Im Streit um den Wiedereinstieg des Landes beim Energieversorger EnBW steigt der Druck auf den ehemaligen Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU). Der französische Energiekonzern EdF hat Mappus am Donnerstag vorgeworfen, die Unwahrheit gesagt zu haben. Foto: dpa

Neue Aufregung in EnBW-Affäre: EdF belastet Ex-Ministerpräsident wegen Parlamentsvorbehalt.

Stuttgart/Paris- Im Streit um den Wiedereinstieg des Landes beim Energieversorger EnBW steigt der Druck auf den ehemaligen Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU). Der französische Energiekonzern EdF hat Mappus am Donnerstag vorgeworfen, die Unwahrheit gesagt zu haben.

Es hätte ein Kabinettstückchen baden-württembergischer Wirtschaftspolitik werden sollen, nun aber droht es immer mehr zu einem Wirtschaftskrimi ohne Happy End zu werden. Kaum ein Tag vergeht derzeit, an dem nicht neue Details darüber bekannt werden, unter welchen Umständen das Land in der Nacht vom 5. auf den 6. Dezember 2010 den Wiedereinstieg bei der EnBW perfekt gemacht hat.

"Niemals auf einen Parlamentsvorbehalt bestanden"

Den neuesten Beleg lieferte die Electricité de France (EdF) mit einer überraschenden Erklärung am Donnerstag. Tenor der Depesche aus Paris: Man habe beim Verkauf der EnBW-Anteile an das Land niemals auf einen Parlamentsvorbehalt bestanden. Wörtlich heißt es: "Wir haben niemals gefordert, dass das Parlament nicht konsultiert werden soll. Im Übrigen haben wir vom Käufer die schriftliche Bestätigung erhalten, nach denen es nicht nötig ist, das Parlament hinzuzuziehen."

Aber hatte der frühere Ministerpräsident Stefan Mappus nicht immer wieder betont, er habe den spektakulären Fünf-Milliarden-Deal nur deshalb ohne Beteiligung des Landtags vollzogen, weil die Franzosen eben auf strikte Geheimhaltung bestanden hatten und man zudem eine Übernahme der EnBW-Anteile durch Finanzinvestoren oder Großkonzerne aus dem Osten vermeiden wollte?

Erst vor 14 Tagen hatte der Staatsgerichtshof des Landes bekanntlich das Vorgehen der damaligen Regierung gerügt und dem seinerzeitigen Finanzminister Willi Stächele (CDU) einen Verfassungsverstoß zugeschrieben, weil er mit der Freigabe der so genannten Notbewilligungsklausel den Deal am Parlament vorbei erst ermöglicht hatte. Wenige Tage nach dem Urteil war Stächele als Landtagspräsident bekanntlich zurückgetreten.

Wie aber ist es dann einzuordnen, dass der französische Staatskonzern EdF am Donnerstag nun seine Sichtweise der damaligen Vorgänge korrigiert hat? Noch im Februar dieses Jahres, also wenige Wochen vor der Landtagswahl, hatte EdF-Boss Henri Proglio seinen Geschäftspartner Mappus im damals schon schwelenden politischen Streit um den Kauf der EnBW-Anteile entlastet. "Wir haben verlangt, dass das Angebot unwiderruflich ist und an keinerlei aufschiebende Bedingungen geknüpft ist", hatte Proglio während der Bilanzpressekonferenz des französischen Energiekonzerns in Paris betont.

Geringe Aussicht auf Schadenersatz

 Geringe Aussicht auf Schadenersatz

Wenige Wochen zuvor hatte eine Sprecherin der EdF hingegen betont: "Das Unternehmen hat lediglich ein Angebot angenommen, das ihm vom Land unterbreitet wurde." Wieder später hatte es auf Anfrage unserer Zeitung in Paris geheißen, man "hätte niemals ein Angebot mit Auflagen oder Vorbehalten akzeptiert".

Was also stimmt nun? Die EdF jedenfalls sorgte mit ihrer Einschätzung am Donnerstag für heftigen Wirbel. In der baden-württembergischen Politik glühten die Drähte, in der damaligen CDU-Landtagsfraktion herrschte gereizte Stimmung. Abgeordnete berichteten aus einer Sitzung des CDU-Arbeitskreises Wirtschaft, in der die damlige Umweltministerin und enge Mappus-Vertraute Tanja Gönner gereizt auf die neue Debatte reagiert haben soll.

Wirtschafts- und Finanzminister Nils Schmid (SPD) hielt Mappus in einer ersten Reaktion einen gezielten Verfassungsbruch vor: "Es zeigt sich immer deutlicher, dass beim EnBW-Deal nicht sauber gespielt wurde. Ob es die Gefahr aus dem Osten war oder dass die EDF den Parlamentsvorbehalt ablehnte: Diese ganze Argumentation scheint jetzt endgültig wie ein Kartenhaus zusammenzubrechen", sagte Schmid unserer Zeitung.

Er erneuerte seine Ankündigung, zu prüfen, ob das Land den damaligen Regierungschef Mappus und seine damaligen Berater der Stuttgarter Kanzlei Gleiss Lutz und der Investmentbank Morgan Stanley zur Verantwortung ziehen könne. Schon vor Tagen hatte Schmid gesagt, man werde Schadenersatzzahlungen und die mögliche Verletzung der Sorgfaltspflicht prüfen. Insider halten einen juristischen Erfolg allerdings für aussichtlos.

CDU-Landtagsfraktionschef Peter Hauk verteidigte den Rückkauf der EnBW-Anteile aus energiepolitischer Sicht zwar erneut als sinnvoll. "Gerade jetzt, wo es darum geht, die Energiewende auch tatsächlich auszugestalten, hat das Land und die OEW das wichtigste Instrument selbst in der Hand." Hauk sagte mit Blick auf das Urteil des Staatsgerichtshofs aber auch: "Der Kauf war richtig, der Weg war falsch." Um weitere Zweifel und Spekulationen zur damaligen Vorgehensweise auszuräumen, habe er deshalb "die am Kauf direkt Beteiligten gebeten, zur Klärung eventuell offener Fragen beizutragen. Darin schließe ich die EdF ausdrücklich ein."