Verbraucher müssen im kommenden Jahr mit steigenden Strompreisen rechnen. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Der baden-württembergische Energieversorger EnBW dreht an der Preisschraube. Zum Jahreswechsel werden sowohl die Gas- als auch die Strompreise des Konzerns steigen. Besonders hart erwischt es eine bestimmte Kundengruppe.

Stuttgart - Am Mittwoch veröffentlichte die EnBW die Kenndaten für die sogenannten Grundversorgungstarife. Demnach wird ein Drei-Personen-Haushalt, für den die EnBW einen jährlichen Verbrauch von 2900 Kilowattstunden annimmt, im kommenden Jahr 3,8 Prozent mehr zahlen müssen. Der Preis für die Kilowattstunde, der sogenannte Arbeitspreis, steigt um 1,27 Cent auf 29,99 Cent. Für Gaskunden (zugrunde gelegt ist ein Jahresverbrauch von 20 000 Kilowattstunden) steigt der Preis für die Kilowattstunde um 0,53 Cent. Das ergibt eine Gesamtsteigerung von 8,5 Prozent.

Der Grundversorgungstarif muss in jeder Region von dem Energieunternehmen angeboten werden, das die meisten Haushaltskunden vor Ort hat. Seine Konditionen folgen gesetzlichen Vorgaben – so ist beispielsweise die Kündigungsfrist sehr kurz, es gibt keine Mindestlaufzeit, und es besteht eine Pflicht des Grundversorgers, einen Kunden, dessen Versorger insolvent wurde, über den Grundtarif weiter zu versorgen. Jeder, der seinen Tarif noch nie gewechselt hat, wird über diese Konditionen versorgt. Nach Daten der Bundesnetzagentur beziehen etwa 30 Prozent der Kunden ihren Strom in der Grundversorgung. Die EnBW versorgt so laut eigenen Angaben etwa 900 000 Kunden.

Auch die Sondertarife werden erhöht

Neben diesem Tarif bieten heute alle Versorger sogenannte Sondertarife an, die in der Regel mit ungünstigeren Kündigungsmodalitäten und längeren Mindestlaufzeiten verbunden sind, aber fast immer deutlich niedriger liegen als die Grundversorgung. Auch diese Tarife werden „in einer ähnlichen Größenordnung“ bei der EnBW steigen, heißt es in der Mitteilung.

Als Grund nennt das Unternehmen höhere Beschaffungskosten. So habe sich der Preis für die Megawattstunde Strom (1000 Kilowattstunden) von 33,51 Euro im Jahresdurchschnitt 2016 auf durchschnittlich 50,56 Euro im laufenden Jahr erhöht.

Die Emissions- und Rohstoffpreise steigen

Eine Ursache dafür sei beispielsweise, dass sich die Preise für CO2-Zertifikate in den vergangenen zwölf Monaten verdreifacht hätten. Diese Zertifikate müssen alle Unternehmen, die Kohlendioxid (CO2) produzieren, im Rahmen des Europäischen Emissionshandels pro Tonne Kohlendioxid vorweisen können. Die Preissteigerungen hier sind zum Teil auf Neuregelungen des Europäischen Emissionshandelssystems zurückzuführen, zum Teil ist es die hohe Nachfrage nach Zertifikaten angesichts der relativ guten Wirtschaftsentwicklung etwa in Deutschland, und schließlich sind wohl auch Spekulanten am Markt unterwegs. Auch die Preise für Kohle und Erdgas, beides Rohstoffe für die Stromerzeugung, sind in diesem Jahr erheblich gestiegen.

„Preissteigerungen in dieser Größenordnung“, so heißt es in der Pressemitteilung, „können auch durch die langfristige Planung und Einkaufsstrategie der EnBW nicht länger abgefedert werden, so dass sie nun an den Verbraucher weitergegeben werden müssen.“ Laut dem Internetportal Verivox haben zuletzt neun Grundversorger Preiserhöhungen angekündigt. In Baden-Württemberg neben der EnBW auch die Stadtwerke in Calw und Biberach. Allein im Südwesten gibt es mehr als 100 Grundversorger. Allerdings haben die Unternehmen für eine Preiserhöhung zum Jahreswechsel auch noch bis Mitte November Zeit.

Verbraucherschützer üben Kritik

Auch für Bezieher von Nachtspeicherstrom und Wärmepumpenstrom gilt die Preiserhöhung. Da für sie die Netzentgelte – besonders bei Speicherheizungen – gestiegen seien, klettern die Kosten überdurchschnittlich. Für Wärmepumpenbesitzer mit einem Jahresverbrauch von 7600 Kilowattstunden um 5,9 Prozent (der Kilowattstundenpreis steigt um 1,33 Cent auf 22,75 Cent) und für Speicherheizungsbetreiber mit 8200 Kilowattstunden Jahresverbrauch um sieben Prozent (Hochtarif 23,19 Cent und Niedertarif 19,09 Cent).

Die EnBW hatte die Strompreise zuletzt im Februar mit Wirkung zum April dieses Jahres erhöht. Damals betraf die Anhebung den monatlichen Grundpreis, dieses Mal ist der Arbeitspreis pro Kilowattstunde betroffen. Beim Gas hatten die EnBW-Kunden zuletzt im Jahr 2016 eine Preissenkung erhalten. Das letzte Mal erhöht wurden die Preise hier im August 2011.

Der Energieexperte der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, Udo Sieverding, hatte kürzlich Unverständnis für Strompreiserhöhungen geäußert. „Wir sind weit davon entfernt, dass die höheren Börsenpreise auf den Strompreis durchschlagen müssen“, sagte er. „Als die Großhandelspreise vor einigen Jahren in den Keller gegangen sind, haben sich die Versorger geweigert, die Vorteile an ihre Kunden weiterzugeben. Das hätten sie damals mit langfristigen Lieferverträgen zu höheren Preisen begründet. „Das muss auch bei der umgekehrten Entwicklung gelten.“