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Monatelang hat sich die Investmentbank Morgan Stanley in Schweigen gehüllt. Jetzt erhebt sie schwere Vorwürfe gegen Grün-Rot.

Stuttgart - Monatelang hat sich die Investmentbank Morgan Stanley in Schweigen gehüllt, als es um die Aufklärung des milliardenschweren EnBW-Deals ging. Nun beginnt man sich zunehmend zu wehren. Erst äußerte die Bank, die 2010 den Deal für Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) organisiert hatte, scharfe Kritik am „unvollständigen und sachwidrigen“ Bericht des Rechnungshofes zu dem Geheim-Geschäft. Nun wird in einem internen Papier, das unserer Zeitung vorliegt, das von Grün-Rot in Auftrag gegebene Gutachten zu dem Deal angegriffen. Die Expertise sei „willkürlich“.

Der Vorstoß kommt zu einem heiklen Zeitpunkt. An diesem Freitag tagt der Untersuchungsausschuss des Landtags wieder und verhört mehrere Gutachter – darunter auch die die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Warth & Klein, die für Grün-Rot das Gutachten erstellt hatte und zum Ergebnis kam, Mappus hab 834 Millionen Euro zu viel für die EnBW-Anteile an den französischen Konzern Electricite´de France bezahlt. Auf der Basis dieser Analyse hat Grün-Rot bekanntlich eine Klage am Schiedsgericht der Internationalen Handelskammer in Paris eingereicht und will das Geld zurück.

Retourkutsche folgte umgehend

Morgan Stanley hält den Gutachtern vor, die Analyse setze auf „unvollständige Informationen und Erkenntnisquellen“, vorhandene Daten seien obendrein „beliebig“ verwendet worden, die Gutachter hätten „zu keinem Zeitpunkt“ bei Morgan Stanley „weitere Dokumente angefordert“ und auch Aussagen führender Bank-Mitarbeiter aus dem Untersuchungsausschuss, die mit dem EnBW-Deal befasst waren, nicht berücksichtigt. Mehr noch: Warth & Klein habe sich für das Gutachten und damit auch für die Wertermittlung der Konzernanteile nur auf öffentlich zugängliche Informationen über die EnBW beschränkt. Genau das hat Grün-Rot aber stets der Bank vorgehalten, die habe zu oberflächlich geprüft.

Für Zündstoff am Freitag ist also gesorgt, zumal ein weiterer Vorwurf hinzukommt. Die Gutachter hätten den Börsenkurs der EnBW nur am Tag des Geschäfts, also dem 6. Dezember 2010, bewertet, als es Kursschwankungen gab. Andere Gutachter hätten ein „Zeitfenster von elf Börsenhandelstagen“ betrachtet. Fazit von Morgan Stanley: Ein solcher Zeitraum sei „angemessen“ und zeige auf, dass „das Land die EdF-Anteile zu einem angemessen Preis erworben hat“ – nämlich zu 41,50 Euro pro Aktie und einem Gesamtpreis von 4,7 Milliarden Euro.

Die Retourkutsche freilich folgte umgehend. „Die Glaubwürdigkeit von Morgan Stanley ist in dieser Frage seit dem Dezember 2010 unterhalb des Gefrierpunkts anzusiedeln“, sagte ein Sprecher von Finanzminister Nils Schmid (SPD).