Morgan Stanley und Gleiss Lutz haben keine Einwände gegen Offenlegung des EnBW-Deals.

Stuttgart - Die Aufklärung des EnBW-Deals droht ins Stocken zu geraten. Vergangene Woche hatte Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus um die Aufhebung seiner Verschwiegenheitspflicht gebeten. Doch die Regierungszentrale zögert noch.Die Wortmeldung glich einem Donnerhall. Wochenlang hatte der frühere Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) zu den Umständen des umstrittenen Wiedereinstiegs des Landes beim Energiekonzern EnBW geschwiegen, trotz wachsender Kritik an seinem Geheimdeal im Dezember 2010 war es still um ihn geworden. Mappus, so schien es, wollte sich ganz seiner neuen beruflichen Aufgabe beim Pharmakonzern Merck widmen, für den er im Frühjahr 2012 nach Brasilien gehen sollte.

Aber dann vermeldete er vergangene Woche erst seinen Verzicht auf den Job bei Merck, um dann eine umfassende Aussage anzukündigen. "Sobald ich von der Pflicht zur Verschwiegenheit befreit werde, werde ich jeden Kritikpunkt widerlegen", hatte Mappus im Interview mit unserer Zeitung gesagt. Die Ankündigung sorgte über alle parteipolitischen Grenzen für Aufregung. Mancher im CDU-Lager ärgerte sich, dass Mappus damit kurz vor der Volksabstimmung zu Stuttgart 21 zusätzlich politische Unruhe schafft, andere setzten darauf, dass nun endlich die Hintergründe des umstrittenen Milliardengeschäfts transparent werden könnten. Bei der grün-roten Landesregierung herrschte Überraschung. "Wir nehmen das Angebot, sich zu äußern, gerne an", hatte Staatsministerin Silke Krebs (Grüne) in einer ersten Reaktion betont. Man habe "großes Interesse", die Vorgänge des Kaufs zu beleuchten. Aber wann ist das der Fall? In der Regierungszentrale von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) haben die Juristen in den vergangenen Tagen zwar geprüft, inwieweit man Mappus von seiner Verschwiegenheitspflicht - die er in seiner Funktion als früherer Ministerpräsident hatte und noch hat - entbinden kann. Eine Entscheidung gibt es aber nicht. Der Grund: Die Regierung steckt im Dilemma. Einerseits will man sich nicht den Vorwurf machen lassen, aus parteitaktischen Gründen die Aufklärung des EnBW-Deals zu behindern. Andererseits gebe es juristische Zwänge. Ein Sprecher von Kretschmann sagte am Mittwoch auf Anfrage unserer Zeitung, es habe eine solche Verschwiegenheitsvereinbarung nicht nur mit dem Land, sondern auch mit den damaligen Vertragspartnern - der Investmentbank Morgan Stanley in Frankfurt und der beratenden Anwaltskanzlei Gleiss Lutz in Stuttgart - gegeben. Im Übrigen, so Kretschmanns Sprecher, "muss Herr Mappus uns gegenüber konkretisieren, welche Themen er überhaupt ansprechen will".

Was erhofft sich die grün-rote Landesregierung?

Aber genau das hatte Mappus vergangene Woche bereits getan. "Ich bin nicht länger bereit, mir alles gefallen zu lassen", hatte er unter anderem die Vorwürfe zurückgewiesen, er habe beim damaligen Beratervertrag für Morgan-Stanley-Chef Dirk Notheis gegen Vergaberichtlinien verstoßen und vor dem fünf Milliarden Euro teuren Rückkauf der EnBW-Aktien vom französischen Staatskonzern EdF keine marktübliche Bewertung des Pakets vorgenommen. Was also erhofft sich die grün-rote Landesregierung von Mappus, wenn sie weitere Konkretisierungen verlangt?

Und stimmt es wirklich, dass es auch mit den beiden anderen Beteiligten eine Verschwiegenheitspflicht gab? Nach Recherchen unserer Zeitung ist das nicht der Fall. Zwar wollten sich weder Morgan Stanley noch Gleiss Lutz am Mittwoch zu den aktuellen Entwicklungen äußern. Insider aus den Unternehmen berichten aber, dass es in beiden Fällen "keine Verpflichtung auf Vertraulichkeit" gibt. Soll heißen: Wenn Mappus reden wolle, dürfe er. Als Person unterliege er keinerlei Aussagebeschränkung. "Der Ball liegt jetzt im Spielfeld der neuen Landesregierung. Sie muss entscheiden, wie es weitergeht", so ein Beteiligter des Geheimdeals vom Dezember 2010. Man habe "großes Interesse daran", dass "die Dinge endlich objektiv dargestellt werden", lautet die Einschätzung aus beiden Unternehmen.

Auch die Landesregierung ist um Aufklärung bemüht. Ministerpräsident Kretschmann hatte vor Tagen betont, man werde in den nächsten Monaten einen Bericht verfassen, der alle Details des EnBW-Deals auflistet. Er dürfte am Ende die Basis dafür sein, ob Grüne und SPD doch noch einen Untersuchungsausschuss im Landtag einsetzen, um das Milliardengeschäft auch parlamentarisch aufzuklären. Über einen solchen Ausschuss hatten die Koalitionsfraktionen schon vor Wochen spekuliert, dann aber war die Idee aus Mangel an Akten verworfen worden. Alles deutet darauf hin, dass die Entscheidung für oder gegen einen Ausschuss am Ende davon abhängen wird, wie ergiebig die angekündigten Aussagen von Mappus sind - wenn er denn reden darf. Kretschmanns Sprecher jedenfalls versicherte am Mittwoch, das müsse "die nächsten Tage geklärt" werden.