Riesige Flächen im Südwesten sind potenziell geeignete Endlagerstandorte. Damit hatte kaum jemand gerechnet.
Stuttgart - Es gibt sie, die baden-württembergischen Gewinner des Suchverfahrens, dessen erste Ergebnisse die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) vorgelegt hat. Sie sitzen in der Mitte des Landes, in Reutlingen und Tübingen, und von dort aus in einem breiten Streifen südwärts, den Zollenalbkreis und den Kreis Sigmaringen umfassend, bis hin zum Kreis Ravensburg und zum Bodenseekreis. Eine helle, wie ausgeschnittene Fläche zeigt die am Montag scharf geschaltete interaktive Online-Karte der BGE, und das heißt: Hier wird es kein Endlager geben. Auf der Zollernalb gilt die Erdbebengefahr als zu groß – erst dieses Jahr haben bei Albstadt wieder Wände gewackelt. Und die Bodenseeregion ist den Amtsgeologen bereits zu dicht an den Alpen, um Sicherheit für strahlende Castoren zu garantieren. Ein weißer Gebietsstreifen verläuft zudem nördlich von Karlsruhe bis Heilbronn.
Aber sonst: lauter grundsätzlich geeignetes Tiefengestein. In der Region Heidenheim und Ulm bis etwa nach Riedlingen im Kreis Biberach war das erwartet worden. Auf die dortigen tiefen Tonformationen blicken besorgte politische Vertreter seit Jahren. Mehrere Kilometer über die bayerische Grenze hinaus ragt dieses Teilgebiet mit einer Gesteinsmächtigkeit von bis zu 300 Metern. Von elf geowissenschaftlichen Kriterien zur Abwägung, die von der Bundesgesellschaft herangezogen wurden, sind sechs mit „günstig“ und nur eines mit „nicht günstig“ bewertet worden. Zweifel gibt es lediglich an „gebirgsmechanischen Eigenschaften“.
Fast so etwas wie Erleichterung an der Donau
Aus der Donauregion kamen am Montag die schnellsten Wortmeldungen. Bisher, sagt Markus Riethe, Direktor des Regionalverbands Donau-Iller, habe man nur eine Studie der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe von 2007 zur Endlagerung gekannt. Da seien zwei Standorte aufgeführt gewesen, „und zwar bei uns und im Bayerischen Wald“, so Riethe. „Deshalb stand unsere Region bisher im Fokus.“ Am 20. Oktober wollen sich die Rathauschefs zwischen Donau und Iller neu zur Sache beraten.
Erwartungsvoll äußerte sich am Montag der Landrat des Alb-Donau-Kreises, Heiner Scheffold (parteilos). Er lege nun Wert „auf ein absolut transparentes, seriöses, wissenschaftsbasiertes und objektives Verfahren“. Der Ulmer Oberbürgermeister Gunter Czisch (CDU) sagte, wohl auch mit Blick ins benachbarte Bayern, keine der genannten Regionen „darf sich jetzt eilig aus dem Prozess verabschieden – das wäre scheinheilig“.
Die große Überraschung fürs Land ist das riesige Teilgebiet, das sich in Form eines verbreiternden Keils vom Schwarzwald quer durchs Land bis an die bayerische Grenze und von dort Richtung Tschechien zieht. Kristallines Wirtsgestein liegt überall in der Tiefe. Von elf Kriterien gelten sieben als „günstig“ und eines als „nicht günstig“. Vorläufig wird das „Rückhaltevermögen im einschlusswirksamen Gebirgsbereich“ angezweifelt.
Schweigen in einigen Regionalverbänden
Dass nun fast der gesamte Schwarzwald und die Landesregion östlich von Stuttgart bis Bayern zu den Untersuchungsgebieten gehören, führte am Montag verbreitet zu Sprachlosigkeit. Ob beim Regionalverband Freiburg, Schwarzwald-Baar-Heuberg oder Heilbronn-Franken, nirgendwo wollten die Verbandsdirektoren aus der Deckung. Immerhin äußerte sich der Landkreistag Baden-Württemberg. „Die Gebietsvorauswahl kommt für die Landkreise nicht überraschend“, sagte ein Sprecher. „Angesichts der geologischen Gegebenheiten war dies absehbar.“ Man hoffe bei den nächsten Verfahrensschritten auf „frühzeitige Einbeziehung“.