EnBW-Chef Villis verteidigt Linie - Umweltminister Untersteller hat Gesprächsbedarf.

Stuttgart - Das Thema "Was wird aus der EnBW?" unter der grün-roten Landesregierung scheint ein Fortsetzungsroman zu werden. Aber keiner weiß, was das nächste Kapitel bringt. Am Montag sind sich zwei Hauptfiguren begegnet.Der Titel der Veranstaltung klingt unspektakulär. "Die Zukunft der Energiewirtschaft in Europa" steht da in großen Buchstaben, als sich Fachleute aus der Energiebranche am Montag bei der IHK Region Stuttgart treffen. Aber ein Blick auf die Gästeliste dieses deutsch-finnischen Kongresses macht klar, dass hier Welten aufeinandertreffen. Während die Deutschen den Atomausstieg beschlossen haben und alles daran setzen wollen, die erneuerbaren Energien auszubauen, setzt das Land im hohen Norden zwar auch auf die Nutzung von Wind und Wasser, hält aber weiter an der Kernenergie fest und baut sogar neue Reaktoren. "Deutschland und Finnland sind zu Antipoden geworden", fasst Landtagspräsident Guido Wolf (CDU) die Entwicklung in seiner Begrüßung zusammen und betont: "Man sollte nicht übereinander reden, sondern miteinander sprechen."

Wolfs Appell kann durchaus auf die aktuelle Lage um die EnBW übertragen werden. Obwohl das Land seit dem (umstrittenen) Wiedereinstieg im Dezember 2010 einer der beiden Hauptaktionäre ist, tut sich Grün-Rot schwer mit der Frage, was aus der EnBW werden soll. Seit Wochen fordern Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) von der EnBW-Führung eine Strategie für die Neuausrichtung des bisher atomkraftgeprägten Konzerns hin zum Öko-Unternehmen. Allein, Konzernchef Hans-Peter Villis versteht das nicht mehr, weil es dieses Konzept längst gebe.

Genau diese Front wird am Montag bei dem Energiekongress wieder deutlich. Villis betont gleich mehrmals, die EnBW habe bereits vor zehn Jahren auf den Atomkonsens der damaligen rot-grünen Bundesregierung reagiert: "Wir wussten, dass die Kernenergie endlich ist. Wir haben investiert und die unternehmerischen Antworten gegeben", verweist er auf milliardenschwere Engagements in Wasser- und Windkraft. Wer behaupte, die EnBW habe den Zeitpunkt verschlafen, der liege falsch. "So ein Umstieg braucht aber Zeit." Allein schon wegen des Ausbaus der Netze, um den Strom zum Beispiel aus der Ostsee in den Südwesten zu bringen. Und, so betont Villis: "Wir wollen weiter investieren, und zwar insbesondere in Baden-Württemberg und Deutschland."

Untersteller bleibt skeptisch

Kein Zweifel: Villis will dem Kongress klarmachen, dass die Meinung, die Grün-Rot über die EnBW und seine Person verbreitet, nicht stimmt. Aber Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) bleibt skeptisch. Wenn das politische Ziel erreicht werden solle, bis zum Jahr 2020 mindestens 20 Prozent des Strombedarfs über regenerative Energien abzudecken, dann seien das eben "enorme Herausforderungen" für die EnBW. Da hätte man schon früher "durchaus mehr machen können". Gerade die Chancen der Windenergie seien von der Branche "erheblich unterschätzt" worden". Das Land bleibe bei seiner Vorgabe: Bevor entschieden werde, ob es die von Villis geforderten 400 Millionen Euro Kapitalerhöhung gibt, brauche man "bis Jahresende Klarheit über die strategische Ausrichtung".

So bleiben die Fronten verhärtet. "Wir müssen die nächsten Tage miteinander reden", ruft Untersteller Villis beim Verlassen des Kongresses noch zu. Ob es dann auch um die Vertragsverlängerung des Vorstandschefs geht? Hinter den Kulissen, so heißt es, werde seit Wochen nach einem Nachfolger für Villis gesucht. Offiziell wird das von der Landesregierung bestritten, Insider bestätigen aber sehr wohl, dass der Markt "nach einem Kopf, der für die Energiewende steht", sondiert wird. Offenbar gab's bisher nur Absagen. Der mögliche Grund: Niemand mag sich derzeit an der EnBW die Finger verbrennen, zumal keiner weiß, was Grün-Rot mit dem drittgrößten deutschen Energiekonzern machen will. Villis selbst scheint inzwischen aber zuversichtlich, dass er ab 2012 einen neuen Fünf-Jahres-Vertrag erhält. "Ich gehe davon aus, dass man mir auch in Zukunft das Vertrauen schenkt", sagt er am Montag. Die Rückendeckung der Arbeitnehmer und des zweiten Hauptaktionärs, der OEW, hat er. Aber die Retourkutsche von Grün-Rot kommt am Montag sofort. "Im Gegensatz zu anderen halte ich in solchen Fragen eine öffentliche Kommunikation nicht für sinnvoll", sagt Staatsministerin Silke Krebs (Grüne) zu Villis' Erwartungen. Und ein Sprecher von Wirtschaftsminister Schmid meint, Villis' Äußerungen seien "nicht hilfreich".