Nun ist es entschieden: Es wird keine Anklage gegen Stefan Mappus geben. Auch Dirk Notheis (Morgan Stanley), Ex-Finanzminister Willi Stächele und Ex-Staatsminister Helmut Rau können aufatmen. Foto: dpa

Es kam wie zuletzt schon erwartet: Die Staatsanwaltschaft Stuttgart die Ermittlungsverfahren gegen die Hauptbeteiligten des EnBW-Deals um Ex-Ministerpräsident Mappus eingestellt. Die Affäre könnte aber noch ein Nachspiel haben.

Stuttgart - Die Anwälte von Stefan Mappus sind die Schnellsten. Kaum hat die Staatsanwaltschaft Stuttgart am Mittwochvormittag das Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Untreue gegen den früheren Ministerpräsidenten im Zusammenhang mit dem EnBW-Deal eingestellt, gibt es bereits eine erste Reaktion. Dieser Schritt und die damit verbundene „Rehabilitierung von Herrn Mappus sind ein großer Erfolg des Rechtsstaates“, teilt Christoph Kleiner, einer von mehreren Anwälten des früheren Regierungschefs, mit und fügt ein wenig triumphierend hinzu: „Wir freuen uns, dass unser Rechtsstandpunkt bestätigt worden ist.“ Auch die Juristen von Dirk Notheis, zum Zeitpunkt des Aktiengeschäfts noch Chef der Investmentbank Morgan Stanley und Berater von Mappus in dem knapp fünf Milliarden Euro teuren Deal, frohlocken: „Herr Dr. Notheis ist damit vollumfänglich bezüglich der gegen ihn erhobenen strafrechtlichen Vorwürfe entlastet. Sie waren von Anfang an unbegründet.“

Pflichtverletzung, aber kein vorsätzliches Handeln

Kein Zweifel: Die beiden Hauptakteure des Geheim-Geschäfts vom Dezember 2010, als Mappus quasi über Nacht dem französischen Energiekonzern EdF den 45-Prozent-Anteil an der Energie Baden-Württemberg (EnBW) abkaufte, atmen hörbar auf. Zwar wirft die Staatsanwaltschaft Stuttgart in der 146 Seiten dicken Einstellungsverfügung Mappus und Notheis, aber auch dem damals beteiligten Staatsminister Helmut Rau und Finanzminister Willi Stächele (beide CDU) vor, sie hätten ihre Pflicht verletzt, den Kaufgegenstand vor der Unterzeichnung des Vertrages genau zu prüfen und zu bewerten. „Jedoch konnte ihnen kein vorsätzliches Handeln bezüglich eines Vermögensschadens zum Nachteil des Landes Baden-Württemberg nachgewiesen werden“, heißt es im Juristendeutsch. Eine drohende Anklage ist also vom Tisch.

"EnBW-Deal ist und bleibt ein schlechtes Geschäft"

So klar die Entscheidung der Staatsanwälte ist, so sehr tun sich SPD und Grüne am Mittwoch schwer, die Einstellung zu akzeptieren. „Der EnBW-Deal ist und bleibt ein schlechtes Geschäft für das Land und ein Armutszeugnis für die wirtschaftspolitische Kompetenz der CDU“, sagt Hans-Ulrich Sckerl (Grüne). Die Staatsanwaltschaft habe bestätigt, „dass Mappus und Co. ihre Vermögensbetreuungspflicht gegenüber dem Land verletzt“ hätten. An der Klage beim Schiedsgericht der Internationalen Handelskammer in Paris werde man deshalb festhalten, „um wenigstens einen Teil der verschwendeten Steuergelder zurückzuholen“. Bekanntlich will Grün-Rot von der EdF rund 800 Millionen Euro vom angeblich überhöhten Kaufpreis wiederhaben.

Auch die SPD mag die Einstellung der Ermittlungen nicht als Sieg für die EnBW-Deal-Macher werten. Die Staatsanwaltschaft habe bestätigt, dass Mappus und seine Mitstreiter „ihre Vermögensbetreuungspflicht verletzt und ihre Amtspflichten vernachlässigt haben“, betont SPD-EnBW-Experte Sascha Binder.

Münchner Finanzwissenschaftler rückt in den Fokus

Kommt der Fall damit also zu den Akten? Eher nicht. Denn vieles deutet darauf hin, dass nun der Münchner Finanzwissenschaftler Wolfgang Ballwieser nochmals in den Fokus rückt. Er hatte Ende 2013 im Auftrag der Staatsanwaltschaft ein Gutachten zum EnBW-Deal erstellt und war darin zu dem Ergebnis gekommen, dass Mappus einst 780 Millionen Euro zu viel für das Aktienpaket bezahlt habe. Abgesehen von dem Verdacht, dass er sich bei seinen Berechnungen um eine Milliarde Euro verrechnet haben soll und er enge Kontakte zu einem anderen Gutachter gepflegt haben soll, der den Deal im Auftrag von Grün-Rot untersuchte, sind nun neue Zweifel an seiner Arbeit aufgetaucht.

Nach Recherchen der Stuttgarter Nachrichten erstellte er im Jahr 2006 schon einmal ein Gutachten zum Wert der EnBW und soll damals um drei Milliarden Euro höher gelegen haben – obwohl der Gewinn des drittgrößten deutschen Energiekonzerns seinerzeit deutlich niedriger war als beim EnBW-Deal im Dezember 2010. Wie es zu dem Unterschied kommen konnte, ist noch unklar.