Über diesem Kessel soll das Opfer verbrüht worden sein. Foto: picture alliance/dpa/Stephen Wolf

Eine junge Frau wird bei einem Fasnachtsumzug über einen heißen Hexenkessel gehalten und verbrüht. Doch niemand wird dafür verurteilt. Wie begründet das Landgericht die Einstellung des Verfahrens?

Heilbronn/Eppingen - Vier Tage nach der Einstellung des so genannten Hexenkesselprozesses hat das Heilbronner Landgericht die Gründe für seine Entscheidung veröffentlicht. Demnach sei es dem Gericht nicht gelungen, dem Angeklagten „mit der erforderlichen Sicherheit nachzuweisen“, dass er das Opfer, eine junge Zuschauerin, beim Eppinger Nachtumzug selbst über den heißen Hexenkessel seiner Hexengruppe gehalten habe. Die damals 18-Jährige rutschte ab und verbrühte sich dabei die Füße bis unter das Knie.

In dem Berufungsverfahren hatte das Gericht zahlreiche Zeugen angehört. Doch deren Aussagen hätten sich in entscheidenden Punkten widersprochen. Bereits den eigentlichen Tathergang habe die Kammer „nicht vollständig aufklären“ können. Gesichert sei lediglich, dass die junge Frau von zwei Maskenträgern fortgeschleppt und über den Kessel gehalten worden sei. Demnach schließt das Gericht auch nicht aus, dass die junge Frau von ihren eigenen Freunden über den brodelnden Kessel gehalten wurde. Außenstehende hätten nicht ohne weiteres erkennen können, dass der Kessel derart heiß gewesen sei. Auch das Feuer sei nicht sichtbar gewesen, so das Gericht.

Niemand übernimmt Verantwortung

In erster Instanz war der Mann noch wegen fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 6600 Euro verurteilt worden. Nun kommt der 34-Jährige mit der Auflage einer Geldbuße von 6000 Euro etwas günstiger weg. Sie fließt an eine karitative Einrichtung. Der Angeklagte trage Verantwortung für die Verletzungen der Frau, sagte die Kammer. Ihm – wie auch jedem anderen Mitglied seiner Hexengruppe – sei die Gefährlichkeit des mitgeführten Kesselwagens bewusst gewesen. Trotzdem seien keine Sicherheitsvorkehrungen getroffen worden. Auch sei niemand die eigentliche Verantwortung für den Kesselwagen übertragen worden.

Für das Gericht steht fest, dass durch eine bessere Aufsicht „eine missbräuchliche Annäherung – gleich, durch wen – unschwer hätte verhindert“ werden können. Dieses Versäumnis habe der Angeklagte eingeräumt. Zudem sei er nicht vorbestraft, eine Wiederholungsgefahr bestehe aus Sicht des Gerichts nicht. Deshalb habe man auf eine Verurteilung verzichten können. Im Vergleich zum ursprünglichen Vorwurf des aktiven Tuns handle es sich nun lediglich um eine so genannte Unterlassensverschuldung. Dem öffentlichen Interesse an einer Strafverfolgung könne man durch die Zahlung der Geldbuße abhelfen.

Wer trägt das Schmerzensgeld?

Der juristische Vertreter der Nebenklägerin wollte sich zum Ausgang nicht äußern. In einem Zivilverfahren war dem Opfer bereits ein Schmerzensgeld von 50 000 Euro zugesprochen worden, das von der Versicherung des städtischen Verkehrsvereins als Veranstalter des Eppinger Nachtumzugs beglichen wurde. Ob sich nach der Einstellung des Strafverfahrens nun auch der Angeklagte am Schmerzensgeld beteiligen muss, bleibt offen (12 Ns 11 Js 4103/18).