Stefan Mappus soll im Juni vor dem Untersuchungsausschuss reden Foto: dpa

Die Aufklärung des milliardenschweren EnBW-Deals stockt seit Monaten. Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus war die zentrale Figur des Geheimgeschäfts. Nur er weiß, was geschah.

Stuttgart - Es war im vergangenen Jahr. Der Untersuchungsausschuss des Landtags, der den ominösen EnBW-Deal aufklären soll, tagte regelmäßig. Und je länger die Zeugenvernehmungen dauerten, desto mehr Details zu dem Geschäft wurden bekannt, umso größer wurde aber auch der Ärger bei Stefan Mappus (CDU). Der Ex-Ministerpräsident, der im Herbst 2010 am Landtag vorbei dem französischen Energieversorger EdF für rund fünf Milliarden Euro den EnBW-Anteil abgekauft hatte, wollte lieber heute als morgen aussagen, um seine Sicht der Dinge darzustellen. Alleine, es kam anders. Mappus war nach seiner ersten, über achtstündigen Zeugenaussage vom März fortan zum Zuschauen verurteilt und musste stattdessen mitansehen, wie die Staatsanwaltschaft im Juli 2012 bei ihm zur Hausdurchsuchung einrückte und Akten sowie Telefondaten beschlagnahmte.

Nun also, nach monatelangem Warten und einem zwischenzeitlich abgesagten Vernehmungstermin im Oktober 2012, könnte er im Juni reden – und das gleich zweimal. Der Untersuchungsausschuss will den Ex-Ministerpräsidenten am 7. und 14. Juni vernehmen. Zum einen dürfte es um sein Verhältnis zum bisherigen Ausschussvorsitzenden Ulrich Müller (CDU) gehen, von dem er wiederholt Unterlagen erhielt. Zum anderen würde Mappus sicher gerne etwas dazu sagen, dass er sich einst bei dem Geheimgeschäft auf den Rat von Anwalt Martin Schockenhoff aus der Stuttgarter Kanzlei Gleiss Lutz verließ – und damit verlassen war. Denn die Anwälte hatten grünes Licht gegeben, das Geschäft geheim und ohne Landtagsbeteiligung durchzuziehen. Ein Vorgehen, das später vom Staatsgerichtshof jedoch als verfassungswidrig verurteilt wurde.

Ob Mappus erneut vor dem Ausschuss reden wird, ist völlig offen

Ob Mappus nun aber erneut vor dem Ausschuss reden wird, ist völlig offen. Christoph Kleiner, einer seiner Anwälte, sagte am Montag auf Anfrage unserer Zeitung, man werde „zu gegebener Zeit entscheiden, ob unser Mandant vor dem Untersuchungsausschuss noch einmal aussagt“. Zum einen habe man bisher keine Ladung vorliegen, zum anderen habe sich die Ausgangslage seit vergangenem Jahr verändert. „Herrn Mappus steht ein Aussageverweigerungsrecht zu. Diese neue Sachlage müssen wir beurteilen“, so Kleiner. Der Grund: Da die Staatsanwaltschaft Stuttgart gegen Mappus und andere Beteiligte wegen des Verdachts der Untreue zulasten der Steuerzahler ermittelt, müsste der Ex-Ministerpräsident nicht aussagen. Sein Berater beim EnBW-Deal, der frühere Morgan-Stanley-Chef Dirk Notheis, hat bereits angekündigt, nicht noch einmal auszusagen. Auch gegen ihn wird ermittelt.

Ein Sprecher des Landtags sagte am Montag unserer Zeitung, nach jetziger Planung solle der Untersuchungsausschuss bei einer nichtöffentlichen Sitzung am 19. April die Ladung von Mappus für den Juni formal beschließen. Das Problem: Solange die Staatsanwaltschaft Stuttgart gegen die Beteiligten des EnBW-Deals ermittelt, behält Mappus sein Aussageverweigerungsrecht. Und „ein Ende der Ermittlungen ist nicht absehbar“, so eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft.

Zwar werde man dem Ausschuss im April zehn weitere Ordner mit Unterlagen übergeben, darunter Computerdaten und Akten aus der Hausdurchsuchung bei Mappus sowie die Auswertung der Sicherungskopien von Mappus’ Dienstcomputer im Staatsministerium. Aber: „Wir sind mit der Durchsicht der beschlagnahmten Unterlagen noch nicht fertig“, betonte die Sprecherin.

„Er hat uns erklärt, alles gehe sauber mit rechtlichen Dingen zu.“

Die Rätsel über die Hintergründe des Milliardengeschäfts dürften also anhalten. Zumindest CDU-Landtagsfraktionschef Peter Hauk hatte am vergangenen Freitag als Zeuge im Untersuchungsausschuss noch einmal deutlich gemacht, wie brisant der Deal damals war. Hauk erklärte, er habe am Abend des 5. Dezember 2010 auf dem Handy einen Anruf des damaligen Ministerpräsidenten erhalten mit der Aufforderung, die Landtagsfraktion für den nächsten Tag zu einer Sondersitzung einzuberufen. „Ich habe ihn nach den Gründen gefragt und ihm klargemacht, dass ich ohne Tagesordnung nicht einlade“, erinnerte sich Hauk. Aber Mappus habe eine Aussage unter Verweis auf „rechtliche Gründe“ abgelehnt. Also wurden die Abgeordneten ohne Begründung nach Stuttgart einbestellt. Um ihm vorab Details zu erklären, bestellte Mappus den Fraktionschef für den nächsten Morgen um 8.30 Uhr in die Regierungszentrale. Doch Hauk blieb im Schnee stecken und meldete sich telefonisch bei Mappus. „Ich wurde durchgestellt zu ihm“, so Hauk, Mappus habe ihm in einem „fünf- bis zehnminütigen Telefonat“ den Rückkauf der EnBW-Anteile geschildert. Alles Weitere, so der Tenor, werde später in der CDU-Landtagsfraktion erläutert. Dort aber kam eine Debatte zu spät. Erstens war zu jenem Zeitpunkt der Kaufvertrag zwischen Mappus und den Franzosen schon unterschrieben. Zweitens habe Anwalt Schockenhoff alle „Bedenken in arroganter Form brüsk und harsch zurückgewiesen“, so Hauk. Auch die Umgehung des Landtags habe der Gleiss-Lutz-Anwalt verteidigt. „Er hat uns erklärt, alles gehe sauber mit rechtlichen Dingen zu.“ Bekanntlich kam es anders.