Bundestrainer Löw (rechts) muss am Donnerstag umstellen. Wer darf spielen? Emre Can wäre eine Option. Foto: dpa

Ob Bastian Schweinsteiger am Donnerstag auflaufen kann, ist weiterhin fraglich. Bundestrainer Löw will ihn nur starten lassen, wenn er hundert Prozent belastbar ist. Fraglich ist, wer dann zum Zug kommen wird.

Évian-les-Bains - Nach dem Turnier-Aus von Mario Gomez und der Gelbsperre von Mats Hummels muss Fußball-Weltmeister Deutschland im EM-Halbfinale gegen Frankreich auch definitiv auf Mittelfeldspieler Sami Khedira verzichten. Dazu ist ein Einsatz von Kapitän Bastian Schweinsteiger extrem fraglich, wie Joachim Löw am Montag in Évian-les-Bains berichtete. „Verletzungen registrieren wir, aber das nehmen wir an“, sagte der Bundestrainer mit Blick auf die große Herausforderung gegen den EM-Gastgeber am Donnerstag (21 Uhr) in Marseille.

Löw glaubt, in seinem Kader weiterhin über ausreichend personelle Möglichkeiten zu verfügen. „Wir wissen, was wir tun müssen“, sagte er. Weltmeister Khedira hatte beim Viertelfinalerfolg gegen Italien schon nach 15 Minuten vom Platz gemusst. Er ist an den Adduktoren verletzt. „Wir werden alles dafür tun, dass er in einem möglichen Finale zur Verfügung steht“, kündigte Löw an. Bei Schweinsteiger müsse man die nächsten Tage abwarten. Der 31-Jährige laboriert an einer Außenbandzerrung im Knie. Am Montag radelte er im Fitnesszelt.

„Eines ist klar: Spieler, die angeschlagen und nicht hundert Prozent belastbar sind, lasse ich nicht spielen“, sagte Löw. Das gelte auch für Schweinsteiger: „Ich hoffe, dass er fit wird, er kann uns viel geben. Ich hoffe, dass der Kapitän spielt.“

Reservisten müssen ran

Vermutlich wird Löw aber einen Turnierneuling ins defensive Mittelfeld neben Weltmeister Toni Kroos beordern müssen. Als Kandidaten nannte er den robusten Emre Can vom FC Liverpool oder den ballsicheren Dortmunder Julian Weigl. „Keine Überlegung“ sei es hingegen, Bayern-Profi Joshua Kimmich von der rechten Abwehrseite ins Mittelfeld zu verschieben.

Beim Test im März gegen Italien hatte Löw aber auch schon einmal erfolgreich mit Kroos und Mesut Özil auf der Doppel-Sechs experimentiert. „Wir müssen Veränderungen vornehmen und Lösungen finden“, sagte Löw.

Mit einer schärferen Trainingseinheit für die Reservisten begann am Montag die praktische Vorbereitung auf Frankreich. „Die, die nicht gespielt haben, müssen belastet werden“, erläuterte er. Acht Feldspieler, darunter Can und Weigl, sowie die zwei Ersatztorhüter absolvierten bei Sonnenschein die Übungseinheit auf dem Rasen des Trainingsplatzes in Évian-les-Bains.

Die Stammkräfte regenerierten im Übungszelt. „Wir sind immer noch voller Freude, voller Energie“, sagte Löw, der furchtlos den Franzosen entgegentritt: „Ich liebe solche K.o.-Spiele gegen so starke Mannschaften.“

Ärger über Mehmet Scholl

Der Bundestrainer reagierte verärgert auf die Attacken von ARD-Experte Mehmet Scholl. „Ich finde es äußerst negativ, wenn man wertvolle Mitarbeiter so persönlich angreift“, sagte Löw über die Kritik des Ex-Nationalspielers, die sich vor allem gegen Chefscout Urs Siegenthaler gerichtet hatte: „Das finde ich nicht in Ordnung, weil Außenstehende die Abläufe nicht beurteilen können. Da sollte sich der ein oder andere einmal Gedanken machen.“

Weiter führte der Bundestrainer aus: „Man kann geteilter Meinung sein, das ist das Recht eines jeden“, versicherte er: „Für solche Dinge bin ich auch offen. Es ist jedem überlassen, ob er eine Taktik gut, weniger gut oder falsch findet. Diese Diskussionen sind für mich in Ordnung.“ Grundsätzlich erklärte Löw, dass man sich immer auch ein wenig nach dem Gegner richten müsse. „Alles andere wäre fahrlässig, naiv und unprofessionell“, sagte er.

„Die Dreierkette war gegen Italien notwendig. Natürlich ist es ein bisschen zu Lasten der Offensive gegangen. Aber gegen Italien waren Intelligenz und Geduld gefragt. Sie wollten, dass wir angreifen, dann hätten wir denen super in die Karten gespielt. Dann hätten wir nicht gewinnen können.

Scholl hatte Siegenthaler “und Konsorten„ als Fehler-Einflüsterer bei Joachim Löw ausgemacht und vor fast 30 Millionen TV-Zuschauern darüber geschimpft, dass dieser Löw falsche Tipps - wie eben die Umstellung auf eine Dreierkette gegen Italien im EM-Viertelfinale - gebe. “Der Herr Siegenthaler möge bitte seinen Job machen, morgens liegen bleiben, die anderen zum Training gehen lassen und nicht mit irgendwelchen Ideen kommen„, hatte Scholl gesagt.