Stefan Mappus - Wende im EnBW-Deal? Foto: dpa

Im Streit um die Frage, ob Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus zu viel für den Kauf der EnBW-Teile an den französischen Energiekonzern EdF bezahlt hat, zeichnet sich eine spektakuläre Entwicklung ab.

Stuttgart/Zürich - Im Streit um die Frage, ob der ehemalige baden-württembergische Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) im Dezember 2010 einen zu hohen Preis für den Kauf der EnBW-Teile an den französischen Energiekonzern EdF bezahlt hat, zeichnet sich eine spektakuläre Entwicklung ab. Nach Informationen der Stuttgarter Nachrichten soll dem Münchner Finanzwissenschaftler Wolfgang Ballwieser in seinem Gutachten für die Staatsanwaltschaft Stuttgart ein grober Rechenfehler unterlaufen sein. Dies geht aus einem neuen Gutachten des Wirtschaftswissenschaftlers Henner Schierenbeck (Basel) sowie einem Beschwerdekatalog des Frankfurter Anwalts Wolf Schiller hervor, die seit dieser Woche der Staatsanwaltschaft vorliegen.

Demnach habe Ballwieser in seiner Unternehmensbewertung der EnBW einen eklatanten Rechenfehler im Zusammenhang mit Förderbeiträgen für das Kernkraftwerk Philippsburg II gemacht und damit den Wert der EnBW mit einer Milliarde Euro zu niedrig angesetzt. Mit der korrekten Berechnung wäre der Preis der EnBW-Aktie um vier Euro höher gewesen. Ballwieser hatte bei der Vorlage seines Gutachtens Anfang Dezember 2013 den Preis der EnBW-Aktie im Dezember 2010 lediglich auf 34,58 Euro taxiert. Wie es zu dem Rechenfehler gekommen sein könnte, ist noch unklar. Ballwieser war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Schierenbeck und Schiller halten in ihren Analysen dem Gutachter der Staatsanwaltschaft weitere Ungereimtheiten vor, unter anderem bei der Berechnung der Verschuldung und der Strompreiskalkulation.

Mappus hatte beim so genannten EnBW-Deal einst 40 Euro pro Aktie (plus 1,50 Euro Dividendenausgleich) bezahlt. Ballwieser war in seinem Gutachten deshalb zu dem Schluss gekommen, dass der damalige Ministerpräsident rund 780 Millionen Euro zu viel an die EdF bezahlt habe. Die baden-württembergische Landesregierung von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) fühlte sich damit in der Kritik an Mappus’ Geheim-Deal bestätigt und erneuerte die Absicht, mit einer Klage vor dem Schiedsgericht der Internationalen Handelskammer in Zürich rund 800 Millionen Euro von der EdF zurückzuklagen. Der Prozess beginnt am 20. Januar.

Aus Sicht der Gegenseite ist die Arbeit von Ballwieser jedoch wertlos. „Das Gutachten weist sachliche und rechnerische Mängel auf“, heißt es in dem Brief von Schiller an die Staatsanwaltschaft. Alleine „ohne den Rechenfehler“ hätte Ballwieser zu einem EnBW-Aktienwert von nahezu 40 Euro kommen müssen. Schiller vertritt in der Affäre den früheren Morgan-Stanley-Chef Dirk Notheis, der für Mappus den EnBW-Deal abgewickelt hatte. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft wollte sich auf Anfrage der Stuttgarteer Nachrichten zu der neuen Entwicklung noch nicht äußern. man müsse die Unterlagen prüfen. Die Behörde ermittelt wegen des EnBW-Deals gegen Mappus, Notheis und andere Beteiligte wegen des Verdachts der Untreue. Ballwiesers Gutachten galt dabei bisher als wichtiger Eckpfeiler der Ermittlungen.