Uli Sckerl und Sascha Binder (v.l.) mit dem 1500 Seiten dicken Abschlussbericht Foto: dpa

Mit der gemeinsamen Empfehlung, künftig den Rechnungshof stärker einzubinden, wenn das Land bedeutsame Geschäfte macht, hat der EnBW-Untersuchungsausschuss seine Arbeit beendet.

Stuttgart - Mit der gemeinsamen Empfehlung, künftig den Rechnungshof stärker einzubinden, wenn das Land bedeutsame Geschäfte macht, hat der EnBW-Untersuchungsausschuss seine Arbeit beendet.

Einig sind sich die 15 Ausschussmitglieder auch darin, dass der frühere Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) beim Rückkauf der EnBW-Aktien vom französischen Energieversorger EdF schwere Fehler begangen hat. Nicht nur Grüne und SPD, sondern auch CDU und FDP kreiden ihm an, dass er dabei sowohl Parlament als auch Ministerialverwaltung umgangen hat.

„Das Geschäft hätte so nie gemacht werden dürfen“, sagte CDU-Obmann Alexander Throm und kritisierte auch, dass Mappus das Heft des Handelns aus der Hand gab: an seinen Freund Dirk Notheis (CDU), den damaligen Deutschlandchef der Investmentbank Morgan Stanley. „Es darf keine Geschäfte unter Freunden geben“, folgerte Throm.

Für Uli Sckerl (Grüne) ist der Fall ein „Lehrstück im negativen Sinn darüber, wie auch in einer modernen Demokratie das Parlament ausgeschaltet werden kann“. Rechtliche Konsequenzen hält Sckerl gleichwohl nicht für notwendig, denn die Instrumente gegen einen solchen Missbrauch seien vorhanden. Mappus habe das Recht jedoch gebrochen. Sein SPD-Kollege Sascha Binder gebrauchte den Begriff Bananenrepublik für Mappus’ Regierungsstil, und auch der FDP-Abgeordnete Andreas Glück erkennt „gewisse Züge von Selbstherrlichkeit“.

Einig sind sich die vier Fraktionsvertreter aber auch darin, dass das Geschäft an sich „im wohlverstandenen Landesinteresse“ lag und liegt. Durch die Beteiligung des Landes an der EnBW könne Baden-Württemberg die Sicherung einer wirtschaftlichen und ökologischen Energieversorgung mitgestalten. Dass Grün-Rot diese CDU-Formulierung mitträgt, nannte Throm „historisch einmalig“.

Damit endet allerdings die gemeinsame Bewertung des 4,7 Milliarden Euro umfassenden Geschäfts. Insbesondere über die Beweggründe des früheren Ministerpräsidenten sowie über die Frage, ob der Kaufpreis von 41,50 Euro je Aktie angemessen war, herrscht weiterhin Dissens.

CDU und FDP sehen „keine belastbaren Beweise“ dafür, dass der Kaufpreis zu hoch war und dem Land somit Schaden entstand. Zu dieser Frage existieren mittlerweile ein halbes Dutzend Expertengutachten, von denen sich einige allerdings diametral widersprechen.

Grüne und SPD berufen sich unter anderem auf die Expertise des Finanzwissenschaftlers Wolfgang Ballwieser, wonach das Land 780 Millionen Euro zu viel gezahlt hat. Die Schiedsklage des Landes gegen die EdF vor der internationalen Handelskammer in Paris sei deshalb voll gerechtfertigt, sagte Sckerl.

Dass Mappus sich von der EdF einen viel zu hohen Preis diktieren ließ, weil er das Geschäft auf Biegen und Brechen machen wollte, um sein Image aufzupolieren, liest Grün-Rot auch aus bisher nicht veröffentlichten Unterlagen von Morgan Stanley. Wochen vor der Preisverhandlung im Herbst 2010 habe die Investmentbank intern einen Aktienpreis zwischen 21,40 und 35 Euro ermittelt.

Trotzdem habe Mappus sich nicht an den Werten von Morgan Stanley orientiert, sondern der EdF ein Angebot von 39,90 Euro pro Aktie unterbreitet, sagte der SPD-Abgeordnete Sascha Binder. Auch CDU-Mann Throm sieht dies kritisch, wendet aber ein: „Es gibt keinen Beweis dafür, dass Mappus von diesen internen Bewertungen von Morgan Stanley Kenntnis hatte.“ Es wäre die Pflicht des Bankers Notheis gewesen, ihn darüber zu informieren.

Mangelhaft beraten sieht die CDU den früheren Regierungschef vor allem durch die Stuttgarter Kanzlei Gleiss Lutz. Nirgendwo finde sich in den Akten auch nur die geringste Warnung, dass die Umgehung des Landtags über den Weg des Notbewilligungsrechtes verfassungswidrig sein könnte. Auch der Verstoß gegen die Landeshaushaltsordnung werde nirgendwo problematisiert.

In dieser Bewertung deckt sich die CDU ganz mit Mappus, der Gleiss Lutz vor dem Stuttgarter Landgericht auf Schadenersatz verklagt. Der Streitwert wird von seinen Anwälten auf 500 000 Euro geschätzt – wegen Einkommensverlust und Anwaltskosten. Dass er mit seinem Weg ein Risiko eingehe, werde nirgendwo auch nur angedeutet, argumentiert der frühere Regierungschef.

Bernd Schünemann, einer seiner Rechtsberater, verwahrte sich am Mittwoch erneut gegen „politisch motivierte Schuldzuweisungen“ von Grün-Rot. Es gebe keine belastbaren Anhaltspunkte für einen überzogenen Kaufpreis. Und es sei weder ungesetzlich noch unmoralisch, sich auf einen Freund zu verlassen.