Der Ratskeller in Ludwigsburg hat nur noch abends geöffnet. Foto: Werner Kuhnle

Gastronomen im Landkreis Ludwigsburg sparen an allen Ecken – und zahlen trotzdem mehr Geld als früher. Für Energie und Lebensmittel. Was macht das mit dem Geschäft?

Schon seit August passt Jörg Böhm sein Verhalten den steigenden Preisen in den Bereichen Energie und Lebensmittel an. Der Betreiber des Ludwigsburger Ratskellers hat seine Öffnungszeiten geändert: Gäste dürfen nur noch abends kommen. Kühlhäuser hat er zusammengelegt und eine kleinere Kaffeemaschine gekauft. „Es ist schlimmer als im Lockdown.“

Der Gastronom rechnet damit, dass es Anfang kommenden Jahres noch einmal deutlich schwieriger wird. Denn dann kommen auch auf die Bürger hohe Ausgaben zu: Sie müssen wahrscheinlich mehr heizen, weil es dann erst richtig kalt wird, und meist sind zum Jahreswechsel größere Zahlungen wie Versicherungen fällig. Abgesehen davon sind ja auch andere Preise zurzeit deutlich höher, Jörg Böhm denkt zum Beispiel an Spritpreise. „Jeder Euro, der im Tank landet, kann nicht ins Restaurant gebracht werden“, sagt er. Und Weihnachten hat viele Geldbeutel geleert.

Es gibt kaum einen Gastronom, der nicht ächzt wie Jörg Böhm unter der Energiekrise. Der Hotel- und Gaststättenverband Baden-Württemberg (Dehoga) hat Alarm geschlagen. Das Gastgewerbe sei eine energieintensive Branche – es wird gekocht, gekühlt und geheizt, sagte Daniel Ohl, der Sprecher des Verbands. Deshalb würden viele Wirte kleinere Speisekarten anbieten und mehr Ruhetage einlegen.

Gans steht nicht mehr auf der Karte

Auch die Speisekarte des Ludwigsburger Ratskellers ist mittlerweile ausgedünnt. Jörg Böhm erzählt, dass er aktuell nur mit Vorbestellungen Gans anbietet. Das Gericht sei zu energieintensiv und würde bei Kollegen bereits 45 Euro kosten. Da mache er nicht mit. Insgesamt spart er, wo er kann: Einige Räume werden spärlich beheizt, er selbst sitze bei 16 Grad im Büro. Die Öfen werden erst eingeschaltet, wenn genug auf der Herdplatte stehe. Das nimmt dem Wirt die Flexibilität: Eine Suppe kurz warm machen, lohnt sich nicht mehr. Immerhin hat Jörg Böhm mit der Strategie im August im Vergleich zum Juli 3300 Kilowattstunden Strom eingespart – aber trotzdem 1000 Euro mehr bezahlt. Und es ist ja nicht nur das. „Auch die Lebensmittelpreise laufen aus dem Ruder“, sagt Böhm. Am liebsten würde er Kurzarbeit anmelden, um über die Runden zu kommen. Das geht aber nicht. „So ist es jetzt jeden Tag ein Eiertanz – wie wissen nicht, wo es noch hingeht und wie lange es dauert“, sagt Böhm.

In Kornwestheim hat sich mit der Energiekrise zumindest im Restaurant Grashöfle noch nichts geändert. Die Betreiberin Roswitha Mülhaupt sagt, die Situation sei bescheiden, die Unkosten explodieren. Reagieren will sie aber erst, wenn absehbar ist, wie sich alles entwickelt. „Die steigenden Preise betreffen ja alle, nicht nur uns Gastronomen“, sagt sie. Dass die Kunden am Essengehen sparen, merke sie noch nicht. Sie hat aber Angst davor, dass es noch so kommen wird.

Gasthaus zahlt 200 Euro mehr pro Woche

Diese Angst hat auch Alexander Wentz vom Gasthaus Storchen in Bietigheim-Bissingen. Im Team würden sie oft darüber sprechen, was gerade auf der Welt passiert und was noch auf die Wirte zukommt. „Unsere Befürchtung ist, dass viele Leute nicht mehr oft essen gehen werden, weil sie ja auch sparen müssen“, sagt Wentz. Der Storchen hat aus personellen Gründen schon seit einem Jahr nur noch abends geöffnet. Nun schauen die Betreiber, dass sie die Heizung drosseln, nicht mehr so viele Kühltruhen betreiben und abends das Licht und die Kaffeemaschine früher ausschalten. Dennoch zahlen sie zurzeit pro Woche 200 Euro mehr Abschlag als sonst. „Im Januar wird das noch einmal deutlich mehr, weil da unsere neuen Verträge in Kraft treten“, sagt Alexander Wentz.

Die Familie Kölbl vom Restaurant Ochsen in Mundelsheim hat sich vor einer Woche für eine große Neuerung entschieden: Sie will auf dem Dach eine Photovoltaikanlage in-stallieren lassen. Im ersten Quartal des kommenden Jahres soll es soweit sein. Um sich vor großen Nachzahlungen zu schützen, haben die Betreiber außerdem schon Mitte des Jahres ihre Abschläge erhöht. Über vermehrte Ruhetage haben sie dagegen nicht nachgedacht. „Warum denn? Ich will eher öfter aufmachen, um die Krise bewältigen zu können“, sagt Kölbl optimistisch.

Das sagt der Dehoga

Wirtschaftlicher Druck
Laut Dehoga-Sprecher Daniel Ohl werden in der Gastronomie derzeit Öffnungszeiten, Speisekarten und der Personaleinsatz hinterfragt. Der Energiekostenanteil am Umsatz habe bereits vor der Krise bei fünf bis zehn Prozent gelegen.

Reservierungen
Was es den Wirten nicht leichter macht, ist, dass Reservierungen kurzfristiger eingehen als früher. So liegen die Buchungen für die Vorweihnachtszeit laut Dehoga noch unter dem Niveau von 2019. Das müsse aber nichts Schlechtes heißen – noch ist ja Zeit.

Lichtblick
Der Dehoga freut sich, dass es viele Menschen trotz der gestiegenen Preise noch ins Restaurant zieht. Die Nachfrage sei „robust“.