Thomas Strobl. Foto: dpa

Kritik an einseitiger Beratung während des EnBW-Deals – Vorstandschef Villis erst spät informiert.

Stuttgart - CDU-Landeschef Thomas Strobl hat erstmals massiv kritisiert, wie im Spätherbst 2010 der Kauf der EnBW-Aktien über die Bühne ging. Dabei machte er nicht nur der beratenden Anwaltskanzlei Gleiss Lutz und der Investmentbank Morgan Stanley schwere Vorwürfe, sondern auch dem damaligen Regierungschef Stefan Mappus.

„In der Nachschau muss man schon sagen, es wäre nicht falsch gewesen, man hätte sich noch von einer anderen Seite Rat geholt“, sagte der Bundestagsabgeordnete mit Blick auf die jüngsten Enthüllungen, wonach Morgan-Stanley-Chef Dirk Notheis das Drehbuch des Aktiendeals geschrieben hat. Strobl: „Es ist halt immer so eine Sache mit einsamen Entscheidungen.“ Der Untersuchungsausschuss habe allerdings auch Beratungsfehler zutage gefördert, die er sich bisher „in dieser Dimension nicht vorstellen“ konnte. Die damalige CDU-Landesregierung sei „handwerklich und inhaltlich eklatant falsch beraten“ worden.

Vor allem der federführende Anwalt von Gleiss Lutz, Martin Schockenhoff, hätte „Stoppschilder“ aufstellen müssen, als der Deal ohne den Landtag abgewickelt wurde, sagte Strobl. Der Staatsgerichtshof hatte das Fünf-Milliarden-Geschäft wenige Monate später als Verfassungsbruch gewertet.

Auch wenn offenbar noch ein kleiner harter Kern in der Fraktion zu Mappus hält, so spricht CDU-Fraktionschef Peter Hauk offenbar für die Mehrheit, wenn er sagt, „Stefan Mappus ist Vergangenheit. Wir blicken mit neuen Köpfen, einem neuen Politikstil und neuen Themenschwerpunkten wie Energie, Bildung und Integration in die Zukunft. Dadurch wollen wir auch neues Vertrauen bei den Menschen gewinnen.“

Strobl kritisierte heftig die Art, wie Grün-Rot nun mit dem Energiekonzern umgehe

Mappus bestritt hingegen am Donnerstag energisch, dass Notheis ihn beim EnBW-Deal gesteuert habe. Dies sei „absurd“, sagte Mappus der „Pforzheimer Zeitung“. „Bei der EnBW-Transaktion ging von Herrn Notheis weder die Initiative aus, noch hat er zu irgendetwas, was wir nicht wollten, gedrängt.“ Morgan Stanley sei „als eine der weltweit führenden Investmentbanken mit hervorragender Expertise in Energiefragen“ mit der Beratung beauftragt worden.

Strobl kritisierte heftig die Art, wie Grün-Rot nun mit dem Energiekonzern umgehe. Dass die Koalition vor der Internationalen Handelskammer in Paris auf Rückabwicklung des Geschäfts klage, sei der Keim für den nächsten Beratungsfehler: „Möglicherweise weiß man nicht, was man gerade macht.“ Die Klage schade der EnBW in einem Maße, wie man einem Unternehmen nur schaden könne. Nach internen Schätzungen der CDU wird die Klage in Paris das Land zwischen 1,6 und 6,4 Millionen Euro kosten, sagte CDU-Vizechef Winfried Mack. Die Anwaltskosten seien dabei noch nicht mitberechnet. Nach Recherchen unserer Zeitung wird regierungsintern mit Gesamtkosten von mindestens zehn Millionen Euro gerechnet – je nach Dauer des Verfahrens. Zum Vergleich: Gleiss Lutz, die im Dezember 2010 den EnBW-Deal für Mappus begleitete, erhielt für ein relativ kurzzeitiges Engagement bereits 2,7 Millionen Euro.

Im Zusammenhang mit der damaligen Geheimhaltung des Geschäfts sind derweil erneut Informationen über die Abläufe aufgetaucht. Demnach riet Bank-Chef Notheis dem Ministerpräsidenten in einer E-Mail vom 22. November 2010, also gut zwei Wochen vor Vertragsabschluss, den EnBW-Vorstandsvorsitzenden Hans-Peter Villis „ganz kurz vor der Bekanntgabe oder sogar erst danach“ über den Wiedereinstieg des Landes beim Energiekonzern zu informieren. Auf jeden Fall, so schlug Notheis vor, solle Mappus den EnBW-Boss „ein paar Tage davor ohne Angabe von Gründen anrufen“ und um die Einberufung einer Mitarbeiterversammlung in Karlsruhe bitten. Offizielles Thema könne sein, dass der Ministerpräsident „das Gespräch mit allen Mitarbeitern zur Zukunft des Energiestandortes sucht“. Und, so schrieb Notheis in seiner Mail an Mappus, er solle darauf drängen, dass der EnBW-Chef diese Mitarbeiterversammlung für den Nachmittag nach der Pressekonferenz („von der er nichts weiß“) zur Bekanntgabe des Geschäfts anberaumt. Ergänzender Rat an den Regierungschef: Zu dem Termin würde ich „freundliche Journalisten mitnehmen“. Und wie war es letztendlich? In der Tat wurde Villis erst am frühen Morgen des 6. Dezember 2010, dem Tag des Vertragsabschlusses mit der EdF, informiert. Die Mitarbeiterversammlung fand tags drauf statt.