Die Liebe ist verblasst, das Leben zu zweit fühlt sich nicht mehr richtig an. Doch wie beendet man eine Beziehung? Und wie findet man die richtigen Worte, wenn man weiß, dass sie das Gegenüber tief treffen können?
Dieses ständige Gefühl der Genervtheit und Unzufriedenheit. Diese innere Stimme, die flüstert: „Ich möchte anders leben.“ Und die Gewissheit, dass der Partner oder die Partnerin in dieses Zukunftskonzept nicht passt. Doch wie kann man eine Beziehung beenden?
Brief schreiben
Der Trennungswunsch lässt sich in einem Brief oder einer Mail überbringen. Der Berliner Paartherapeut Holger Kuntze plädiert dafür, diese Möglichkeit aktiv zu bedenken. Was landläufig zwar als feige gilt, hat – im ersten Schritt der Trennung – aber zwei starke Vorteile. Der erste Vorteil: Die Worte, mit denen die Trennung formuliert wird, lassen sich sorgsam und mit Bedacht wählen. Der zweite Vorteil: „Die Briefform schenkt dem Adressaten oder der Adressatin die Möglichkeit, nicht sofort reagieren zu müssen“, sagt Holger Kuntze. Denn wer verlassen wird, wird zunächst von Angst, Trauer und Verzweiflung gepackt.
Dem anderen zur Verfügung stehen
Augen zu und durch? Es kann verlockend sein, die Trennung schnell durchzuziehen. Doch einen Brief zu schreiben, bedeutet nicht, sich vor Gesprächen drücken zu dürfen. Jedenfalls dann nicht, wenn das Ziel eine gute Trennung ist, also eine Trennung, die auch für die verlassene Person so erträglich wie möglich ablaufen soll. „Offenheit ist notwendig, damit der Ex-Partner oder die Ex-Partnerin den Trennungswunsch auf Dauer verstehen und verarbeiten kann“, sagt Holger Kuntze. So kann in dem Brief stehen: „Du entscheidest, ob du jetzt erst mal für dich sein möchtest oder ob du gleich mit mir reden willst.“ Ein Leitfaden sollte sein: „Auch wenn ich bei meiner Entscheidung bleibe, bin ich für dich da.“
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Vorbereitet sein
Zu diesem Zeitpunkt ist es hilfreich, den Trennungsprozess präzise durchdacht zu haben. Wer weiß, welche Stresssituationen kommen können, ist vorbereitet und kann eher die Ruhe bewahren. Wo schlafe ich nach einem Trennungsgespräch? Bleibe ich in der gemeinsamen Wohnung oder ziehe ich zu Freunden? Wie kann ich Kinder an diesem Tag und an anderen Tagen vor lauten Auseinandersetzungen schützen?
Langsam vorgehen
Wertschätzend zu bleiben, hilft beiden Beteiligten. Doch es ist wichtig, sich dem Tempo der verlassenen Person anzupassen. Sie hinkt in der Verarbeitung der Trennung weit hinterher. Noch lange muss sie mit heftigen Emotionen zurechtkommen, während man selbst bereits rationale Überlegungen rund um Kindesunterhalt, Umzug und finanziellen Ausgleich anstellt. „Wer zu viel Gas gibt, riskiert, dass der Ex-Partner oder die Ex-Partnerin kollabiert“, warnt der Therapeut Holger Kuntze. Die folgenden Tage und Wochen böten ausreichend Zeit, alle weiteren Fragen zu klären. Wichtig bleibt auch dann Fingerspitzengefühl.
Wut aushalten
Trotz aller Umsicht: Wer sich trennen will, muss mit Enttäuschung und Wut rechnen. „Wut ist maskierte Trauer“, erklärt der Paartherapeut. Und Wut darf sein. Holger Kuntze: „Sagen Sie sich: Ich halte die Wut aus, die mir entgegenkommt. Ich gestatte meinem oder meiner Ex, wütend zu sein.“ Das sollte auch dann gelten, wenn man selbst bei Freunden und Bekannten schlechtgemacht wird. „Darüber lässt sich später mit den Freunden reden.“ Außerdem ist es wichtig, die Wut nicht zu schüren – zum Beispiel durch Floskeln, die wenig Verständnis zeigen. „Wir können doch Freunde bleiben“, „Es war für dich doch auch nicht immer schön“, „In einem halben Jahr geht es dir besser“ gehören dazu.
Kommunikation abbrechen
Trotzdem lässt sich nicht immer vermeiden, dass die Situation eskaliert. Denn eine Trennung ist ein zutiefst einschneidendes Erlebnis. Männer leiden unter einer Trennung ebenso stark wie Frauen, wie eine britische Studie zeigt. Wenn aber Tränen fließen, Türen knallen, Geschirr zu Boden geht, gilt es, die Kommunikation zu beenden. „Deine Wut macht mir Angst“, lässt sich sagen. „Ich fühle mich nicht sicher, deshalb gehe ich jetzt.“
Den oder die Ex schützen
Die Trennung scheint überstanden? Ein guter Kontakt danach kann bereichernd sein, nicht aber, wenn der oder die Verlassene insgeheim hofft, dass die Liebe wieder aufflammt. „Da kann es sinnvoll sein, den Kontakt zum Beispiel ein halbes Jahr lang zu unterbinden, um den anderen vor ständigen ernüchternden Enttäuschungen zu schützen“, rät Kuntze.
Sich um sich selbst kümmern
Endlich Luft zum Atmen, endlich frei! Sind das die Gefühle, die sich einstellen, wenn die Trennung erfolgt ist? Nein, auch diejenigen, die sich trennen, haben enorme Trennungsschmerzen. „Scheiden tut weh“, heißt es in einem alten Volkslied. Einer Studie von Elite-Partner zufolge litt oder leidet ein Drittel der Singles, die selbst aktiv Schluss gemacht haben, danach unter Liebeskummer. Auch ihnen fehlen zunächst der vertraute Umgang miteinander und die Rituale in der Partnerschaft, die Halt gaben. „Darüber hinaus ist es schwer für sie, den Partner oder die Partnerin von einst im Leid zu sehen. Manchmal stellen sich auch Schuldgefühle ein“, sagt Kuntze. Da helfe nur, sich klarzumachen: Ich habe mich entschieden, das zu tragen – für das, was mir in der Beziehung fehlte und wofür ich mich nun einsetzen möchte. Bis die meisten über eine Trennung hinweg sind, dauert es Studien zufolge ungefähr ein Jahr.
Info
Trennungsgespräch
Wann?Manchmal ist es nicht leicht, den richtigen Zeitpunkt zu finden, um eine Beziehung zu beenden. Wer verantwortungsvoll handeln will, sollte darauf achten, dass kurzfristig beim anderen keine wichtigen Ereignisse anstehen – er oder sie also keine wichtige Prüfung ablegen muss. Darüber hinaus ist es für den Verlassenen hilfreich, wenn er am nächsten Tag durch Freunde aufgefangen werden kann – zum Beispiel, weil Wochenende ist.
Wo?Wer Sorge vor starken Emotionen hat, leitet die Trennung nicht zu Hause ein. Beim Spaziergang oder im Café kann man sich Emotionen nicht so brutal hingeben. Alternativ ist es möglich, in einer Paartherapie begleitet Trennungsgespräche zu führen.