Der Pegel wirkt sich auf die Freizeitaktivitäten am Schluchsee aus – beispielsweise wird das Anlegen für Schiffe schwieriger, je niedriger der Wasserstand ist. Foto: Grohe/Archiv

Die Schluchseewerke können weiter wie gewünscht Strom produzieren. Das ermöglicht eine neue Genehmigung, die ein Absenken des Wasserstandes erlaubt. Daran gibt es Kritik.

Freiburg - Das Freiburger Regierungspräsidium (RP) hat den Betrieb der Staustufe am Schluchsee im Schwarzwald für weitere 60 Jahre genehmigt und damit die Betriebserlaubnis von 1928 ersetzt. Die neue Genehmigung ist nach Ansicht der Behörde ein guter Kompromiss zwischen den Interessen der Schluchseewerke, die Strom erzeugen wollen, und den Bedürfnissen der Anliegergemeinden, der Angler und Segler. Letztere kritisieren die Entscheidung jedoch, weil sie Ausnahmen vom Standardpegel zulässt.

Der in den 1920er Jahren angestaute See in der Nähe des Feldbergs dient als Pumpspeicher für drei Kraftwerke. Der Pegelstand muss immer wieder durch Rheinwasser ausgeglichen werden, das mit billigem Strom nach oben gepumpt wird. Die natürlichen Zuflüsse würden zur Stromerzeugung nicht ausreichen. Das Schluchseewerk – ein Gemeinschaftsunternehmen von RWE und EnBW – produziert im Jahr rund 300 000 Megawatt Strom, mit dem auch Engpässe in der Versorgung überbrückt werden, wenn Sonnen- und Windkraftwerke wetterbedingt ausfallen.

Die Schluchseewerke wollten einen Pegel von 923 Metern

Kommunen, Tourismus und Vereine sind an einem hohen Wasserstand interessiert. Das Regierungspräsidium hat nun nach einem langwierigen Anhörungs- und Prüfverfahren für „die Hauptsaison von 15. Mai bis 30. September eine Mindeststauhöhe von 924 Metern“ festgelegt. Die Schluchseewerke hatten gefordert, dass der Pegel auf 923 Meter gesenkt werden darf, die Kommunen wollten dauerhaft 925 Meter. Jede Absenkung um einen Meter vergrößert den schlickigen Uferrand um zehn Meter und erschwert den Zugang zum Wasser für Badegäste, Wassersportler und den Betrieb des Ausflugsbootes.

Die neue Genehmigung hat bei Kommunen und Nutzern Enttäuschung ausgelöst, weil der Standardpegel an 30 Tagen im Jahr in „energiewirtschaftlichen Sondersituationen“ unterschritten werden darf. „Mit 924 Metern können wir leben, aber alles, was drunter liegt, ist problematisch“, sagt Jürgen Kaiser, der Bürgermeister von Schluchsee. Im Kleingedruckten sei „nicht festgelegt, wann die Ausnahmen gelten dürfen“, klagt der Bürgermeister, dessen Kommune wirtschaftlich weitgehend vom Tourismus lebt. „Es kann niemand beurteilen, wann die Sondersituationen eintreten“, kritisiert auch Kristian Raue, der Vorsitzende des Segelvereins Schluchsee. Nur die Schluchseewerke entscheide darüber.

Die Anrainer bleiben skeptisch

Auf energiewirtschaftliche Sondersituationen habe das Werk keinen Einfluss, widerspricht der Schluchseewerk-Sprecher Peter Steinbeck: „Wenn ein Kohlekraftwerk ausfällt, achtet es nicht darauf, ob es Sommer ist oder Winter.“ Könnte es also sein, dass mitten in der Hochsaison der Standardpegel ausnahmsweise unterschritten und der Badebetrieb eingeschränkt wird? „Das ist unwahrscheinlich“, sagt Steinbeck. „Wir halten Reserven vor und gehen nicht von vorneherein auf den Tiefstpegel.“

Die Anrainer bleiben skeptisch. Schlickige Ufer im Sommer würden sich sicherlich auf die Besucherzahl im darauffolgenden Jahr auswirken, fürchtet der Bürgermeister. Die Segler weisen darauf hin, dass die Entscheidung des Regierungspräsidiums die festgestellten Untiefen ignoriert. An einer viel frequentierten Stelle des Sees lauern Felsen, und zwar bis zu einem Pegelstand von 922,4 Meter. Bei dem angepeilten Ausnahmepegel von 923 Metern blieben nur 60 Zentimeter Wasser unter dem Kiel. „Wer dort ins Wasser springt, prallt auf Stein“, warnt Kristian Raue.

Schluchseewerke, Anrainer und Vereine werden nun die 116 Seiten starke Begründung der Betriebsgenehmigung von Anwälten überprüfen lassen und danach entscheiden, ob sie gegen die Entscheidung des RP vor das Verwaltungsgericht ziehen werden. Sie haben dazu einen Monat Zeit.