Kanzlerin Angela Merkel bei einem Interview in ihrem Büro, im Hintergrund hängt Emil Noldes Gemälde „Blumengarten (Thersens Haus)“ aus dem Jahr 1915. Foto: dpa

Die Kanzlerin ließ seine Bilder aus ihrem Büro entfernen. Doch die Kunst Emil Noldes lehrt auch etwas über Deutschland, Kunst und Moralvorstellungen, wie nun eine Ausstellung in Berlin zeigt.

Berlin - Nach dem Wirbel um die Gemälde im Kanzleramt wird an diesem Donnerstag in Berlin die mit Spannung erwartete Schau „Emil Nolde - Eine deutsche Legende. Der Künstler im Nationalsozialismus“ präsentiert. Die Ausstellung im Hamburger Bahnhof zeigt das künstlerische Werk des Expressionisten Nolde (1867-1956) erstmals auf Basis neuer Erkenntnisse im historischen Kontext seiner Biografie und ideologischen Haltung.

Nolde wurde von den Nazis zwar als „entarteter Künstler“ diffamiert, war aber auch NS-Parteimitglied, Antisemit, Rassist und bis zum Ende überzeugter Nationalsozialist. „Was immer gefehlt hat, war ein umfassendes und differenziertes Bild von Emil Nolde“, sagte Christian Ring, Direktor der Seebüller Nolde Stiftung, vor der Ausstellungseröffnung. Die Stiftung hatte ihr Archiv mit 25 000 bis 30 000 Dokumenten den Kuratoren für die Ausstellung erstmals geöffnet.

Diskussion um Kunst und Moral

In der Ausstellung wird auch Noldes Gemälde „Brecher“ von 1936 gezeigt. Das Bild hing mit „Blumengarten (Thersens Haus)“ aus dem Jahr 1915 als Leihgabe im Arbeitszimmer von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Sie ließ nicht nur den „Brecher“ für die Ausstellung von der Wand nehmen, sondern gab auch gleich den „Blumengarten“ ab. Beide Bilder wollte sie nicht zurück, eine Begründung dafür gab es nicht. Nach einigem Hin und Her will Merkel nun zunächst auch keine anderen Leihgaben in ihrem Büro aufhängen lassen.

„Ich finde das sehr, sehr spannend“, sagte Christian Ring, Direktor der Seebüller Nolde Stiftung. „Es zeigt, wie sehr die Diskussion um Antisemitismus, Nationalsozialismus oder Werte und Moralvorstellungen von Künstlern heute unsere Gesellschaft bewegt. Da muss auch das Kanzleramt für sich eine Haltung finden, welchen Anspruch man an die Kunst hat, die im Kanzleramt hängt“, sagte Ring. „Nolde ist auf der einen Seite ein großartiger Künstler, auf der anderen Seite ein Mensch, der wie viele andere in seiner Zeit gefangen ist und einfach in seiner Biografie auch Brüche hat.“ Das mache ihn viel spannender, „weil man am Beispiel Nolde viel über Deutschland und seine Geschichte lernen kann.“