Wiedersehen vor Gericht: Martin Schockenhoff (links) von der Kanzlei Gleiss Lutz begrüßt Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus und dessen Anwalt Peter Gauweiler (rechts) Foto: dpa

Der milliardenschwere EnBW-Deal dürfte auch weiterhin die Gerichte beschäftigen. Nach der Niederlage in Stuttgart strebt Ex-Regierungschef Mappus nun vor den Bundesgerichtshof.

Stuttgart - Ein Vergleich? Nein. Eine gütliche Einigung? Schon gar nicht. Alle Versuche des Oberlandesgerichts Stuttgart, die Akte Mappus zu schließen, sind schiefgegangen. Sowohl der ehemalige Ministerpräsident als auch die Stuttgarter Kanzlei Gleiss Lutz konnten sich bei ihrem jüngsten Aufeinandertreffen nicht in der Frage einig werden, was da passiert war in jener mittlerweile berühmt-berüchtigten Nacht vom 5. auf den 6. Dezember 2010. Damals war der fast fünf Milliarden Euro teure Rückkauf der EnBW-Aktien vom französischen Energiekonzern EdF bekanntlich im Staatsministerium unter strengstem Stillschweigen vollzogen worden, ehe der Deal am nächsten Tag in der Öffentlichkeit bekannt wurde.

Allein, die vermeintliche Freude über die Rückholung der Anteile am drittgrößten deutschen Energiekonzern währte nicht lange. Dann entschied der Staatsgerichtshof, dass das Geschäft ohne Beteiligung des Landtags verfassungswidrig gewesen sei.

Die Konsequenzen sind hinlänglich bekannt: Der Stern von Stefan Mappus sank weiter, der damalige Finanzminister Willi Stächele, der kraft Amtes die Unterschrift unter den Notbewilligungsparagrafen gesetzt hatte, musste später als Landtagspräsident zurücktreten. Doch die Frage, wer Schuld an dem gesamten Desaster hat, blieb lange ungeklärt. Und ist es auch jetzt noch.

Mappus’ Hintergedanke

Zwar wies das Oberlandesgericht die Klage von Mappus gegen Gleiss Lutz wegen des Vorwurfs der Falschberatung zurück. So ganz sicher sind sich die Richter aber nicht und ließen – was laut Justizexperten in solchen Fällen höchst selten vorkommt – die Revision zum Bundesgerichtshof zu. Der Hintergedanke: Es kommt nicht selten vor, dass sich Regierungen von Anwälten beraten lassen. Aber wer haftet dann dafür, wenn ein Fehler geschieht? Zur Erinnerung: Gleiss Lutz behauptet bis heute, man habe Mappus und Co. vor den Risiken des Aktien-Deals ausgiebig gewarnt. Nur, alle anderen Beteiligten weisen das empört zurück. „Wenn ich gewusst hätte, dass es Risiken gibt, hätte ich das Geschäft nicht abgeschlossen“, hat Mappus stets betont.

So deutet alles darauf hin, dass der Bundesgerichtshof sich des Themas nun annimmt. „Das könnte ein Grundsatzurteil werden“, sagte Peter Gauweiler, Anwalt von Mappus, am Mittwoch unserer Zeitung in München. Man rate Mappus „dringend, die Möglichkeit der Revision zu nutzen“. Und alles sieht danach aus, dass der 49-Jährige in die nächste Instanz gehen wird. Zwar werde man, so Gauweiler, das komplette Urteil samt Begründung noch abwarten, aber dann dürfte der Gang nach Karlsruhe erfolgen.

Überraschung vor Gericht

In der Tat scheint der neuerliche Versuch, die Kanzlei Gleiss Lutz und ihren damals in der Angelegenheit führenden Anwalt Martin Schockenhoff auf Schadenersatz wegen des Vorwurfs der Falschberatung zu verklagen, nicht aussichtslos. Zwar hatte das Oberlandesgericht argumentiert, Mappus sei kein Partner in dem Vertrag zwischen der Kanzlei und dem Land gewesen, weshalb er keine Ansprüche geltend machen könne. Fakt ist aber: Mappus machte das Geschäft in Diensten des Landes. Aus Sicht von Anwalt Gauweiler hat der Fall deshalb „grundsätzliche Bedeutung“. Eine entscheidende Frage: Wie sollen solche Vorgänge, in denen sich Regierende auf externen Rat verlassen, sonst künftig abgesichert sein?

Was bei dem Prozess vor dem Oberlandesgericht auch überraschte: Das Gericht zeigte sich indirekt verwundert über das lange Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft gegen Mappus. Immerhin hatte die Stuttgarter Behörde über zwei Jahre gegen Mappus und andere Beteiligte des Geheimgeschäfts wegen des Verdachts der Untreue ermittelt. In der Einstellungsverfügung vom 29. Oktober 2014 hieß es dann: „Nach Auswertung aller sichergestellten Beweismittel kann nicht widerlegt werden, dass der Beschuldigte Mappus spätestens nach Erhalt der am Abend des 20. November 2010 vom Beschuldigten Notheis an ihn weitergeleiteten E-Mail der Kanzlei Gleiss Lutz, nach der die Lösung über Artikel 81 der Landesverfassung (die Zustimmung des Finanzministers) von den Verfassungsrechtlern der Kanzlei Gleiss Lutz abgesegnet worden sei, auf diese Auskunft seiner Rechtsberater in diesem Punkt vertraut hat.“

Im Klartext: Mappus verließ sich auf den Rat der Anwälte – und war damit verlassen. Nun setzt er auf den Bundesgerichtshof. „Ich möchte recht bekommen“, sagt er.