Erst Berater, jetzt Kontrahenten vor Gericht: Martin Schockenhoff (links) von der Kanzlei Gleiss Lutz und Ex-Ministerpräsident Mappus mit Peter Gauweiler im Jahr 2015. Foto: dpa

Beim Bundesgerichtshof fährt der ehemalige Ministerpräsident Stefan Mappus als Verlierer nach Hause und bekommt kein Geld von Gleiss Lutz.

Karlsruhe - Manchmal könnte der Zufall gar nicht größer sein. Donnerstagmittag, 12 Uhr. High Noon in Karlsruhe vor dem Bundesgerichtshof. Es stehen sich gegenüber: Stefan Mappus, einst CDU-Ministerpräsident von Baden-Württemberg. Auf der anderen Seite die Anwälte der bislang so renommierten Stuttgarter Anwaltskanzlei Gleiss Lutz. Es ist die entscheidende Schlacht in dieser jahrelangen Auseinandersetzung um die Frage, ob sich die Kanzlei einen verhängnisvollen Fehler bei der Beratung des Ministerpräsidenten geleistet hat.

Die Ausgangslage ist dabei relativ einfach. Der frühere Regierungschef will von Gleiss Lutz Schadenersatz für die Tatsache, dass die Anwälte ihn nach Sicht vieler Experten in der Nacht vom 5. auf 6. Dezember 2010 falsch beraten haben. In jener Nacht zum Nikolaustag wurde der milliardenschwere Rückkauf der EnBW-Anteile vom französischen Energiekonzern EdF perfekt gemacht. Für knappe fünf Milliarden Euro, vorbei am Landtag, was sich später als Verfassungsbruch herausstellte. Tagelang hatten die Experten von Gleiss Lutz auf Bitten von Mappus und seines Freundes und Top-Bankers Dirk Notheis den Fall geprüft. Der Aufwand hatte seinen Grund: Die Franzosen wollten das Geheimgeschäft mit dem Land Baden-Württemberg nur machen, wenn es still, heimlich und ohne die Einschaltung der Parlaments vonstatten geht. Mappus, so wurde später berichtet, habe den Anwälten das mehrfach klargemacht und deutlich hinzugefügt: Wenn es keinen juristisch wasserdichten Weg gibt, dann lassen wir das Geschäft eben platzen.

Die Affäre kocht weiter

Doch Gleiss Lutz, schon früher oft in Diensten des Landes tätig, kam zum Schluss, dass es geht. Und so unterschrieb der damalige Finanzminister Willi Stächele in jener Nacht das so genannte Notbewilligungsrecht, um das Milliardengeschäft freizugeben. Nachfragen von ihm, aber auch von Kabinettsmitgliedern wie dem damaligen Minister Wolfgang Reinhart am nächsten Morgen, bügelte Gleiss-Lutz-Vormann Martin Schockenhoff schnell ab. Seine Botschaft: Verlassen Sie sich auf uns, wir wissen was wir tun.

Allein, das Land war damit verlassen. Der Staatsgerichtshof wertete das Geschäft als verfassungswidrig, der inzwischen zum Landtagspräsidenten aufgestiegene Stächele musste zurücktreten, die Staatsanwaltschaft eröffnete Ermittlungsverfahren gegen Mappus und die anderen Beteiligten des Landes wegen des Verdachts der Untreue. Inzwischen sind alle Verfahren längst eingestellt.

Aber die Affäre kocht weiter. Seit Monaten versuchen die damals beteiligten Stächele sowie Staatsminister Helmut Rau ihre Anwaltskosten vom Land wieder zu bekommen. Vergeblich. Die Regierungszentrale hat die Sache inzwischen an das Finanzministerium abgegeben. Auch Mappus verlangt Schadenersatz und Verdienstausfall, dem Vernehmen nach haben sich seine Anwaltskosten inzwischen auf eine hohe sechsstellige Summe addiert.

Klage abgewiesen

Doch sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht Stuttgart lehnten dieses Begehr bisher ab. Am Donnerstag nun musste der Bundesgerichtshof deshalb die knifflige Frage entscheiden: Hat Mappus bei dem Milliardengeschäft in Diensten des Landes entschieden oder kann er gar keine Ansprüche geltend machen, weil das Land an sich letztendlich der Käufer war. Oder anders gesagt: Hatte Gleiss Lutz einen Vertrag mit Mappus oder mit dem Land?

Der BGH wies die Schadenersatzklage des Politikers am Abend ab. Aus dem Anwaltsvertrag mit dem Land Baden-Württemberg könne Mappus, der nicht Vertragspartner war, keine Ansprüche ableiten. „Es ging um die Vorbereitung einer Entscheidung des Landes, nicht des Ministerpräsidenten“, hatte der Vorsitzende Richter Godehard Kayser bereits in der mündlichen Verhandlung gesagt.

Zu dem Termin erschien Mappus mit einer ganzen Entourage an Anwälten – darunter der ehemalige CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler. In den kleinen Saal mussten weitere Tische und Stühle geschafft werden. Zur Urteilsverkündung erschien von den Parteien jedoch niemand mehr. Bereits in der mündlichen Verhandlung hatte sich abgezeichnet, dass Mappus den Prozess verlieren würde.