Legal oder illegal? Immer mehr Autos fahren durch die Schranke. Foto: Chris Lederer

Im Stammheimer Bezirksrathaus wächst der Ärger über Autofahrer, die illegal die Sperre an der Emerholzkreuzung überwinden.

Stammheim - Im Regelfall ist die Schranke an der Emerholzkreuzung geschlossen. Der Durchgangsverkehr soll draußen bleiben. Öffnen soll sich die Barriere nur in Ausnahmefällen, etwa wenn der Linienbus oder ein ortsansässiger Landwirt mit dem Schlepper durchmüssen. So zumindest die Theorie. In der Praxis jedoch ist diese Ausnahme immer öfter die Ausnahme. Zunehmend öffnen sich die automatischen Schrankenarme auch für schlichte Personenwagen. Sehr zum Ärger von Bezirksvorsteherin Susanne Korge und einigen Stammheimer Bürgern, die sich bei ihr beschwert haben. „Das Problem nimmt zu und hat mittlerweile Dimensionen angenommen, die nicht mehr schön sind“, sagt Korge.

Rund 200 Sender sind im Umlauf

Damit die Schranke sich hebt, benötigen Autofahrer Sender, die per Funk ein Signal an die Schranke senden. Rund 200 dieser Sender seien im Umlauf. „Wir vom Bezirksamt haben knapp 50 Stück sehr restriktiv vergeben“, sagt Korge. Vier Stück hätte die Feuerwehr, drei die Polizei, acht der Vollzugsdienst, einen die Müllabfuhr, weitere seien an Landwirte und eine örtliche Spedition vergeben worden, die in der Nähe ihren Standort hatte – letztere seien mittlerweile zurückgefordert. 160 Sender habe man an das Land Baden-Württemberg vergeben, damit Baufirmen, die in der JVA und dem neuen Gerichtsgebäude arbeiten, den kurzen Weg nehmen können und mit ihren Transportern nicht durch die Ortsmitte fahren. „Die Idee war, dass die Sender an Lastwagenfahrer vergeben werden“, sagt Korge. „Es entzieht sich allerdings meinem Einflussbereich und meiner Kenntnis, an wen die Sender weitergegeben wurden.“ Sie hoffe jedenfalls nicht, dass sie von Mitarbeitern der Baufirmen genutzt werden, damit die mit ihren Autos die Abkürzung nehmen.

Korge vermutet, dass Autofahrer sich Sender auf illegalem Weg beschafft haben. „So ein Sender funktioniert ähnlich wie der bei einer Tiefgarage,“, sagt die Bezirksvorsteherin. „Für einen technisch versierten Menschen dürfte es nicht allzu schwierig sein, einen nachzubauen.“

Sender wurden wohl anderweitig beschafft

Auf jeden Fall schaffe der Missbrauch erheblichen Unfrieden. „Wenn Stammheimer Bürger, denen man einen Sender verwehrt, ständige sehen, dass durch die Schranke gefahren wird, dann ist das nicht gut.“ Ein angesäuerter Anwohner habe schon etliche Übeltäter notiert und ihre Kennzeichnen weitergegeben. Bei der Überprüfung habe sich gezeigt, dass kaum einer von ihnen in legalem Besitz sein dürfte. Das nährt Susanne Korges Vermutung, dass die Sender nachgebaut oder anderweitig beschafft werden. Erlaubt sei das unerlaubte Durchfahren nicht. „Es handelt sich um eine Ordnungswidrigkeit.“

Lange will sie die Bezirksvorsteherin die Angelegenheit nicht mehr ansehen. „Wenn jeder Zweite durch die Schranke durchfährt, dann hat sie auch keinen Sinn“, sagt Korge. „Wenn die Baustellen an der JVA fertig sind, werden wir uns etwas neues überlegen – ich hoffe, dass es bis dahin eine bessere technische Lösung gibt.“ Sie persönlich besitzt übrigens keinen Sender. „Ich habe keinen Sender und ich fahre meistens brav außenrum. Nur wenn ich es mal ganz besonders eilig habe, wende ich im Gewerbegebiet.“

Umgebaut wurde die Kreuzung im Jahr 2000, um den Schleichverkehr und den Schwerlastverkehr aus und in Richtung Möglingen aus dem Ort fern zu halten. Die Autofahrer sollten stattdessen zur Nutzung der Bundesstraße 27A bewegt werden. Seinerzeit kritisierten Gewerbetreibende den Umbau der Kreuzung, da ihre Firmen dadurch schlechter erreichbar wurden. In der Stuttgarter Stadtverwaltung stießen die Pläne jedoch auf Zuspruch und fanden auch im Bezirksbeirat die nötige Mehrheit. Beim Ordnungsamt ist man nach wie vor vom Nutzen der Kreuzung an sich überzeugt: „Wir haben zwar keine aktuelle Statistik, aber ich bin überzeugt: die umgebaute Kreuzung ist eine clever ersonnene Sperre, die ihren Zweck erreicht hat, den Durchgangsverkehr und den Schwerverkehr aus Stammheim rauszuhalten“, sagt Robert Sesulka vom Amt für öffentliche Ordnung. „In der Summe ist es sicherlich eine gelungene Maßnahme.“