Der Frankreich-Chef der Investmentbank Morgan Stanley will sich in Stuttgart äußern.

Düsseldorf/Stuttgart - Zur Affäre um den Rückkauf des EnBW-Aktienpakets durch das Land Baden-Württemberg vom französischen Stromkonzern EdF steht offenbar eine wichtige Zeugenaussage bevor. Nach Informationen des "Handelsblatts“ will sich der Frankreich-Chef der Investmentbank Morgan Stanley, René Proglio, nun schriftlich vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss in Stuttgart äußern.

Die Rolle des Top-Bankers wird in dem Gremium sehr kritisch gesehen, da er der Zwillingsbruder von EdF-Chef Henri Proglio ist und sich trotzdem in die Vertragsverhandlungen einschaltete. Mehrere Ausschussmitglieder sehen darin einen klaren Interessenkonflikt. Der frühere Deutschland-Chef von Morgan Stanley, Dirk Notheis, der den Kauf für den damaligen Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU) abwickelte, ist aufgrund der Kritik an seiner Beratungstätigkeit inzwischen aus der Bank ausgeschieden.

René Proglio sieht sich indes nach eigenem Bekunden keiner internen Kritik ausgesetzt: „Nach allem, was ich höre, habe ich das Vertrauen von Morgan Stanley“, zitiert das „Handelsblatt“ den Banker. Er will bei dem Geschäft lediglich „Käufer und Verkäufer in Verbindung gebracht“ haben.

Unterschiedliche Aussagen zu René Proglio

Im Untersuchungsausschuss gab es mittlerweile unterschiedliche Aussagen zur Rolle von René Proglio. Mappus hatte vor dem Ausschuss zu Protokoll gegeben, der Banker habe 2010 nur bei der Anbahnung des Geschäfts geholfen. Morgan-Stanley-Vorstandsmitglied Kai Tschöke sagte dagegen aus, der Banker sei „extrem wichtig und extrem hilfreich“ wegen des Kontakts zu seinem Bruder gewesen. Seitens der Bank wurde aber versichert, jeder Mitarbeiter unterschreibe einen internen Verhaltenskodex. Ein Interessenkonflikt habe man nicht gesehen.

Auch E-Mail-Protokolle lassen laut „Handelsblatt“ den Schluss zu, dass sich Proglio bei den Kaufpreisverhandlungen einschaltete. Die Zeitung zitiert Proglio aus einer E-Mail an Notheis, zu einem Zeitpunkt, als EdF den Preis verhandelt hatte: „Kein Abschlag möglich, mein Freund.“

René Proglio stützt den Angaben zufolge zudem die EdF-Position, wonach diese zum Zeitpunkt des ersten Treffens mit Mappus gar nicht habe verkaufen wollen. Dies widerspricht der Argumentation von Mappus, der nur aufgrund des unmittelbaren Drucks, kaufen zu müssen, das Parlament umgangen haben will.

Mappus hatte Ende 2010 für Baden-Württemberg mehr als 45 Prozent der EnBW-Aktien von EdF zurückgekauft. Das am Parlament vorbei eingefädelte Geschäft wurde vom baden-württembergischen Staatsgerichtshof im Nachhinein für verfassungswidrig erklärt. Gegen Mappus, zwei weitere ehemalige Kabinettsmitglieder und gegen den Banker Notheis wird deshalb wegen Untreue beziehungsweise Beihilfe dazu ermittelt.