betrieb des dortigen Hallenbades jährlich zwischen 450 000 und 500 000 Euro zur Verfügung stellen. Auf Strom, Wärme und Abwasser entfielen davon 2019 etwa 110 000 Euro. Für 2022 waren etwa 130 000 Euro veranschlagt worden. Doch wie Karolin Stollsteimer, die Zuständige im Altbacher Rathaus, erklärt, werde sich diese Kostenposition wohl deutlich erhöhen. Noch soll das Bad am 17. September wie üblich öffnen. Wenn aber eine bundesweite Gasmängellage eintritt, müsse die Situation trotz Fernwärmeversorgung neu bewertet werden, so Stollsteimer.

Besucher
 Das Altbacher Hallenbad wird auch von Schulklassen und Sportvereinen genutzt. Vor der Pandemie (2016 bis 2019) lag der Schnitt der verkauften Tickets bei etwa 6400 pro Jahr. Laut den Bademeistern befinden sich in dem Bädle zu Spitzenzeiten 35 bis 40 Besucher.