EnBW-Chef Frank Mastiaux (li.) und Finanz-Chef Thomas Kusterer im Gespräch auf der Hauptversammlung in Karlsruhe Foto: dpa

Auf der Hauptversammlung des Energiekonzerns EnBW erntet der Vorstand für seinen neuen Kurs von den Aktionären viel Lob. Allerdings steht das Unternehmen wegen seiner Datenschutzpraxis in der Kritik.

Karlsruhe - Eigentlich hätte es ein Tag der frohen Botschaften werden sollen. Am vergangenen Wochenende hatte der zweite große Meereswindpark der EnBW – Baltic 2 – nach Jahren als Dauerbaustelle erstmals Strom geliefert. Die organisatorische Neuausrichtung macht Fortschritte, und auch beim Sparen ist der tief in den roten Zahlen steckende Konzern auf Kurs.

In Untiefen manövriert das Unternehmen unter Umständen in einem ganz anderen Bereich – dem Datenschutz. Nach einem Medienbericht schneiden die EnBW beziehungsweise ihre externen Dienstleister Service-Anrufe von Kunden mit, auch wenn die Anrufer dem klar widersprochen haben. Erst nach Ende des Gesprächs würden die Informationen standardmäßig gelöscht, berichtete die „Stuttgarter Zeitung“ und zitierte den Landesdatenschutzbeauftragten Jörg Klingbeil, der „Aufklärungsbedarf“ sah und eine „intensive Prüfung“ befürwortete.

Seit vergangenen Freitag, 17 Uhr, ist der Vorgang gestoppt, und der Landesdatenschützer soll das Vorgehen prüfen – auf Initiative der EnBW hin, wie EnBW-Personalvorstand Bernhard Beck auf der Hauptversammlung des Konzerns in Karlsruhe sagte. Die Praxis der „sofortigen nachträglichen Löschung“ stehe auf dem Prüfstand, so Beck. Bis auf weiteres werde jetzt gar nichts mehr aufgezeichnet. Auch der Einsatz einer entsprechenden Software sei beendet.

Diese ist es auch, die für weitere Kritik sorgt. Zwar handle es sich um eine „Standardsoftware“ zum Mitschnitt von Kunden-gesprächen, die etwa auch von Versicherungsfirmen genutzt werde, wie Beck vor knapp 1000 EnBW-Aktionären erläuterte. Programmiert wird sie aber von der US-Firma Verint Systems, der eine Nähe zum US-Lauschdienst NSA nachgesagt wird. Nach Ansicht des kritischen Aktionärs Harry Block ist allein das „ein Skandal“. Grundsätzlich sei das Programm fähig, neben der Aufzeichnung auch „Atem und Stimmlage“ eines Anrufers zu erfassen. Die Persönlichkeitsrechte der Kunden sieht Block daher in jedem Fall beeinträchtigt.

"Lob auf allen Ebenen" für das Management

Generell sind die EnBW-Eigner mit der Unternehmensführung des Managements jedoch zufrieden wie schon lange nicht mehr. Von nahezu allen Vertretern der anwesenden Aktionärsgruppierungen erhielt der Vorstand um den Vorsitzenden Frank Mastiaux Zustimmung. Am weitesten ging Harald Klein von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), der dem Management „Lob auf allen Ebenen“, aussprach. Anders als bei RWE sei der „Gaul, den die EnBW reitet, nicht tot“, sagte Klein in Anspielung auf die Fortschritte, die der Konzern im Bereich der erneuerbaren Energien macht.

Immerhin soll der Öko-Anteil der EnBW Ende 2015 knapp ein Viertel der gesamten Stromproduktion betragen. In der Meereswindkraft (offshore) sieht sich die EnBW schon jetzt als „Nr. 1 in Deutschland“. Hier sind zwei große Windfelder in der Ostsee bereits am Netz, drei weitere Projekte in der Nordsee in Anbahnung. Dieter Tassler von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) sagte, man habe „endlich einen zukunftsweisenden Weg für den Konzern gefunden“. Ähnlich äußerten sich weitere Redner, die sich auch über 69 Euro-Cent Dividende je Aktie freuen können.

Der Zuspruch der Aktionäre kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die wirtschaftliche Situation der EnBW alles unangenehm ist. 2014 schrieb man tiefrote Zahlen, die niedrigen Zinsen erhöhen den Aufwand für die Bereitstellung der Atomrückstellungen und für die Betriebsrenten massiv und fressen das Eigenkapital des Konzerns mit erstaunlicher Geschwindigkeit auf.

In Wachstumsfeldern wolle man noch besser werden

Neue Geschäftsmodelle können nach wie vor gar nicht so schnell gefunden werden, wie alte wegbrechen. Während man bei Effizienz und Sparen „gut unterwegs“ sei, gelte es, in den Wachstumsfeldern „noch besser zu werden“, fasste Konzern-Chef Mastiaux die Lage knapp zusammen. Entsprechend angespannt bleibt die Situation auch im neuen Jahr. Das operative Ergebnis (adjusted Ebitda) wird 2015 nach Konzernprognosen allenfalls konstant bleiben, mitunter aber auch um bis zu fünf Prozent sinken.

Für die Tatsache, dass die EnBW„eigentlich gut verdient und arbeitet, am Ende aber dennoch Verluste einfährt“ (Harald Klein), machen sowohl der Vorstand als auch die Aktionäre die aktuellen politischen Rahmenbedingungen mitverantwortlich. Beispielsweise sind die Strompreise aufgrund der Schwemme an Ökostrom allein 2014 um rund ein Drittel gefallen. Als Folge werden Kohle- und Gaskraftwerke immer unrentabler und reißen riesige Löcher in die EnBW-Bilanz. Sollte das so weitergehen, könne das Unternehmen „irgendwann nichts mehr machen“, sagte Aktionärsvertreter Klein. Die Politik sei „nun am Zug“, die Energiewende verlässlich zu gestalten.