Findet die nun verabschiedete Nachzugsregelung eine Verbindung von „Großzügigkeit und Realismus“: Bundesinnenminister Thomas de Maizière. Foto: dpa

Die SPD klammert sich daran, dass künftig Härtefallregelungen „im Sinne des Kindeswohls“ ausgelegt werden sollen. Grünen und Linken geht das nicht weit genug, der AfD dagegen viel zu weit.

Berlin - Das hat schon mal geklappt. SPD und Union haben ihren in den Koalitionsverhandlungen gefundenen Kompromiss zum Familiennachzug gemeinsam durch den Bundestag gebracht. Mit den Stimmen beider Parteien ist nun eine Regelung verabschiedet worden, der den Nachzug von Ehepartnern oder Kindern von Bürgerkriegsflüchtlingen bis August weiter ausgesetzt lässt. Danach können monatlich 1000 Angehörige aufgenommen werden. Darüber hinaus können noch besondere Härtefälle berücksichtigt werden. Die SPD, die schwer an dem Kompromiss trägt, stand weitgehend geschlossen zur Vereinbarung mit den Christdemokraten. Zehn ihrer Abgeordneten stimmten gegen den Gesetzentwurf. Auch drei Parlamentarier der Union stimmten mit „Nein“.

SPD klammert sich an Interpretation der Härtefallregel

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) lobte in einer emotional geführten Bundestagsdebatte die Regelung als fairen Ausgleich zwischen „Großzügigkeit und Realismus“ und forderte die möglichen Koalitionäre auf, zu dem Kompromiss zu stehen. Das fällt den Sozialdemokraten schwer. Auch wenn ihre Innenpolitikerin Eva Högl ausdrücklich betonte, dass ihre Partei den Kompromiss „akzeptiert und mit tragen“ wird. Dass die SPD in den Koalitionsverhandlungen nichts Wesentliches herausverhandeln konnte, das über das Ergebnis der Sondierungsgespräche hinaus ginge, ist der Partei durchaus klar. Man klammert sich daran, dass Härtefälle zu dem Kontingent von 1000 Personen hinzugerechnet werden können. Aber nach der ohnehin schon praktizierten Härtefallregel kamen 2017 gerade einmal 66 Menschen nach Deutschland. Högl nannte es deshalb „eine gemeinsame Aufgabe, die Härtefallregelung anders auszulegen“. Sie müsse „im Sinne des Kindeswohls interpretiert werden“.

Das hat ihr in der Debatte den Konter der grünen Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt eingetragen, dass „jeder einzelne Fall, in denen Familien getrennt sind, ein Härtefall ist“. Auch Dietmar Bartsch, der Vorsitzende der Linksfraktion, kritisierte den Kompromiss scharf. „Familie darf kein Lottospiel sein“, sagte er. Familienzusammenführung sei eine moralische Pflicht. Zudem könnten die kommenden Koalitionäre keine Kriterien nennen, nach denen die Menschen ausgewählt werden sollen, die kommen dürften. So werde aus einem Anspruch auf Zusammenführung „eine bloße Willkürregelung“.

FDP sieht die Union als Sieger

Auch die FDP ging mit den Sozialdemokraten schonungslos um. Dessen Abgeordneter Stephan Thomae sagte, dass zwischen Union und SPD längst der „Streit um die Lesart“ des Kompromisses ausgebrochen sei. Seine Sicht: „Die Union hat sich auf ganzer Linie durchgesetzt.“ Der Gesetzentwurf schreibe fest, was die Union immer gesagt habe, „nur sprachlich schlechter“. Die Liberalen wollten den Nachzug für weitere zwei Jahre aussetzen. Dies soll aber nur eine Übergangslösung sein, denn die FDP wolle Flüchtlingen, „die Leistung zeigen und sich integrieren, den Nachzug ermöglichen“.

Prinzipieller Widerstand gegen den Nachzug von Angehörigen subsidiär geschützter Flüchtlinge kam von der AfD. Dessen Abgeordneter Christian Wirth sagte, die Familienzusammenführung „soll nicht in unserem Land stattfinden, sondern in Schutzzonen, etwa in Syrien, das weitgehend befriedet ist.“